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Philipp Nawrath landete in den Einzelrennen nur im Mittelfeld, so wie die anderen deutschen Männer bei der Biathlon-WM auch.

© dpa/Martin Schutt

Franziska Preuß schönt die WM-Bilanz: In Biathlon-Deutschland droht die große Leere

Fünf Medaillen bei der WM sind eine ordentliche Bilanz, die ohne Franziska Preuß allerdings deutlich trister ausgefallen wäre. Gerade im Männer-Bereich geht derzeit fast nichts.

Jörg Leopold
Ein Kommentar von Jörg Leopold

Stand:

Beginnen wir mit einer guten Nachricht: Deutschland hat bei der Biathlon-WM die drittmeisten Medaillen gewonnen und ist eine von nur vier Nationen, für die es in Lenzerheide zu einem Titel gereicht hat.

Die weniger gute Nachricht ist: Vier der fünf Medaillen gingen mehr oder weniger allein auf das Konto von Franziska Preuß. Die Verfolgungsweltmeisterin schaffte es zudem in allen Einzelrennen unter die besten zehn.

Hinter Preuß klafft allerdings die große Leere, ohne die Vorzeigeathletin im deutschen Biathlon würde die WM-Bilanz dramatisch schlecht aussehen. Denn in den Einzelrennen gab es abgesehen von Preuß insgesamt nur noch zwei weitere Top-Ten-Ergebnisse.

Natürlich, nicht bei jeder WM sind reihenweise Medaillen möglich. Und Ausnahmesportler fallen eben auch in Deutschland nicht vom Himmel. Aber schon bei der WM im Vorjahr war das Ergebnis enttäuschend, letztmals mehr Podestplätze als in diesem Jahr gab es 2019.

Das war auch das Jahr, in dem Frankreich letztmals im Medaillenspiegel hinter Deutschland lag. Seither gibt es in unserem Nachbarland gefühlt immer wieder neue potenzielle Weltmeisterinnen und Weltmeister, der Nachwuchs drängt nach.

Hier gibt es bei den deutschen Frauen immerhin Selina Grotian, auch wenn die 20-Jährige bei der WM nicht ihre Topform abrufen konnte. Auch Julia Tannheimer (19) deutete bei der WM durchaus ihr Potenzial an. Ein bisschen Hoffnung besteht folglich. Deutlich schlimmer ist die Lage bei den Männern. „Die Abstände sind riesig und das ist nichts, was mich als Verantwortlichen zufrieden stellen kann“, fasste Sportdirektor Felix Bitterling die Realität zusammen.

Seit den 1990er Jahren herrscht hierzulande eine regelrechte Biathlon-Euphorie, kräftig befeuert noch durch die ausführlichen und oft auch erstaunlich kritikfreien Übertragungen bei ARD und ZDF. Doch irgendwie kommt nicht mehr so viel nach, anders als Norwegen ist Deutschland eben keine klassische, nordische Wintersportnation. Gerade im Langlauf-Bereich ist das auch keine wirkliche Neuigkeit.

Und das ist dann die richtig schlechte Nachricht: Die Abstände zu den Top-Nationen sind inzwischen gewaltig, die Verantwortung für den Gesamterfolg liegt auf wenigen Schultern. Vielleicht ist das alles nur ein Durchhänger, die Alarmzeichen allerdings sind nicht zu übersehen.

Im kommenden Jahr stehen wieder Olympische Spiele an, Deutschland führt den ewigen Medaillenspiegel im Biathlon immer noch an. Seit 1980 gab es bei Olympia bisher nur einmal keine deutschen Goldmedaillengewinner. Gut möglich, dass das künftig nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sein wird.

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