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Martin Hermannsson ist seit dieser Saison Kapitän von Alba Berlin.

© IMAGO/Urbanandsport

Doch dann passierte Hermannsson: Alba Berlins Isländer weckt Erinnerungen an einen ganz besonderen Eurocup-Abend

Beim ersten Euroleague-Sieg von Alba Berlin glänzt Martin Hermannsson mit einem irren dritten Viertel. Der Erfolg gegen Villeurbanne ist wichtig für die Tabelle, noch mehr aber für den Kopf.

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Martin Hermannsson rang um eine Erklärung für sein herausragendes drittes Viertel und fand sie schließlich. „Da ist irgendwas mit diesem Korb“, sagte der 30 Jahre alte Isländer nach Albas erstem Sieg in dieser Euroleague-Saison.

Der Berliner Kapitän hatte den letztlich entscheidenden Lauf seines Teams im dritten Viertel mit 17 Punkten in knapp sieben Minuten – ohne Fehlwurf – angeführt, am Ende gewann Alba am Dienstagabend gegen Asvel Villeurbanne mit 84:79.

Hermannsson riss mit seiner Glanzleistung nicht nur das Publikum mit, sondern weckte auch Erinnerungen an ein ganz besonderes Spiel. Vor mehr als fünf Jahren, in seiner ersten Saison für Alba, war dem Isländer schon einmal ein ähnliches Kunststück gelungen.

2019 warf Martin Hermannsson Alba zu einem unglaublichen Comeback gegen Vilnius.

© Jörg Carstensen/dpa

Im Eurocup gegen Vilnius lagen die Berliner Basketballer in jenem Januar 2019 bereits mit 21 Punkten im Rückstand, doch dann passierte Hermannsson. In knapp fünf Minuten erzielte er alle 17 Punkte seines Teams, die Litauer nur vier. Tatort: die Arena in Friedrichshain – und Alba spielte, von der Bank gesehen, auf den rechten Korb.

Da ist irgendwas mit diesem Korb.

Martin Hermannsson sucht nach Erklärungen für seine Glanzleistung.

Wie am Dienstag. „Manchmal kommst du in einen Flow und fängst an zu werfen, ohne darüber nachzudenken“, versuchte sich Hermannsson an einer Erklärung. „Dann übernimmt die Muskelerinnerung und du wirfst ohne Druck, weil du dich einfach gut fühlst.“

Letzteres trifft nicht nur auf das Spiel gegen Villeurbanne zu, sondern auf den gesamten Saisonstart. Nach Jahren voller Verletzungen, Rehas und anstrengenden Comebacks fühlt sich Hermannsson endlich wieder gut. Seine Rückkehr im vergangenen Januar hatte große Hoffnungen ausgelöst, diesen waren aber auch schnell Zweifel gefolgt. Seine ersten Monate in Berlin waren durchwachsen, mit einer Tendenz ins Negative.

„Letzte Saison war ich nicht ich selbst“, sagte er dem Tagesspiegel vor einigen Wochen. Einige Beobachter fragten sich schon, ob er je wieder der Alte werden würde. Doch Hermannsson fühlt sich fit wie lange nicht – und das sieht man mittlerweile immer häufiger auf dem Feld.

Am deutlichsten gegen Villeurbanne. Und dennoch hinterließ das Spiel bei ihm gemischte Gefühle. „Ich bin so froh, dass wir den ersten Sieg haben und allen zeigen, dass wir in dieser Liga mithalten können“, sagte er. Mit der Schlussphase, in der die Gäste von einem zweistelligen Rückstand noch mal gefährlich nah herankamen, sei er aber gar nicht zufrieden. „Wir hätten das Spiel früher entscheiden müssen.“

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Die positiven Gefühle überwogen jedoch eindeutig. Nach dem sehr wackligen Saisonstart mit vier Niederlagen aus den ersten sechs Spielen sowie dem Duselsieg im Pokal verschafft der erste Erfolg in der Euroleague Alba etwas Luft. Er ist wichtig für die Tabelle, noch mehr aber für den Kopf.

Das war auch Hermannsson deutlich anzumerken. „Alle hatten über uns gesprochen, als würden wir das erste Team werden, dass kein einziges Spiel gewinnt in der Euroleague“, sagte er mit Blick auf die vielen Prognosen, die Alba als klares Schlusslicht sehen.

Eine Heimniederlage gegen die Franzosen, die von vielen Experten ähnlich schwach eingeschätzt werden, hätte die Zweifel weiter befeuert. So stehen die Berliner nun aber bei einer Bilanz von 1:2, genau wie Anadolu Istanbul, Real Madrid und der große nationale Rivale Bayern München. Die ersten drei Spiele seien trotz der Niederlagen gegen die Topteams Panathinaikos und Barcelona ordentlich gewesen und stimmten ihn positiv, sagte Hermannsson: „Der Sieg gibt uns viel Selbstvertrauen.“

Alle Probleme wird aber auch ein so wichtiges Erfolgserlebnis nicht lösen. Alba ist in dieser Frühphase der Saison weiter eine Baustelle. Mit Matt Thomas, Malte Delow und Ziga Samar fehlen nach wie vor drei wichtige Spieler, Will McDowell-White pausierte angeschlagen. Einige andere sind nach längeren Pausen nicht wieder im Rhythmus. Während Gabriele Procida noch nicht viel gelingt, zeigte Tim Schneider gegen Villeurbanne einen deutlichen Formanstieg.

Ob die Berliner ihre enormen Leistungsschwankungen in den Griff bekommen, wird sich in den kommenden Tagen und Wochen zeigen. Der Spielplan macht es Alba auf der Suche nach Konstanz aber nicht leicht. Am Donnerstag (19.30 Uhr, Magentasport) gastiert mit Fenerbahçe Istanbul bereits der nächste Titelanwärter in Berlin. Dann wird auch die Halle deutlich voller sein als am Dienstag, echte Heimspielatmosphäre dürfte es in der Arena aufgrund der zahlreich erwarteten türkischen Fans aber für Alba eher nicht geben.

„Wir müssen uns jetzt gut erholen, gegen Fener wird es ein anderes Spiel, sehr taktisch und super physisch“, sagte Hermannsson. Keine 72 Stunden später wartet mit Chemnitz am Sonntag (16.30 Uhr) gleich der nächste unangenehme Gegner.

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