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Für Radprofi Philipp Walsleben ist schlechtes Wetter relativ.

© dpa

Kolumne „Abgefahren“: Für Radfahrer ist das Wetter ein Thema für sich

Unser Kolumnist bekennt sich zu einer ausgeprägten Regenallergie. Trotzdem lässt es sich zuweilen nicht verhindern, dass er auf dem Fahrrad nass wird.

Michael Wiedersich ist Sportjournalist und Radsporttrainer. Hier schreibt er im Wechsel mit Läuferin Jeannette Hagen.

„Sonnenschein ist köstlich, Regen erfrischend, Wind fordert heraus, Schnee macht fröhlich; im Grunde gibt es kein schlechtes Wetter, nur verschiedene Arten von gutem Wetter“: Wenn es darum geht, als Radfahrer selbst dem schlechtesten Wetter etwas Positives abzugewinnen, trifft dieses Zitat des englischen Schriftstellers und Philosophen John Ruskin es am besten.

Geschützt mit Wetter-App und Regenradar

Als ich vor einigen Tagen mit zwei Radsportfreunden südlich von Berlin unterwegs war und es irgendwann zu regnen anfing, fiel mir dieses Bonmot wieder ein. Der Regen hatte es geschafft, einige Stellen meines Körpers zu erreichen, trotz wasserabweisender Kleidung. Was an diesem Wetter nun gut sein sollte, erschloss sich mir bei allem angestrengten positiven Denken nicht. Überhaupt: Das Wetter und die Radfahrer, das ist immer, und gerade im Winter, ein Thema für sich.

Ich bekenne mich zu meiner ausgeprägten Regenallergie. Wenn die Wolken am Himmel zu dicht sind, bin ich lieber vorsichtig in Sachen Outdoor-Sport. Eine Wetter-App ist mein täglicher Begleiter und ganz besonders die Live-Bilder des Regenradars haben es mir angetan. Wie ist die Windrichtung, wie hoch die Temperatur und vor allem, wie hoch ist das Regenrisiko? Alles Fragen, die beim Frühstück schon abgeklärt werden können.

Klar, dass ich natürlich nicht nur einem Regenradar vertraue. Ein Plausibilitäts-Check bei der Konkurrenz versteht sich von selbst und sorgt für eine noch höhere Treffsicherheit zur Vorhersage möglicher Schauer. Inzwischen habe ich sogar auf meinem Radcomputer ein aktuelles Radarbild, das mir die dunklen Wolken anzeigt, die in meine Richtung ziehen. Im nächsten Leben werde ich mich als Meteorologe versuchen.

Raus mit dem Rad geht es dann auch nur, wenn ich wenigstens zwei Stunden von der Nässe verschont bleibe. Sonst lohnt es gar nicht, sich überhaupt in die ganze Spezialkleidung hineinzuzwängen. Ganz abgesehen von den Maßnahmen, die am Rad notwendig werden. Steckschutzbleche sind zwar schnell angebaut, aber die Feinmontage kann schon mal dauern. Wenn bei jedem Dreckkrümel der Reifen am Schutzblech schleift, macht das alles noch weniger Spaß.

Einfachste Variante: Das Wetter ignorieren

Die einfachste Variante, sich den Unbilden des Wetters zu stellen, ist vermutlich, es einfach zu ignorieren. So wie Radprofi Philipp Walsleben, den ich vor einigen Tagen bei besagter Trainingsfahrt zusammen mit seinem Radsport-Kumpel getroffen habe. Anfangs war noch alles schön trocken, wie es „mein“ Wetterbericht vorhergesagt hatte. 25 Kilometer von der heißen Dusche zuhause entfernt fing es erst leicht, dann stärker an zu regnen.

Etwas Ärger stieg in mir auf. Irgendwie muss bei meiner intensiven Regenrecherche am Morgen etwas völlig danebengegangen sein. Wenigstens stand der Wind günstig, sodass wir zu dritt relativ flott unterwegs waren.

Während Walslebens Radsport-Freund und ich den direkten Weg nachhause ansteuerten, war für den Teamkollegen von Cyclocross-Weltmeister Mathieu van der Poel noch lange nicht Schluss. Seinem Trainingsplan folgend trotzte er noch einige Stunden dem schlechten Wetter. Mein Respekt war ihm gewiss. „Er hat noch einiges vor und wird ja auch dafür bezahlt“, war der knappe Kommentar des Sportsfreundes, als Walsleben einsam weiter in die Regenwolken fuhr.

Vermutlich hat er Recht, aber Radprofi wäre dann doch kein Job für mich gewesen.

Michael Wiedersich

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