Sport: Ergebnis? Unwichtig!
Mit dem Länderspiel gegen Dänemark beginnt die Vorbereitung auf die WM 2010
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Wirkliche Stars gab es gestern nicht zu bestaunen. Dennoch kamen 30 000 Zuschauer zum öffentlichen Training in die Duisburger MSV-Arena. Immerhin konnten sich die meist jugendlichen Fans schon mal an die Nationalspieler gewöhnen – die vielfach nicht viel älter waren als sie selbst. An den weißen Trikots und den schwarzen Hosen war die Nationalelf zweifelsfrei als solche zu identifizieren, an den Gesichtern der Spieler eher weniger. Michael Ballack, der Kapitän, wird auch am Mittwoch im Testspiel gegen Dänemark nicht dabei sein, auch seine Vertreter Schneider und Frings fehlen, dazu Schweinsteiger und Podolski, Lehmann, Lahm und Mertesacker.
Trotzdem wehrt sich Bierhoff gegen den Vorwurf des Betrugs am Publikum. „Hier von der A2 zu sprechen, ist verkehrt“, sagt er. Schon im Herbst hat die Führung der Nationalmannschaft das Spiel gegen Dänemark (20 Uhr, live im ZDF) für den Perspektivkader gebucht. „Es gehört für uns zu einem Gesamtplan 2008“, sagt Bierhoff. Im Hinblick auf die Europameisterschaft sollen Spieler internationale Erfahrung sammeln, die sonst selten die Gelegenheit dazu bekommen: weil sie a) in der Bundesliga für Vereine aus der Mittel- oder Unterschicht spielen oder b) im Nationalteam nicht zum dünnen Stamm gehören.
Im Grunde beginnt mit dem Spiel in Duisburg die Vorbereitung für die WM 2010, auch wenn die Nationalmannschaft noch einmal in die Vergangenheit reist: Es ist ein echtes Klinsmann-Spiel. Jürgen Klinsmann, der Vorgänger von Bundestrainer Joachim Löw, war vor der WM als Gastgeber von allen Pflichtspielzwängen befreit, und diese Freiheit hat er anfangs weidlich genutzt. Doch schon im zweiten Jahr deutete sich an, was sich dann bei der WM vollendete: Klinsmanns Fixierung auf eine Stammelf. Zwischen August 2004 und September 2005 setzte er elf Debütanten ein, danach bis zur Nominierung des WM-Kaders keinen einzigen mehr (siehe Artikel rechts).
Joachim Löw hat den Vorteil, dass er in der EM-Qualifikation auf die bewährte Klinsmannschaft zurückgreifen kann. Für zukunftsweisende Experimente bleiben ihm hingegen nur die Freundschaftsspiele, und „davon haben wir nicht allzu viele“, sagt Bierhoff. Schon im Herbst gegen Georgien ließ Löw vier Spieler debütieren, gegen Dänemark könnten es noch mehr sein. Dass das Spiel trotzdem ein Geschmäckle hat, liegt am zeitlichen Zusammentreffen mit der Galadarbietung in Prag. Im direkten Vergleich mit dem 2:1 gegen die Tschechen könnte es wie Ware zweiter Wahl wirken. Von den elf Spielern, die am Samstag in der Startformation standen, sind gegen Dänemark nur Christoph Metzelder, Kevin Kuranyi und Marcell Jansen übrig geblieben. Die Mannschaft wird ohne Frage hoch motiviert sein; eingespielt und systemsicher ist sie nicht. Selbst Joachim Löw sagt daher: „Das Ergebnis ist nicht wichtig.“
Länderspiele wie das gegen Dänemark hat es immer schon gegeben. Als die Nationalmannschaft kurz vor der WM 2002 auf Kuwait traf, musste Teamchef Rudi Völler auf zwölf Spieler aus seinem WM-Kader verzichten. Die vakanten Stellen besetzte er aus dem Reservoir der U 21. Paul Freier, Daniel Bierofka, Fabian Ernst und Christian Rahn kamen beim 7:0 zu ihrem Länderspieldebüt, auf der Bank saßen außerdem Timo Hildebrand, Tim Borowski und Sebastian Schindzielorz. Vier dieser sieben brachten es später immerhin zu richtigen Nationalspielern, wobei Freier immer noch oder inzwischen wieder als Perspektivkraft geführt wird.
„Es ist für einen Trainer beruhigend zu sehen, dass er viele Möglichkeiten hat und sie auch einmal ausprobieren kann“, sagt Oliver Bierhoff. Im Kader für das Spiel gegen Dänemark stehen sechs Spieler, die noch nicht für die Nationalmannschaft zum Einsatz gekommen sind. Sicher ist, dass Torhüter Robert Enke sein Länderspieldebüt bestreitet und 90 Minuten durchspielen darf; fraglich hingegen, wer die Mannschaft als Kapitän aufs Feld führen wird. Marcell Jansen, 21 Jahre alt und mit der Erfahrung von 13 Länderspielen gesegnet, wurde gestern gefragt, ob er sich bereits Hoffnungen mache. „Um Gottes willen“, antwortete er.
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