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Daumen hoch: Sergio Cabral (r.) freute sich am 2. Oktober 2009, als Rio den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2016 bekam. Inzwischen sitzt der Mann im Gefängnis.

© REUTERS

Ex-Gouverneur Sérgio Cabral packt aus: Wie sich Rio de Janeiro die Olympischen Spiele kaufte

Rios Ex-Gouverneur Sérgio Cabral räumt Stimmenkauf bei der Olympia-Bewerbung ein. Selbst Brasiliens damaliger Präsident soll eingeweiht gewesen sein.

Wer zu insgesamt 198 Jahren Haft verurteilt ist, hat nicht mehr viel zu verlieren. Wohl auch deshalb sprudelte es aus Sérgio Cabral am Donnerstag bei einer Gerichtsanhörung nur so heraus. Der ehemalige Gouverneur von Rio de Janeiro erzählte, wie sich die brasilianische Metropole den Zuschlag für die Olympischen Sommerspiele 2016 erkaufte.

Von der Anhörung gibt es Videoaufnahmen in schlechter Qualität. Doch es ist deutlich zu vernehmen, wie Cabral Ross und Reiter nennt. Selbst der damalige Präsident Luiz Inácio Lula da Silva habe von der Bestechung gewusst. Als Empfänger der Schmiergeldzahlungen nennt Cabral konkret den früheren Stabhochspringer Sergej Bubka aus der Ukraine, IOC-Mitglied seit 2008 und heutiger Vizepräsident des Leichtathletik-Weltverbandes, sowie den früheren russischen Schwimmer Alexander Popow.

Ein Triumvirat, bestehend aus ihm selbst, dem Olympia-Organisationschef Carlos Arthur Nuzman sowie dem brasilianischen Unternehmer Arthur Cesar Soares de Menezes Filho, habe vor der Abstimmung beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) 2009 für zwei Millionen US-Dollar die Stimmen mehrerer IOC-Mitglieder gekauft, erzählt Cabral. Unterstützung hätten die drei vom langjährigen Chef des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF und IOC-Mitglied Lamine Diack sowie dessen Sohn bekommen.

Nun überraschten die Aussagen von Cabral, der – auch eine Leistung in Brasilien – als einer der korruptesten Politiker Brasilien gilt, nicht wirklich. Schwere Anschuldigungen in diese Richtung gibt es schon lange. Und Rio-Organisationschef Nuzman war wegen der Vorgänge um die Olympia-Vergabe nach Rio im Oktober 2017 verhaftet worden. Neu ist indes, dass einer der Beschuldigten die Zahlung von Schmiergeldern offen zugibt.

Cabrals Aussagen belasten das IOC

Cabrals Aussagen belasten nicht nur einzelne Funktionäre und Politiker, sondern vor allem das IOC mit seinem Präsidenten Thomas Bach. Der olympische Dachverband teilte wenige Stunden nach Cabrals Vernehmung flugs mit, dass die Ethikkommission den Vorwürfen „unverzüglich nachgegangen“ sei. „Das IOC ist fest entschlossen, sich mit allen Fragen zu befassen, die vor den weitreichenden Reformen der Olympischen Agenda 2020 aufgetreten sind“, hieß es in einem Statement weiter. Was das IOC um seinen deutschen Präsidenten Bach damit vor allem zum Ausdruck bringen wollte: Die Verfehlungen liegen in der Vergangenheit, in der Zukunft kann das nicht mehr passieren.

Im Jahr 2012 war noch alles gut für Sergio Cabral (r.). Hier lächelt er neben David Cameron für ein Foto beim Laureus Award. Inzwischen sitzt Cabral im Gefängnis.
Im Jahr 2012 war noch alles gut für Sergio Cabral (r.). Hier lächelt er neben David Cameron für ein Foto beim Laureus Award. Inzwischen sitzt Cabral im Gefängnis.

© dpa

Die Olympische Agenda 2020 war Ende 2014 verabschiedet und erst vor wenigen Tagen, auf einer IOC-Versammlung in Lausanne, fortgeschrieben worden. Vereinfacht zusammengefasst, soll die Ausrichtung Olympischen Spiele für potenzielle Bewerber erschwinglicher und vor allen Dingen erfolgversprechender werden. Zwei sogenannte Future Host Commissions sollen aus dem IOC heraus klare Empfehlungen abgeben, über die dann die IOC-Session entscheidet. Im besten Fall soll es sich um einen einzigen Kandidaten handeln. Das IOC will nicht mehr wie bisher so viele Verliererstädte produzieren, die viel Geld für eine dann erfolglose Bewerbung ausgegeben haben.

Schließlich geht mit der Kür eines mehr oder weniger festgelegten Kandidaten vermutlich einher, dass mögliche Schmiergeldzahlungen an die Wahlmänner und -frauen ausbleiben. Das heißt aber nicht, dass das IOC die Korruption los ist. Im Gegenteil – die Entscheidungsprozesse, basierend auf den Empfehlungen der Future Host Commissions, dürften noch undurchsichtiger werden. Und auch die Mitglieder der Host Commissions dürften nun interessant werden für den einen oder anderen zwielichtigen Funktionär. Von daher: Nährboden für Korruption gibt es auch mit der Agenda 2020 beim IOC.

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