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Leid und Freud’ liegen nah beieinander im DFB-Pokal.

© imago/Susanne Hübner/IMAGO/Susanne Hübner, Susanne Huebner

Eine Hymne auf den DFB-Pokal: Der schönste aller Wettbewerbe

Profi-Fußball ist steril geworden. Eine Ausnahme bildet der DFB-Pokal. Bestes Beispiel: Die Emotionen, die Spannung und all die Dramatik zwischen Braunschweig und Stuttgart.

Martin Einsiedler
Ein Kommentar von Martin Einsiedler

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Die schönste Phase des Prokrastinierens ist abends, wenn man die Glotze anmacht und dort wie seit Urzeiten flimmert: der DFB-Pokal. Das bevorzugte Setting: Ein Moderator und ein Experte direkt am Spielfeldrand in einem kleinen, rappelvollen Stadion.

Es gibt einen Favoriten und folglich einen Außenseiter. David gegen Goliath. Und alle wissen, dass der Kleine dem Großen kräftig auf die Socken hauen wird, sodass der Ausgang des Spiels völlig offen ist.

Die Prokrastination dauert dabei oft fast drei Stunden, weil David so zäh ist, dass er es häufig bis ins Elfmeterschießen schafft. Alles schon hundertmal gesehen. Und am Dienstag, beim Pokal-Krimi zwischen Eintracht Braunschweig und dem VfB Stuttgart, war es wieder einmal so.

Wanderpokal: Die DFB-Trophäe vor dem Spiel von Braunschweig gegen Stuttgart am Dienstag.

© IMAGO/ZUMA Press Wire/IMAGO/Scott Coleman

Nur mit dem Unterschied, dass der Außenseiter aus Braunschweig das Spiel der favorisierten Stuttgarter nicht durch Härte zerstören wollte. Nein, die Gastgeber spielten richtig schönen Fußball. Und vermutlich konnten ältere Augen ab 40 die Flugbahn der beiden Torschüsse von Fabio Di Michele Sanchez kaum erkennen, so hart hatte er die Bälle ins Netz gedroschen (dem Autor dieser Zeilen ist es jedenfalls so ergangen).

Das Spiel – auch wenn am Ende der Underdog nicht als Sieger hervorging – zeigte einmal mehr: Es gibt keinen schöneren, spannenderen, mitreißenderen Wettbewerb als den DFB-Pokal.

Der Fußball in der Champions League ist zwar schneller und präziser. Er wirkt aber auch klinisch und steril. Die Bundesliga? Hier und da hübsche Spiele, ja. Aber meistens bleibt nur eins: Am Ende stehen die Bayern oben.

Abgesehen davon reicht es längst nicht mehr, einfach nur den Fernseher einzuschalten. Wer diese Wettbewerbe sehen will, muss gleich mehrere Abos haben.

Der DFB-Pokal dagegen kommt wohltuend unprätentiös daher. Viele Spiele laufen unter der Woche im frei empfangbaren Fernsehen, und – obwohl umsonst – bekommt man trotzdem mehr. Mit Glück, wie am Dienstag, in einem Spiel so viele Emotionen wie sonst in einer ganzen Bundesligasaison. Der Abwasch, das Kind ins Bett? Hat alles Zeit! Zur Not bis kurz vor zwölf.

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