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Sport: Gefühlte Meisterschaft

Mainz feiert ausgiebig den Verbleib in der Fußball-Bundesliga – und Trainer Klopp plant schon für die nächste Saison

Auch Jürgen Klopp lernt noch dazu. Beim Spiel in Gladbach vor drei Wochen sprintete der Trainer des FSV Mainz 05 wie ein wilder Tiger zu seinen Spielern, um mit ihnen den späten Ausgleich zum 1:1 zu feiern. Dabei stürzte er über eine Werbebande. Dieses Mal stellte er sich geschickter an. Klopp musste einige Hürden überwinden, ehe er endlich im Fanblock auf der Südtribüne angekommen war. Weder ein verzwicktes Netz, mit dem er kurz zu kämpfen hatte, noch ein hoher Zaun konnten ihn aufhalten. Klopp schnappte sich ein Mikrofon und stimmte den Chor der Glückseligen an. Ein fröhliches „Umba“, danach noch ein paar Karnevalslieder und natürlich eine Laudatio für seine Fans und Spieler.

Und das alles, obwohl in den 90 Minuten zuvor nicht viel nach seinen Vorstellungen lief. 2:4 verloren die Mainzer. Aber das war ihm diesmal schlicht egal. Durch die Niederlagen von Bochum und Rostock steht seit Samstag fest, dass Mainz in der Bundesliga bleibt. „Für mich ist das eine gefühlte Meisterschaft“, sagt Klopp. „Wir werden bestimmt erst in einigen Tagen realisieren, was wir hier erreicht haben.“ Und das ist mehr als nur der Klassenerhalt, was ihnen sogar Felix Magath bestätigte: „Der FSV Mainz hat Belebung in die Bundesliga gebracht und wir freuen uns schon, in der nächsten Saison wiederkommen zu dürfen“, sagte Bayerns Trainer. Und auch Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack lobte die Mainzer: „Für Mainz ist das sensationell. Das ist ein sympathischer Verein, der sich den Klassenerhalt redlich verdient hat.“ Solche Worte gehen Jürgen Klopp runter wie Öl. Genau wie das Bier, das ihm seine Spieler zuerst literweise übergeschüttet hatten, bevor Klopp endlich zum Trinken kam.

Es war eine turbulente Saison für Klopp. Er und Mainz waren Anfang der Saison in aller Munde. Erfrischend anders sei Klopp: Wortgewandt, sympathisch, mit Elan und Sachverstand. Deshalb wird er auch beim ZDF als Experte beim Konföderationen-Pokal und im nächsten Jahr bei der Weltmeisterschaft in Deutschland zu sehen sein.

Die Mainzer werden nach dem Abstieg des SC Freiburg in der kommenden Saison der letzte einzige krasse Außenseiter der Liga sein. Präsident Harald Strutz kokettiert gerne mit diesem Image: „Wir sind die Gallier der Liga.“ Das lässt sich mit Zahlen belegen: 23 Millionen Euro beträgt der Etat der Mainzer, der Ligadurchschnitt liegt bei 58 Millionen. Und aus dem Ticket-Verkauf erwirtschaften die Mainzer 4,2 Millionen Euro, der Ligadurchschnitt liegt bei 13 Millionen. Ein bisschen vergrößern würden sich die Mainzer trotzdem gerne. Vor allem ein neues Stadion mit etwa 30 000 Plätzen statt dem kleinen Stadion am Bruchweg, in das nur 20 300 Zuschauer passen, wäre ihnen recht. „30 000 Wahnsinnige hier im Stadion, das wäre toll, aber das ist zur Zeit nicht realistisch, weil Stadt und Land kaum Geld haben“, weiß Klopp. In naher Zukunft steht erst einmal ein personeller Umbau der Mannschaft bevor.

Dabei werde man aber nicht auf ausgediente Profis zurückgreifen, die noch mal ein bisschen kicken wollen, erzählt Klopp. Außerdem sind zwei wichtige Stützen der Mannschaft vakant: Die Verträge von Fabian Gerber und Stürmer Benjamin Auer laufen aus. Beiden liegen Angebote von anderen Vereinen vor. Auer soll sogar von einem italienischen Erstligisten beobachtet werden. „Das werden wir vielleicht schon in dieser Woche alles klären können“, sagt Manager Christian Heidel. Aber egal, wer nächste Saison in Mainz spielt, es wird die eigentliche Bewährungsprobe sein. Jürgen Klopp kennt die Phrase von der zweiten Saison in der Bundesliga, die die schwerere sei: „Aber wir können drin bleiben, wenn wir kontinuierlich weiter arbeiten, die Erwartungen im normalen Bereich bleiben und niemand durchdreht.“

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