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Drei Punkte und Rote Karten für Bremen: „Da wird eine Arroganz an den Tag gelegt, Hut ab“
In einer turbulenten Nachspielzeit läuft das Freitagabendspiel zwischen Werder Bremen und Mainz 05 aus dem Ruder. Im Mittelpunkt steht Schiedsrichter Martin Petersen.
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Drei Platzverweise, ein Arroganz-Vorwurf und eine wortgewaltige Entschuldigung: So wild wie in den Minuten vor und nach dem Schlusspfiff des Freitagabendspiels zwischen Werder Bremen und dem FSV Mainz 05 (1:0) ging es in dieser Bundesliga-Saison bislang nur selten zu.
„Es ist unter dem Strich eine Sechs minus und darf mir nicht passieren“, sagte Werders Trainer Ole Werner über seine Rote Karte kurz nach dem Spielende. Der Bremer Coach hatte es mit seiner Kritik an Schiedsrichter Martin Petersen übertrieben.
Doch was war genau passiert? 90 Minuten lang war es ein rasantes, chancenreiches, aber vor allem faires Spiel, in dem Werder mit 1:0 führte und am Ende auch mit zwei Spielern weniger noch gewann. In der Nachspielzeit aber liefen die Dinge aus dem Ruder, oder wie Bremens Belgier Senne Lynen hinterher sagte: „Es ist zu schnell eskaliert.“
In der dritten Minute der Nachspielzeit zeigte Petersen dem Werder-Verteidiger Niklas Stark wegen Zeitspiels die erste Gelb-Rote Karte. Daraufhin wollte Kapitän Marco Friedl eine Erklärung dafür, ging zum Schiedsrichter, fasste dem auch auf den Rücken – und sah ebenfalls Gelb-Rot (90.+4).
„Da ging es um die Art und Weise. Der Spieler Friedl läuft mir hinterher, tatscht mir mehrfach auf den Rücken, das fand ich schon unangemessen“, sagte der Unparteiische später bei Dazn. „Irgendwann ist auch beim Kapitän das Maß erreicht, was nicht mehr erträglich ist und was nicht mehr geht.“
Dass Werder den knappen Vorsprung danach auch mit nur neun Spielern über die Zeit rettet, änderte nichts an der großen Wut im Weserstadion. Die Bremer Fans beschimpfen Petersen lautstark als „Schieber“ und auch Trainer Werner geht nach dem Schlusspfiff zum Schiedsrichter, sagt etwas – und bekommt dafür die Rote Karte.
„Das, was ich gesagt habe, ist zwar nicht wahnsinnig böse. Aber es ist trotzdem zu Recht eine Rote Karte“, erklärte der Werder-Coach hinterher. „Deshalb kann ich mich da nur entschuldigen – in erster Linie natürlich beim Schiri, aber auch bei meiner Mannschaft und meinem Team. Weil es sich nicht gehört und weil ich in der Situation meiner Rolle nicht gerecht werde.“
Wenn das der Weg ist, den sie gehen wollen, dann müssen sie sich selbst hinterfragen.
Werders Leonardo Bittencourt über Schiedsrichter Martin Petersen
Der 39 Jahre alte Petersen, im Hauptberuf Immobilien-Kaufmann aus Stuttgart, nahm diese Entschuldigung an („Er ist nach dem Spiel in die Kabine gekommen. Deshalb ist das Thema für mich erledigt.“) und damit hätte die ganze Sache auch ausgestanden sein können. Doch für Werders Siegtorschützen Leonardo Bittencourt (15. Minute) war am Ende weniger bedeutend, was der Schiedsrichter entschieden, sondern wie er sich dabei verhalten hatte.
„Da wird eine Arroganz an den Tag gelegt, Hut ab“, sagte der Mittelfeldspieler. „Wenn das der Weg ist, den sie gehen wollen, dann müssen sie sich selbst hinterfragen. Ich habe da keinen Spaß dran, weil ich glaube: Das ist nicht der richtige Weg. Wir sind keine Mannschaft, die viel lamentiert. Mit uns kann man sich vernünftig unterhalten. Da habe ich echt schon andere Mitspieler und Gegenspieler erlebt.“
Sowohl Starks als auch Friedls Verhalten mit einem Platzverweis zu ahnden, hielt Bittencourt für völlig übertrieben. „Die Art und Weise vom Auftritt ist noch viel schlimmer als eine Fehlentscheidung. Fehlentscheidungen passieren, wir sind alle Menschen. Aber die Art und Weise auf dem Platz, das ist das, wo ich sage: uncool!“, meinte Bittencourt über den Schiedsrichter.
Beide Trainer fehlen am nächsten Spieltag
Für Werder wird dieser Abend noch Folgen über das turbulente Spiel hinaus haben. Die Abwehrspieler Stark und Friedl werden im nächsten Spiel beim Tabellenführer FC Bayern München definitiv fehlen. Trainer Werner ist ebenfalls automatisch für das nächste Werder-Spiel beim FC Bayern München (Freitag, 20.30 Uhr/DAZN) gesperrt.
Weil er die Rote Karte bekam, ist es in seinem Fall auch möglich, dass das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes eine noch längere Strafe verhängt. „Ich schreibe den Sachverhalt in den Spielbericht und dann liegt es nicht mehr in meinen Händen“, sagte Schiedsrichter Martin Petersen in einem DAZN-Interview.
Kurios: Auch der Mainzer Trainerkollege Bo Henriksen fehlt seiner Mannschaft am nächsten Spieltag gesperrt. Er wurde bereits in der Anfangsphase der Partie zum vierten Mal in dieser Saison mit Gelb verwarnt und darf deshalb beim nächsten Heimspiel gegen den FC Augsburg (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) den Innenraum des Stadions nicht betreten.
Während der ruhige und zumeist sehr gefasste Werner nur selten mit den Referees in Konflikt gerät, steht Henriksen am kommenden Wochenende bereits vor der zweiten Sperre an nur vier Spieltagen. Der 49 Jahre alte Däne hatte zuletzt bereits das Spiel bei Union Berlin verpasst, weil er zuvor gegen Bayer Leverkusen die Gelb-Rote Karte gesehen hatte.
„Das ist eine totale Katastrophe. Natürlich ist das mein Fehler“, sagte Henriksen dazu. Der Mainzer Trainer hatte sich nach dem Gegentor durch Leonardo Bittencourt (15. Minute) beim Linienrichter beschwert, weil es seiner Meinung nach zuvor einen Eckball für sein Team hätte geben müssen. „Ich habe ihm gesagt: Warum hast du das nicht gesehen? Das ganze Stadion hat das gesehen. Dafür habe ich die Gelbe Karte gesehen“, meinte Henriksen. (dpa)
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