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Formel 1: Dirty Vettel

Mit dem neuen Auto und seinen Fähigkeiten ist der 21 Jahre alte Deutsche schon jetzt Kandidat für den Titelgewinn.

Nach nur einem Sieg stellt sich die Fachwelt bereits die Frage, ob Sebastian Vettel schon 2009 Formel-1-Weltmeister werden könnte? Er würde dann Lewis Hamilton als jüngsten Titelträger aller Zeiten ablösen und nur drei Jahre nach Michael Schumachers Rücktritt wieder einen WM-Titel nach Deutschland holen. Typischer Medienhype, könnte man meinen, doch so abwegig ist die Vorstellung gar nicht. Einiges spricht dafür, dass der Heppenheimer zusammen mit seinem Red Bull Team sich tatsächlich ernsthafte Hoffnungen machen dürfen, im WM-Kampf ein Wörtchen mitzureden.

Elf Punkte Rückstand hat Vettel als WM-Dritter auf den Führenden, den Briten Jenson Button im Brawn GP. Es könnten deutlich weniger sein. In Australien wäre Vettel sicher auf Rang drei gefahren, hätte er sich nicht im Übereifer in den letzten Runden auf ein Duell mit Robert Kubica eingelassen, das mit einem Crash und dem Aus für Beide endete. Ein Fehler, „aus dem ich gelernt habe“, wie Vettel sagte. Vettel hatte dies eine Strafversetzung in Malaysia um zehn Plätze von drei auf 13 eingebracht. Im Regen war er dann zu einer aggressiven Aufholjagd gezwungen, die mit einem Dreher endete. Doch Schanghai war keine Eintagsfliege. Vettel und Red Bull waren bisher in allen drei Rennen konkurrenzfähig und am nächsten dran an den übermächtigen Brawn-GP-Boliden mit ihrem umstrittenen Doppeldiffusor. Damit waren sie die Einzigen, die die Phalanx der „Diffusor-Gang“ aus Brawn, Toyota und Williams regelmäßig sprengen konnten. Das Geheimnis dahinter heißt Adrian Newey. Der Red-Bull-Designer ist einer der genialen Technikgurus in der Formel 1, der vor allem dann stets zur Hochform aufläuft, wenn radikale Reglementänderungen größere Spielräume für völlig neue Ideen und Konzepte lassen.

„Wenn ihr schon ohne den Doppeldiffusor so gut seid, wo kommt ihr dann noch hin, wenn ihr den auch erst mal habt?“ Das ist ein Satz, den sich Vettel und sein Teamchef Christian Horner immer wieder anhören müssen. Meist antworten sie mit einem vielsagenden Lächeln: „Abwarten.“ Das neue Teil wird natürlich kommen; Newey selbst war nicht China, weil er zu Hause im Werk in Milton Keynes an der neuen Version arbeitete. Auf das „Wann?“ will man sich allerdings nicht festlegen. Denn dass diese Aufrüstung auf Grund der Gesamtkonzeption des Autos vor allem im Bereich Getriebe schwieriger ist als bei einigen anderen, ist auch bekannt. Horner ist in Sachen Titelchancen vorsichtig, aber er sagt, dass sein Team ein gutes Paket und gute Fahrer habe. „Die Antwort der großen Teams darf man aber nicht unterschätzen. Die werden sehr hart pushen. Wir müssen mit unseren Ressourcen das Gleiche tun. Das Auto hatte allerdings schon in China ein paar Upgrades, Potential gibt es aber noch viel“, sagt Horner. Die Unterseite des Autos sei das größte aerodynamische Werkzeug, „also können wir da hoffentlich mehr herausholen“. Indirekt gibt Horner zu, dass sein Team jetzt in anderen Dimensionen denkt: „Der Druck ist durch den Sieg nicht geringer geworden.“ Und natürlich auch die Erwartungen an Sebastian Vettel. „Dieser Sieg ist für Vettels Reife wichtig“, sagte der siebenmalige Weltmeister Michael Schumacher. „Vielmehr ist er extrem wichtig für das Team. Mit so einer Motivation wie Vettel sie mitbringt, setzt das noch mehr Energien frei. Darüber sind sie möglicherweise selbst überrascht.“ Energien, die man vor allem dazu nutzen könnte, die einzige Schwachstelle auszubügeln, mit der Red Bull möglicherweise noch zu kämpfen hat. Das Auto ist noch nicht so zuverlässig wie es sein sollte. Bis jetzt tauchten die Probleme zwar eher im Training auf als im Rennen, hilfreich sind sie aber weder da noch dort. RTL-Experte Christian Danner glaubt aber, „dass sie auch das in den Griff bekommen können. Ich habe vor Saisonbeginn gesagt, dass Sebastian Weltmeister werden kann – und ich bleibe dabei, dass das möglich ist.“

Er wäre ein beliebter Champion. Selbst die britischen Medien haben ihn ins Herz geschlossen. Vor allem, dass er seinen Autos Frauennamen gibt, das finden sie auch äußerst amüsant. „Mein ursprüngliches Auto trug den Namen Kate. Aber das wurde beim ersten Rennen in Australien zerstört. Deswegen haben wir dieses nun Kates dirty sister genannt, weil es aggressiver und schneller ist“, erzählte Vettel nach seinem Triumph. Einen ganz prominenten britischen Fan hat er auch schon: Formel-1-Boss Bernie Ecclestone meint, dass Vettel besser sei als Lewis Hamilton. „Ich denke, er ist es. Lewis ist super, aber dieser Junge... Die Zeit wird es zeigen.“

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