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Union-Trainer Steffen Baumgart (Mitte) redet mit Robert Skov (rechts) und Benedict Hollerbach.

© Imago/Contrast/O. Behrendt

Erster Union-Sieg unter Baumgart: Die Worte des Stürmerflüsterers kommen langsam an

Beim Sieg gegen Mainz 05 scheint Trainer Steffen Baumgart seine Mannschaft erstmals wirklich zu erreichen. Das macht Hoffnung – vor allem für die Stürmer.

Stand:

Mitten in der ersten Halbzeit hatte Steffen Baumgart kurz noch Kommunikationsprobleme. Mit zwei Fingern im Mund pfiff er wütend von der Seitenlinie und gestikulierte wild mit den Armen.

Doch es half alles nichts. Was auch immer der Trainer des 1. FC Union seiner Mannschaft vor diesem Freistoß mitgeben wollte, kam irgendwie nicht richtig an. Am Ende musste Benedict Hollerbach zur Seitenlinie raus, um die Botschaft persönlich abzuholen.

Was am Ende auch funktioniert hat. Aus dem Freistoß wurde schließlich nichts, doch beim 2:1 gegen Mainz 05 hatte man immer wieder das Gefühl, dass Baumgart seine Mannschaft – und sei es auch manchmal auf Biegen und Brechen – immer besser erreichte. So gab er sich auch selbst nachher äußerst zufrieden. „Die Spieler haben viel von dem umgesetzt, was ich ihnen vorgegeben habe“, sagte er auf der Pressekonferenz.

Vielleicht war das auch der größte Sieg an diesem Sonntag – noch wichtiger sogar als die drei Punkte im Abstiegskampf und das Ende der langen Sieglosserie. Nach zwei Spielen, die vor allem von Fehlern und Problemen geprägt waren, schien es jetzt erstmals zu stimmen zwischen Trainer und Mannschaft.

Das galt vor allem für die Abwehr, die nach dem Spiel zurecht im Fokus stand. Mit der Rückkehr zur Dreierkette hatte Baumgart genug Einsicht gezeigt, seine eigenen taktischen Vorlieben mal beiseite zu lassen, um der Mannschaft wieder Sicherheit zu geben. Dafür wurde er mit einer starken Defensivleistung – und am Ende auch mit dem Sieg – belohnt.

Hollerbach mit Terrier-Energie im Angriff

Doch auch im Angriff scheint der Baumgart-Effekt jetzt langsam zu wirken. Der Trainer, der schon lange einen Ruf als Stürmerflüsterer genießt, suchte Sonntag öfter das kleine Gespräch mit Hollerbach und den anderen Angreifern – und konnte sich am Ende über die ersten zwei Tore in seiner Amtszeit freuen.

„Das ist schon sehr wichtig, dass man einen guten Austausch hat. Und den haben wir“, sagte Hollerbach, der mit seinem frühen Tor den Sieg einleitete. „Wir sind uns vom Charakter her sehr ähnlich. Er ist auch sehr extrovertiert und emotional, genauso wie ich, und weiß mich da auch zu schätzen.“

Holler ist immer ein Spieler, der emotional dabei ist. Manchmal will er zu früh Trainer sein. Ich versuche ihm immer zu sagen, dass ich Trainer bin und er Spieler.

Steffen Baumgart, Trainer von Union Berlin

Nun ist Hollerbach mit seiner Terrier-Energie schon lange der Lichtblick im Union-Angriff. Am Sonntag sah man aber womöglich auch die ersten Zeichen einer weiteren Entwicklung. Selten war der junge Stürmer so involviert, so kommunikativ.

Nach dem Spiel stilisierte er sich fast schon zum neuen Führungsspieler: „Ich bin gerne in einer Mannschaft, wo ich viel Verantwortung übernehmen kann. Das beflügelt mich. Ich habe eher Probleme in Mannschaften, wo ich vielleicht einfach nur ein Zahnrad von vielen bin“, sagte Hollerbach.

Darüber musste Baumgart nachher schmunzeln und vor allem ein bisschen bremsen. „Holler ist immer ein Spieler, der emotional dabei ist. Manchmal will er zu früh Trainer sein. Ich versuche ihm immer zu sagen, dass ich Trainer bin und er Spieler. Er ist ein Spieler, der immer Antworten haben will.“

Bei Union wird man nun hoffen, dass Baumgart auch für die anderen Stürmer ein paar Antworten liefern kann. Am Sonntag zeigte sich Hollerbach jedenfalls guter Dinge, dass unter Baumgarts Führung eine neue Harmonie im Union-Angriff entstehen könnte. So schwärmte er von seinem Mitspieler Jordan, der trotz einer elfmonatigen Torflaute „nur noch gute Spiele“ mache.

„Ich bin sehr, sehr angewiesen auch vorne auf meine Mitspieler und ich sehe, wie Jordan sich stetig verbessert. Mittlerweile gewinnt er, glaube ich, 80 Prozent aller Luftduelle, legt mir die Dinger schön ab“, sagte Torschütze Hollerbach. Das habe auch zu tun mit dem „Selbstbewusstsein, das der Trainer uns gibt, und dieser Ruhe, die er hat“. Deswegen hoffe er sehr, „dass er Jordan weiter spielen lässt und jetzt nicht gleich wieder kritisiert“.

Womöglich verraten solche Kommentare auch, wie verunsichert einige Spieler in den turbulenten letzten Wochen und Monaten auch waren. Um das alles zu reparieren, hat Baumgart einen langen Weg vor sich und mit einem Sieg ist noch lange nicht wieder alles gut. Aber immerhin scheint es so, dass die Worte des Stürmerflüsterers langsam Gehör finden. Und das ist schon einmal ein guter Anfang.

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