zum Hauptinhalt
Potsdam (li.) und Dresden stehen sich erneut im Finale um den GFL-Bowl gegenüber.

© Imago/Foot Bowl/Patrick Klix

Football-Präsident zur Situation der Sportart in Deutschland: „Berlin ist ein komisches Pflaster“

Fuad Merdanovic ist seit 2019 Präsident vom American Football Verband Deutschland. Er spricht vor dem Liga-Finale über die Dominanz der Ostteams, strukturelle Herausforderungen und die Auswirkungen des NFL-Gastspiels in Berlin.

Stand:

Herr Merdanovic, das Finale um den GFL-Bowl zwischen den dominanten Teams Dresden und Potsdam in Dresden muss ein Wunschszenario für den Verband sein.
Als wir uns für Dresden entschieden haben, gab es natürlich die Hoffnung, dass das Heimteam auch im Finale steht, weil das für eine entsprechende Kulisse sorgt. Auf Dresdner Seite war es ein knappes Halbfinale, da mussten wir noch ein wenig zittern. Aber ich denke schon, dass wir jetzt ein Traumfinale haben.

Es werden um die 20.000 Tickets verkauft. Die Monarchs dürften als Heimteam also einen großen Vorteil haben, was die Unterstützung angeht.
Die Royals rechnen mit 1500 bis 2000 Potsdamern und auch Berlinern, die dabei sein werden. Aber ich gehe davon aus, dass ein Großteil der Anwesenden die Monarchs unterstützt.

Das ist eine große Herausforderung für die Royals auf dem Weg zum Meister-Triple.
Die Konstellation ist ziemlich lustig, dass Potsdam als Tabellenerster nach der Hauptrunde auf dem Papier Heimrecht im Finale hat. Und bekommt damit die Haupttribünenseite zugeteilt. Dresden ist als Heimteam das Auswärtsteam und entsprechend auf der gegenüberliegenden Seite untergebracht.

Die Potsdamer sind wohl ganz froh, dass sie die VIP-Plätze hinter sich haben und nicht die geballte Fantribüne. Lautstärke kann im Football durchaus entscheidend sein. Und darauf bereiten sich die Potsdamer, wie ich gehört habe, auch gezielt vor.

Diese beiden Teams, die schon letztes Jahr im Finale standen, sind der Konkurrenz ein Stück weit entrückt.
Man denkt ja, dass diese beiden Standorte einige Ähnlichkeiten aufweisen, aber die Unterschiede sind sehr groß. Bei den Dresdner sieht man seit 15 Jahren, dass sie sich Schritt für Schritt strukturell besser aufstellen, was den Verein betrifft. Mit über 1500 Mitgliedern sind die Monarchs der größte Verein, den wir im AFVD haben.

Sie haben ein eigenes Trainingsgelände, auf dem der Kunstrasen erneuert wurde. Das Heinz-Steyer-Stadion ist auch saniert worden und es hat alles, was man sich nur wünschen kann. In Zukunft wird auch das Vereinsgelände erweitert. Man sieht also, dass die Stadt und auch das Land komplett dahinterstehen. Das krasse Gegenteil dazu sind die Potsdam Royals.

Inwiefern?
Sie sind sehr jung und spielen noch gar nicht so lange in der GFL. Vor allem haben sie sehr viele Probleme mit ihrer Heimspielstätte. Es wird vom Präsidium angestrebt, langfristig zu denken und entsprechende Strukturen zu schaffen, aber sie stoßen in Potsdam damit an ihre Grenzen.

Die Royals durften vor einigen Jahren im Karl-Liebknecht-Stadion spielen, aber das ist nicht mehr der Fall. Das Stadion am Luftschiffhafen ist zwar saniert und sie können dort spielen, aber sie sind sehr limitiert, was die Sitzplätze und VIP-Bereiche betrifft. Am Ende des Jahres fehlen 100.000 bis 200.000 Euro an Einnahmen, die man nicht in den Verein investieren kann.

Berlin ist ein komisches Pflaster. Das merke ich, seitdem ich 2019 ins Amt gewählt wurde.

