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Tanz mit den Großen. Die Spieler der Füchse Berlin feiern nach dem 30:24-Auswärtssieg in Magdeburg den dritten Platz und damit den Einzug in die Champions League.

© Harald Ottke

Handball: Füchse: Aufstieg mit Bodenkontakt

Trotz des Einzugs in die Champions League verlieren die Füchse Berlin nicht den Blick für die wirtschaftliche Realität. Der dritte Platz kostet den Verein erst einmal viel Geld.

Berlin - Am Morgen danach sitzt Bob Hanning schon wieder in einer Sporthalle. Als wäre ein paar Stunden zuvor nichts Besonderes geschehen, beobachtet der Füchse-Geschäftsführer im Korber-Sportzentrum die Qualifikationsspiele zur Jugend-Bundesliga. „Ich brauche das“, sagt der 43-Jährige. Er gibt dann aber doch zu: „Etwas müde bin ich schon. Die Feier beim Italiener in der letzten Nacht, bei der die Jungs so richtig Gas gegeben haben, ist auch an meine Substanz gegangen.“ Aber es wäre nicht der umtriebige Hanning, wenn er sich nach dem 30:24-Sieg beim SC Magdeburg und der damit verbundenen direkten Qualifikation zur Champions League erst einmal zufrieden zurückgelehnt hätte. „Ich hatte auch überhaupt keine Angst vor einer Niederlage dort, die hätte uns nicht zurückgeworfen“, sagt er. „Dann wären wir den Weg über die Qualifikation gegangen.“

Der dritte Platz in der Bundesliga kostet den Verein erst einmal richtig viel Geld. „Am Montag überweisen wir zur EHF nach Wien die Startgebühr von 25 000 Euro“, erklärt Bob Hanning. Später werden noch einmal 50 000 Euro für einen speziellen Hallenbelag fällig, der von der EHF für die Champions League vorgeschrieben wird. „Dieses Geld muss ich auftreiben“, sagt Hanning. Große Sprünge auf dem Transfermarkt sind auch deswegen nicht vorgesehen: „Ich sehe die Schlagzeilen schon vor mir: Füchse haben sich an der Champions League verschluckt!“, sagt Hanning, das werde auf keinen Fall passieren.

Die Ausgaben sind im 4,5-Millionen-Etat der Füchse nicht vorgesehen gewesen, könnten aber wieder eingespielt werden, denn in dieser Saison erhält jedes Team in der Gruppenphase 40 000 Euro, die vier Ersten darin noch einmal von 40 000 bis 10 000 Euro und die Teilnehmer am Achtelfinale 25 000 Euro. Das zeigt andererseits auch, dass es in der Champions League mindestens bis zum Februar 2012 dauern wird, bis die Füchse darin überhaupt Geld verdienen können.

Ob ihnen das gelingt, wird auch stark von der Auslosung abhängen, die am 28. Juni in Wien vorgenommen wird. Am 3. September beginnt dann der Wettbewerb, an dem 39 Teams beteiligt sein werden. 24 davon werden in vier Gruppen spielen, wobei die vier Besten ins Achtelfinale kommen und die Teams auf den Plätzen fünf und sechs im Cup der Pokalsieger weiterspielen dürfen. Allein die Gruppenspiele könnten den Füchsen bereits die allerschwersten Konkurrenten bringen, vom FC Barcelona und Ciudad Real aus Spanien bis hin zum Meister HSV und seinem Vorgänger THW Kiel aus der Bundesliga.

Die Füchse, die bei der Auslosung wohl im Topf vier sein werden, könnten zunächst nicht auf St. Petersburg, Chambéry aus Frankreich und Leon aus Spanien treffen. Alle anderen Gegner sind möglich – auch die Rhein-Neckar Löwen.

Dass die Champions League keinesfalls nur eine Mischung aus Geld, Top-Spielen und riesigem Image-Gewinn ist, wird am Beispiel der Füchse sehr deutlich. „Wir werden auf keinen Fall für diese Spiele in die Arena am Ostbahnhof gehen“, sagt Bob Hanning und fügt nicht ganz ernst gemeint hinzu: „Wir stellen eher den Antrag, die Schmeling-Halle in Fuchsbau umzubenennen.“

Was er damit kennzeichnen will, ist die enge Verbundenheit der Füchse mit ihren Fans in der mittlerweile von vielen Teams gefürchteten Heimspielstätte. Da hat sich seit dem Start unter dem Namen Füchse Berlin in der Zweiten Bundesliga im Jahre 2005 etwas entwickelt, was mittlerweile zu einer besonderen Stärke der Füchse geworden ist. Hanning erzählt sehr gern davon, wie alles angefangen hatte. Wie er einst versuchte, zusammen mit einigen Mitstreitern neue, professionelle Strukturen aufzubauen. Einen Schuhkarton habe er gehabt, sagt er, einen Karton voller Unterlagen und ein Büro ohne Möbel. Aber immer auch eine Vision, etwas ohne Schulden und immer mit Blick auf den Nachwuchs aufbauen zu wollen.

Die hat er auch nach nunmehr vier Jahren in der Ersten Liga und dem sensationellen Sprung in die Champions League nicht aufgegeben. Natürlich würde es sich jetzt rein formal anbieten, neben den bereits neu verpflichteten Iker Romero, Jewgeni Pewnow und Jonathan Stenbäcken speziell auf der Linkshänderposition, die zuletzt im erfolgreichen Füchse-Team etwas abfiel, nach einer Top-Verstärkung zu suchen. Aber davon will Hanning nichts wissen. „Wir haben da mit Alexander Petersson und Mark Bult zwei gute Spieler, die sich auch wieder steigern werden“, erklärt er. Trainer Dagur Sigurdsson sieht nicht die Gefahr der Überbelastung in der kommenden Saison. „Ich möchte eher, dass alle Spieler noch mehr Einsätze bekommen. Wir können uns absolut noch weiterentwickeln“, sagt er.

Der Isländer denkt dabei auch an den erfolgreichen Füchse-Nachwuchs, aus dem in Colja Löffler und Johannes Sellin zwei Spieler hervorgegangen sind, die die ganze Saison über im Team standen. Diese Entwicklung der Talente ist für Bob Hanning schon genauso wichtig wie die Belange der Bundesliga-Mannschaft. Am liebsten würde er es sehen, wenn die Endrunden um die deutsche Meisterschaft der A- und B-Jugend am kommenden Wochenende im Korber-Zentrum genau so eine große Aufmerksamkeit bekämen wie der Einzug in die Champions League. Hanning meint das völlig ernst, sonst wäre er am Tag nach dem großen Triumph nicht sofort wieder dort gewesen. „Handball ist mein Leben“, sagt er, „ich werde auch in der einen Woche Urlaub in Österreich daran denken.“

Wer nach dem Erfolgsgeheimnis der Füchse fragt, findet auch darin eine Antwort.

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