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Sport: „Ein Löwe stirbt nie, er schläft nur“

Frankreich und Kamerun trauern um Marc-Vivien Foe – ein Toter beherrscht das Finale um den Konföderationen-Cup

Paris. Marc-Vivien Foe war immer dabei. Sein Porträt wurde vor den Mannschaften Kameruns und Frankreichs aufs Feld getragen, dann auf der Ersatzbank aufgestellt. Die Reservisten trugen alle Foes grünes Hemd mit der Nummer 17, auch Winfried Schäfer, der Trainer, hatte so ein Trikot angezogen. Das passte nicht unbedingt zur grauen Anzugshose, doch wen kümmerte an diesem Abend die Mode. Es galt Abschied zu nehmen von dem 28-jährigen Idol Kameruns und gleichzeitig das Finale des Konföderationen-Cups über die Bühne zu bringen. Eine Arena hatte sich in eine Kathedrale verwandelt, und am Ende der Trauerfeier musste trotz allem ein Turniersieger stehen.

Frankreich gewann in der Verlängerung mit 1:0. Dass Thierry Henry die Kugel zum goldenen Tor in der 97. Minute über die Linie geschubst hatte, war gleichfalls logisch. Der neue Liebling der Grande Nation war die überragende Figur dieses Wettbewerbs. Der Torjäger vom FC Arsenal kann in seiner derzeitigen Form immer helfen, wenn sein Land ihn braucht. Dem Taktgefühl dieses Stars war es aber auch zu verdanken, dass diese Partie nie ihren emotionalen Rahmen verlor. Nur kurz hob Henry die Trophäe bei der Siegerehrung, auch er tat alles, um dem toten Kollegen Respekt zu zollen.

Die Journalisten hatten Foe posthum zum drittbesten Spieler des Turniers gewählt. Bei der Ehrenrunde gab es nur Foe-Chöre. Viele Zuschauer weinten. Ein Kurvenbesucher im Stade de France hatte die Gefühle der Fans am besten zusammengefasst, indem er mit einem Filzstift auf einen Pappkarton gekritzelt hatte: „Ein Löwe stirbt nie, er schläft nur!“ „Ich bin froh, dass wir gespielt haben“, sagte Schäfer. Auch der deutsche Trainer Kameruns war ratlos gewesen, wusste tagelang nicht, was er tun sollte. Erst als die Frau und die Familienmitglieder des Verstorbenen die Mannschaft aufforderten, für Foe aufzulaufen, hatten sie sich zum Spielen entschlossen.

Vor dem Spiel kam dann Foes Vater in die Kabine, wo sie einander immer an den Händen fassen und einen Kreis bilden. „Foes Vater hat die Spieler aufgerichtet“, sagte Winfried Schäfer. Valery Mezague, mit 19 Jahren der zweitjüngste der Mannschaft, sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Lage gewesen, zu spielen. Der Trainer nahm ihn dann kurz vorm Anpfiff in den Arm: „Marc-Vivien wollte, dass du heute dabei bist.“

Mit solchen Geschichten werden sie einander trösten, denn die schlimmsten Tage stehen der Mannschaft noch bevor. Am Donnerstag werden sie Foes Leichnam in Lyon abholen, am Freitag fliegen sie dann mit der Maschine des Staatspräsidenten heim. Im Stadion von Yaounde würden schon jetzt Tausende darauf warten, um dem Sarg mit dem Nationalhelden das letzte Geleit zu geben.

Angesichts solcher Szenen fällt es schwer, Fragen nach dem sportlichen Wert dieses Turniers zu stellen, das doch so viele in der internationalen Fußballgemeinde gar nicht haben wollen. Der Konföderationen-Cup wird in Zukunft die Legende vom Tod des Marc-Vivien Foe sein. Diese tragische Geschichte, sie verschafft ihm mehr Popularität als alle sportlichen Ereignisse seiner Historie.

Martin Hägele

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