
© dpa/Tom Weller
Dortmunds Trainer Sahin unter Druck: „Wir sind die, die liefern müssen“
Ein weiterer ernüchternder Auswärtsflop für den BVB. Auf das 2:5 beim großen Real Madrid folgt für den jungen Trainer ein 1:2 gegen den viel kleineren FC Augsburg. Was nun, Nuri Sahin?
Stand:
Manchmal mochte Nuri Sahin gar nicht mehr hinsehen. Dortmunds Trainer schlug beim nächsten Auswärtsflop seiner Mannschaft auf der Bank die Hände vors Gesicht, nach dem Schlusspfiff flüchtete er in die Kabine. Aber danach duckte sich der 36-Jährige nicht weg, sondern er stellte sich am Ende einer ganz bitteren Woche und in seiner ersten großen Krisenlage als BVB-Chefcoach vor jedes Mikrofon und allen kritischen Fragen.
Erst der Fünf-Tore-Blackout in der Champions League beim 2:5 gegen das große Real Madrid. Dann das erschreckende und nicht mehr schönzuredende 1:2 (1:1) beim viel, viel kleineren FC Augsburg in der Fußball-Bundesliga: Das war auch für die treuen Fans zu viel. Bedröppelt standen die BVB-Kicker vor dem Fanblock und hörten lautstarke Pfiffe.
„Das gehört zu unserem Schicksal, dass wir auch mal ausgepfiffen werden“, sagte Sahin. Er nahm vielmehr seine Spieler und sich selbst massiv in die Pflicht. „Wir sind dran! Wir sind die, die liefern müssen – und nur wir“, sagte der 36-Jährige im Presseraum des FCA-Stadions.
Das gehört zu unserem Schicksal, dass wir auch mal ausgepfiffen werden.
BVB-Chefcoach Nuri Sahin nach dem 1:2 gegen den FC Augsburg
Früh in der Saison ist der BVB in einer Situation angekommen, in der auch die Vereinsbosse auf die Probe gestellt werden, das Langzeitprojekt Sahin konsequent durchzuziehen. „Wir marschieren gemeinsam weiter und stehen komplett dahinter“, versicherte Sportdirektor Sebastian Kehl. Er vertraue dem Trainer voll. Dieser wiederum mahnte, man müsse der „Situation standhalten und gemeinsam da durchgehen“. Er sei „mit Leib und Seele Trainer von Borussia Dortmund“. Aber Sahin weiß natürlich, „dass es besser werden muss“.
Schnell vorbei mit der schwarz-gelben Herrlichkeit
In Augsburg ging alles wie gemalt los. Donyell Malen traf nach vier Minuten. Und dann? War es mit der schwarz-gelben Herrlichkeit vorbei. Sahin sah zwei „Wahnsinns-Gegentore nach unforced errors“, also ungezwungenen Fehlern von Augsburgs Matchwinner Alexis Claude-Maurice. Und erneut war auch Emre Can ein Gesicht des aktuellen BVB-Zustands.
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In Madrid kam der gerade indisponierte Kapitän beim Stand von 2:2 ins Spiel. Am Ende hieß es 2:5. In Augsburg kam Can beim Pausenstand von 1:1 notgedrungen für den verletzten Waldemar Anton. Kaum auf dem Platz, war er mit einer unglücklichen Abwehraktion am Augsburger 2:1 beteiligt, weil der Ball auf dem Fuß des Torschützen Claude-Maurice landete.
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Auf dem Platz stand spätestens danach keine Einheit mehr. Sahins prominent besetztes Team zerfällt auswärts viel zu leicht in seine Einzelteile. Brandt nannte das zweite Gegentor „einen Nackenschlag“. Das Spiel sei wild geworden, „das ist nicht unsere Paradedisziplin“.
Ein Punkt aus vier Auswärtsspielen
Es sei „leichter, ein Tau mit vielen Leuten zu ziehen als alleine“, beklagte Brandt. Der hilflose Anführer sprach von einem „vogelwilden“ und „verwirrenden“ Gefühl auf dem Platz und riet zu einem Reset: „Wir müssen ganz vorne bei den Basics anfangen.“
Daheim läuft’s ja: Vier Spiele, vier Siege. Und auswärts? Vier Spiele, ein Punkt. „Wir laufen in der Liga hinterher“, sagte Kehl. Nicht der Tabellenspitze und dem Meistertitel, sondern sogar den Champions-League-Plätzen. Kehl war in den Stadion-Katakomben erkennbar darum bemüht, den Fokus der Verantwortung vor allem auf die Spieler zu lenken. „Die Verantwortlichkeiten liegen am Ende schon auf dem Platz“, sagte der Ex-Profi.
Wir müssen ganz vorne bei den Basics anfangen.
Julian Brandt nach der Niederlage gegen Augsburg.
Kehl ärgerte das „harmlose“ Offensivspiel und „die vielen Gegentore“. Und er kündigte an, dass „wir erneut kritisch mit den Dingen umgehen werden“. Zum x-ten Mal. Die Zeit dafür ist freilich sehr kurz. Am Dienstag geht es schon weiter im DFB-Pokal beim VfL Wolfsburg – auswärts! Und am Sonntag danach kommt das starke RB Leipzig ins Dortmunder Stadion.
Die Situation könnte sich nochmals dramatisch verschärfen, für den BVB, für die Bosse – und für Sahin. Zumal sich ausgerechnet jetzt auch noch die Personalsituation zuspitzt. In Augsburg mussten nacheinander Waldemar Anton (Bauchmuskeln und Hüfte), Marcel Sabitzer (Rücken) und Julian Ryerson verletzt vom Platz. „Ich glaube nicht, dass sie spielen“, sagte Sahin mit Blick auf Wolfsburg: „Wenn es nicht läuft, kommt so etwas noch dazu.“
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