
© IMAGO/Matthias Koch
Drachenbootfahren: Wo Teamgeist mehr bringt als reine Muskelkraft
Der Drachenbootsport entwickelt sich vor allem in Berlin immer weiter, das hat die jüngste WM gezeigt. Noch ist der Sport nicht olympisch, aber auf dem besten Weg dahin.
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Zwanzig Jahre ist es her, dass die erste Drachenboot-Weltmeisterschaft in Deutschland stattfand. Im Juli 2025 war es erneut so weit: Deutschland war mit Brandenburg an der Havel Ausrichter der 17. World Dragon Boat Racing Championship und hatte Athleten und Athletinnen aus der ganzen Welt zu Gast. Wer dabei war, konnte sich ein Bild von dieser faszinierenden Sportart machen. Konnte dem Rhythmus der Trommeln lauschen und zuschauen, wie die Paddel im Takt eintauchen und die bunten Boote übers Wasser gleiten.
Eileen Wünsche, Teammitglied der Berlin Dragonboat Company (BDC) und Vorstandsmitglied, war neun Jahre alt, als sie ihr Vater zum ersten Mal zum Training mitnahm. „Ich saß vorne im Boot und habe jahrelang einfach nur zugeschaut. Mit 14 habe ich dann angefangen zu trommeln, 2014, direkt nach dem Abitur, bin ich ins Paddeln eingestiegen.“ Erfolgreich, denn Wünsche nahm bereits 2018 an der Europameisterschaft in Brandenburg teil.
Das Drachenbootfahren entstand vor über 2000 Jahren in China und ist eng mit dem Gedenken an den Dichter Qu Yuan verknüpft. Er soll angeblich mittels eines Paddelbootes vor dem Ertrinken gerettet worden sein und zu seinen Ehren wurde fortan bei Festen diese Rettung in Form eines Bootsrennens nachgestellt. Über die Jahrhunderte entwickelte sich daraus nicht nur eine kulturelle Tradition, sondern auch ein Sport. In Berlin hat sich Drachenbootfahren besonders seit den 1980er Jahren als Mannschaftssport etabliert.
Nur wenn alle im gleichen Takt paddeln, entsteht diese besondere Synchronität, die das Boot schnell macht.
Eileen Wünsche, Teammitglied und Teil des Vorstands der Berlin Dragonboat Company (BDC)
Was Drachenbootfahren so faszinierend macht, ist die Kombination aus Rhythmus, Ausdauer und purem Teamgeist. „Mich begeistert am meisten dieses Gefühl, wenn man im Boot wirklich eins wird. Nur wenn alle im gleichen Takt paddeln, entsteht diese besondere Synchronität, die das Boot schnell macht“, sagt Wünsche. „In Berlin leben wir dieses Gefühl nicht nur im Training, auch außerhalb des Wassers funktioniert unser Zusammenspiel. Das ist selten und besonders.“ Genau dieser Aspekt mache für Wünsche die Sportart aus.
Drachenboot ist keine olympische Disziplin
Was die Infrastruktur betrifft, hat Berlin mit der Regattastrecke in Grünau eine hochwertige Wettkampfanlage, die auch internationalen Ansprüchen gerecht wird. Allerdings ist Drachenboot keine olympische Disziplin. „Dadurch sind wir in der Förderung nachrangig. Trotzdem arbeiten wir eng mit dem Sportamt zusammen, unter anderem beim Berlin City Cup, den wir selbst ausrichten.“ Diese Zusammenarbeit zeige, dass mehr möglich ist, der Sport aber auf einem guten Weg sei.
Wünsche ergänzt, dass es für leistungsorientierte Sportler:innen durchaus möglich ist, an internationalen Meisterschaften wie der Welt- oder Europameisterschaft im Nationalteam teilzunehmen. „Einige meiner Teammitglieder haben bei der diesjährigen WM tatsächlich Gold geholt. Das zeigt, dass man es auch aus Berlin heraus ganz nach oben schaffen kann.“
Wünsche erzählt auch, dass der Drachenbootsport offen für alle ist. Dabei sei aber hilfreich, ein gewisses Rhythmusgefühl sowie Sportlichkeit mitzubringen. „Viele steigen ohne Vorerfahrung ein und bringen einfach den Willen mit, sich reinzuhängen. Es gibt zahlreiche Paddler:innen, die erst mit über 40 begonnen und es in wenigen Jahren ins Ü40- und ins Ü50-Nationalteam geschafft haben.“
Und wie funktioniert das Ganze? In einem rund 12,5 Meter langen Boot sitzen bis zu 20 Paddelnde, die von Trommler und Steuerperson begleitet werden, die gemeinsam den Takt und Kurs bestimmen. „Wenn Steuerleute die langen und schweren Boote mit Präzision um die Bojen manövrieren, ist das Technik auf höchstem Niveau“, so Wünsche.
In Berlin gibt es zahlreiche Möglichkeiten, das zu probieren: Die Berlin Dragonboat Company oder die „Spreepoint Dragons“ des 1. Köpenicker Drachenboot laden zur Teilnahme am Training ein. Ebenso der Köpenicker Kanusportclub (KKC Berlin), der sogar ein inklusives Team hat. Bei den meisten Anbietern sind Schulklassen oder Vereinsgruppen willkommen und wer zum ersten Mal dabei ist, erhält eine Einführung, bevor das Abenteuer beginnt. Und weil es wirklich ein Abenteuer ist, gibt es in Berlin auch Anbieter, die Drachenboot fahren als Teamevent anbieten.
Denn wer mit dem Drachenboot schnell vorwärtskommen will, muss laut Eileen Wünsche offen für das Team sein und die Gemeinschaft genießen. „Der Berliner CityCup ist eine großartige Möglichkeit zum Einstieg. Dort starten viele Fun-Teams und Firmenmannschaften ohne Vorerfahrung. Der Spaß steht im Vordergrund, aber wer mehr will, kann sich dort entwickeln.“
Der Einstieg ist bewusst niedrigschwellig gestaltet. Wer sich mitreißen lässt und bereit ist, sich einzubringen, macht automatisch Fortschritte. Je mehr man investiert, desto mehr kommt zurück.
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