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„Draufhauen ist nicht sinnvoll“: Sollte Julian Nagelsmann in der Kabine laut werden?
Nach dem dürftigen Auftritt in der ersten Halbzeit in Luxemburg hatten viele mit einem lauten Bundestrainer gerechnet. Julian Nagelsmann entschied sich anders. Sportpsychologe Oliver Stoll hält das auch mit Blick auf das Slowakei-Spiel für richtig.
Stand:
0:0 gegen Luxemburg zur Halbzeit, das ist für eine deutsche Fußball-Nationalmannschaft ein ziemlich erschütterndes Zwischenzeugnis gewesen. Zumal mit Blick auf die Situation in der WM-Qualifikation am Freitagabend unbedingt ein Sieg hermusste. Viele haben erwartet, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann deswegen in der Pause laut wird und so versucht das Team wachzurütteln. Ist er aber nicht.
„Am Ende habe ich schon den Eindruck, dass es die Mannschaft gerade nicht verträgt, wenn man super draufhaut. Wir wollen ja auch alle gemeinsam erfolgreich sein“, hat Nagelsmann nach dem Spiel gesagt.
„Ich weiß nicht, ob es der richtige Weg ist, die Mannschaft in Schutz zu nehmen. Er kann das aber natürlich besser beurteilen, weil er mit den Jungs zusammen ist“, sagte Thomas Helmer, Europameister von 1996, daraufhin bei Sky.
Sportpsychologe Oliver Stoll von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg betont im Gespräch mit dem Tagesspiegel, dass vor allem Letzteres ein entscheidender Punkt sei: Der Bundestrainer kennt die Mannschaft wie niemand sonst.
Er stellt sich klar auf Nagelsmanns Seite. „Eine Halbzeitansprache ist immer sehr speziell. Draufhauen ist nicht sinnvoll. Wenn sie krasse Fehler machen, ist es gut, emotional zu werden. Aber im positiven Sinne. Dass man jetzt doch endlich umsetzen will, was man sich vorgenommen hat. Da können Bilder und Metaphern helfen, die genau das implizieren“, so Stoll.
Forschungen darüber, was besser sei, ob laut oder leise, gibt es nicht, sagt Stoll. „Es ist generell mannschaftsabhängig. Aber wer einen guten Führungsstil hat, setzt nur auf Lautstärke, wenn es unbedingt notwendig ist. Können es die Spieler jedoch an sich umsetzen, wenn an bestimmten Schrauben gedreht wird, ist es absolut ratsam, nicht laut zu werden.“
Dazu passt auch Nagelsmanns Aussage nach der Partie: „Wir haben sie schon mitgenommen und einfach nochmal Dinge gezeigt.“ Danach wurde es immerhin etwas besser, was letztlich für einen 2:0-Sieg gereicht hat.
„Das war nicht schön, aber sehr wichtig. Vor allem im Hinblick auf das entscheidende Spiel jetzt gegen die Slowakei“, sagt Stoll: „Ich denke, Nagelsmann wird im Vorfeld in der Kabine erneut rational an die Sache rangehen. Und nach allem, was ich von den Spielern nach der Partie in Luxemburg gehört habe, werden sie den Fokus voll auf das Spiel richten.“
Ob dem so ist und welche Art der Ansprache der Bundestrainer rund um die Partie wählt, zeigt sich am Montagabend ab 20.45 Uhr in Leipzig (live im ZDF).
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