Fuad Merdanovic, AFVD-Präsident

Es gibt sogar Pläne, die Stadt zu verlassen, falls nichts passiert.
Wir sind auch in Gesprächen mit der Stadt, in Berlin-Brandenburg sind die Royals mit 500 Mitgliedern inzwischen der größte Verein. Wenn ein Stadion wie das Karli von der Stadt komplett in Vereinshände gegeben wurde, fehlt der Zugriff. Und damit ist es schwierig, einen wachsenden Verein in einem trendigen Sport unterzubringen.

Es dauert gerne mal 10 oder 20 Jahre, bis in Deutschland ein neues Stadion entsteht. Solche Pläne würden den Potsdamern aktuell nicht helfen. Am Sonntag findet die Stichwahl zur Oberbürgermeisterin oder zum Oberbürgermeister statt. Aber die gewählte Person kann auch nicht zaubern.

In Berlin läuft es sportlich nicht so rund. Die Rebels haben immerhin das Viertelfinale erreicht, aber die Adler spielen seit dem Zwangsabstieg 2024 nur noch in der Regionalliga. Und Berlin Thunder bleibt auch ein Sorgenkind.
Berlin ist ein komisches Pflaster. Das merke ich, seitdem ich 2019 ins Amt gewählt wurde. Wir entwickeln uns nicht merklich weiter, was die Gesamtzahl der Mitglieder betrifft. Wenn wir nicht wachsen, können wir auch nicht besser werden.

Berlin ist bekannt dafür, dass viele von einem Verein zum anderen wandern, wenn es hier oder dort nicht gefällt. Das versuchen wir irgendwie zu durchbrechen. Es war natürlich nicht hilfreich, dass wir wegen der Coronabestimmungen 2020 gar nicht spielen durften. Die Probleme spüren wir jetzt.

Erklären Sie das bitte.
In der A-Jugend können wir keine Mannschaft stellen. Berlin war ja bekannt dafür gewesen, mit den Adlern und den Rebels in den GFL Juniors zwei sehr gute Teams zu haben. Beide sind weggebrochen. Wir müssen aus diesem Loch herauskommen. Potsdam ist mit den Royals zum Glück dabei.

Positiv ist, dass wir schon sehr früh und sehr lange auf Flag Football gesetzt haben – noch bevor die NFL mit dem Flag-Programm nach Deutschland gekommen ist. Im vergangenen Jahr gab es fünf bis sechs Neugründungen, in diesem Jahr wird es ähnlich sein. Davon profitieren wir als Verband, aber wir müssen schauen, dass wir diesen Trend mit dem Tackle Football vereinen. Die Kapazitäten bleiben aber auch hier eine Herausforderung.

Kommen wir noch mal zur GFL zurück. Wo sehen Sie hier Chancen der Weiterentwicklung?
Vor drei Jahren gab es die Idee der GFL, sich selbst zu verwalten und sich herauszulösen aus dem AFVD. Seitdem wir stetig an der Entwicklung gearbeitet und auch ein hauptamtlicher Geschäftsführer eingestellt.

Als Verband und Lizenzgeber versuchen wir, jedes Jahr die Daumenschrauben etwas anzuziehen und verpflichten die Vereine, in die Strukturen zu investieren und nicht alles Geld Importspielern zuzustecken.

Wenn man in jedem Verein einen hauptamtlichen Mitarbeiter hat, ist das ein erster Schritt. Dann merkt man auch schnell, dass die Strukturen besser werden. Wir fordern einheitliche Haushaltspläne ein und verpflichten die Vereine, im gleichen Kontorahmen Buchhaltung zu machen, um die Zahlen für das Lizenzverfahren besser vergleichen zu können. Die Vereine merken das und sind teilweise auch genervt, aber es gibt keine Alternativen dazu.

Im November hat die NFL ein Gastspiel in Berlin. Können die Vereine davon profitieren?
Was den Sport betrifft, ist das losgelöst. Nicht nur, weil wir im Amateurbereich nach anderen Regeln spielen und der Sport kaum miteinander zu vergleichen ist. Durch die Konstellation, dass die NFL gerne nach Berlin kommen wollte und auch die Senatsverwaltung großes Interesse daran hatte, haben beide Seiten vereinbart, dass auch der Amateursport davon profitieren sollte.

Es wurden Lotto-Mittel akquiriert, die wir über die nächsten Jahre als Fördermittel investieren können. Wir können hauptamtliche Trainer einstellen oder Mitarbeiter, die tagtäglich die Vereine unterstützen. Somit profitieren wir von diesem Spiel.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })