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Sport: Endlich auf der Höhe

Daniela Rath hat dreimal die Hürde von zwei Meter überquert – und bekommt langsam ihre Emotionen in den Griff

Berlin. Hans-Jörg Thomaskamp hatte am Mittwochabend das Autoradio auf WDR 2 eingestellt. Ins Auto drang die Stimme seiner Athletin. Daniela Rath war im Studio, die Hochspringerin. 45 Minuten durfte sie plaudern, zusammen mit dem Stabhochspringer Lars Börgeling. Nach der Sendung war Thomaskamp dann „wie vom Donner gerührt“. Er hatte eine Athletin gehört, die er so vom Training nicht kannte. So souverän, so professionell. „Sie hat schnell und druckreif geantwortet. Sie ist sehr gut mit der Sprache umgegangen“, sagt Thomaskamp. Der Inhalt hatte ihn weniger interessiert, den kannte er.

Sicher, hatte Daniela Rath gesagt, sie wolle natürlich an diesem Wochenende Deutsche Hallenmeisterin im Hochsprung werden. Und sie freue sich deshalb so sehr über die zwei Meter, die sie beim Europacup in Leipzig und zuvor in Wuppertal überquert hatte, weil nun jeder sehe, „dass ich diese Höhe drin habe“.

Der Trainer in seinem Auto fand nun, es sei Zeit, bestimmte Dinge zu hinterfragen. Oder, noch besser: zu ändern. „Wenn ich sehe, dass sie so kontrolliert auftreten kann, dann frage ich mich, wie viel ich mir im Training gefallen lassen muss oder soll. Ich erwarte, dass sie mich nicht mehr als Müllhalde ihrer Emotionen betrachtet.“ Acht Jahre dauert jetzt schon ihre Zusammenarbeit, sie muss sehr kurzweilig sein.

Und wenn Thomaskamp immer noch das Bild der Müllhalde vor Augen hat, dann ist das bezeichnend. Es sagt viel aus darüber, wie früher die Zusammenarbeit gewesen sein muss. Vor dem Sommer 2003. Denn seit dieser Zeit hat sich vieles gebessert. „Sie lebt ihre Launen nicht mehr so stark aus wie früher“, sagt der Coach. Seit Sommer 2003 haben sie eine gemeinsame Erfolgsgeschichte, der 45-jährige Trainer und die 26-jährige Sportmanagement-Studentin von Bayer Leverkusen. Damals überquerte Daniela Rath beim Europacup in Florenz zum ersten Mal zwei Meter. „Da erkannte sie das Potenzial, das sie besitzt“, sagt ihr Trainer. Die Springerin sagt: „Ich war erschrocken, als ich die Höhe geschafft hatte.“

Inzwischen hat sie gezeigt, „dass sie auf diesem Niveau etabliert ist“, sagt Thomaskamp. Daniela Rath ist damit zu einer Größe der deutschen Leichtathletik aufgestiegen. In Leipzig hatte sie nach ihrem Zwei-Meter-Sprung, dem dritten ihrer Karriere, gesagt: „Ich bin zufrieden, aber nicht mehr fassungslos. Ich bin selbstbewusster geworden. Ich verschwende nicht mehr viel Energie, um über schlechte Sprünge nachzudenken.“

Florenz hat einen erheblichen Anteil an dieser neuen Denkweise. Für den Rest sorgte Walter Wölfle. Daniela Rath hat mit dem 46-jährigen Sportpsychologen ein paar Stunden zusammengesessen. Im November 2003 haben sie sich getroffen, und Rath hat gelernt, ihre Emotionen anders einzusetzen. „Ich hätte gerne mehr mit ihm gearbeitet“, sagt sie. Ging aber nicht, es gab Terminprobleme. „Aber Daniela trainiert jetzt konzentrierter. Sie nimmt bestimmte Sachen besser an als früher“, sagt der Trainer. Und sie trainierte im Winter härter als früher.

Florenz war ja auch für ihn wichtig. „Da ging es auch um meine Glaubwürdigkeit.“ Er hatte ihr schließlich schon im Winter 2003 gesagt: „Du springst schneller zwei Meter, als du denkst.“ Sie haben dann um ein Abendessen gewettet. Überquert Daniela Rath 2003 die zwei Meter, wird der Trainer eingeladen, so lautete die Abmachung. „Sie kann jetzt auch besser mit Situationen umgehen, die sie emotional belasten“, sagt Thomaskamp. In Leipzig wäre sie beim Anlauf zu einem Zwei-Meter-Versuch fast von einem holländischen Dreispringer gerammt worden. Daniela Rath lief weiter, riss die Latte. „Alles hatte sich gut angefühlt, deshalb habe ich nicht abgebrochen“, sagte sie.

Irgendwann muss sie sich aber noch zu einem speziellen Date verabreden. Das Abendessen mit Thomaskamp steht noch aus.

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