Sport: Gegenwind aus Kiel
Die schleswig-holsteinische Hauptstadt buhlt um die Segel-WM 2007 – gegen Rostock-Warnemünde und Leipzigs Olympiabewerbung
Berlin. Für knapp 1500 Euro bekommt der Segler alles, was er braucht: „Holzbeplankte Schwimmstege“, Bootswerft und Motorenwerkstatt, und an Bord gibt es drahtlosen Internetzugang über Wireless LAN. Im April wird der Rostocker Olympiahafen „Hohe Düne“ eröffnet. Wer jetzt schon einen Vierjahresvertrag abschließt, so verspricht die Betreibergesellschaft, dem wird die erste Jahresmiete erlassen.
Dafür blicken die Segler bis 2005 am Ufer statt auf ein luxuriöses Fünf-Sterne-Hotel noch auf Sandhügel und Baukräne. Und ob der neue Hafen wirklich bald Austragungort großer Sportereignisse wird, ist ungewiss. Die gemeinsame Bewerbung Leipzigs und Rostocks um die Olympischen Sommerspiele 2012 hat wenig Aussicht auf Erfolg. Die Korruptionsaffäre um den Bau der Münchner Allianz-Arena hat der deutschen Bewerbung weiter geschadet.
Nun hat sich Rostock vorsorglich auch um die Ausrichtung der Segel-Weltmeisterschaften 2007 beworben. Bei dieser Großveranstaltung werden die Titelkämpfe aller Bootsklassen alle vier Jahre an einem Ort zusammengezogen. Im vergangenen Jahr fand in Cadiz die erste WM dieser Art statt. Der Weltverband Isaf entscheidet im September über die Vergabe, Anfang März mussten die Bewerbungen abgegeben werden. Neben Rostock-Warnemünde sind das Palma de Mallorca, Valencia und Cadiz aus Spanien, Athen, Aarhus, Medemblik (Niederlande), Halifax (Kanada), Largs (Großbritannien), Cascais (Portugal) – und ein Bewerber, der die Rostocker nicht erfreuen wird: Kiel.
Die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt, die bei der nationalen Ausscheidung für die Olympia-Bewerbung trotz besserer Bewertung gegen Rostock unterlegen war, könnte den Rostock-Leipziger Olympia-Bemühungen mit einer erfolgreichen WM-Bewerbung weiteren Schaden zufügen. Zudem könnte die doppelte deutsche Bewerbung auch die Chancen auf die Ausrichtung der WM selbst mindern. Denn nachdem der Isaf sich vor vier Jahren für Cadiz als Ausrichtungsort entschieden hatte, gab es Streit in Spanien: Die anderen drei Bewerber hielten sich für besser. Um ähnlichen Ärger zu vermeiden, sähe es der Weltverband lieber, wenn sich nur eine Stadt pro Land bewerben würde, sagt Uwe Jahnke vom Rostocker Olympiabüro. „Die Länder, die mit mehreren Bewerbern antreten, werden schlechtere Chancen haben“, glaubt Jahnke.
Zunächst war eine gemeinsame Bewerbung von Rostock, Travemünde und Kiel erwogen worden. Doch das scheiterte an der Vorgabe, kompakte Spiele zu veranstalten. Für Kiel, das sich selbst als „Weltstadt des Segelns“ bezeichnet, kam ein Verzicht nicht in Frage. „Wir können doch in Kiel jetzt nicht stagnieren, damit sich anderswo etwas entwickeln kann“, sagt Dieter Rümmeli, Wettfahrtleiter der Kieler Woche. Außerdem werde der Einfluss der olympischen Segelwettbewerbe auf die Gesamtbewerbung überschätzt. Wenn Leipzig am Meer läge, dann gäbe es in Deutschland gar keine zweite Bewerberstadt. „In Sydney war Segeln nur eine Sportart unter vielen“, sagt Rümmeli. Das Verhältnis zwischen Rostock und Kiel sei gut, versichern beide Seiten. Auf der Kieler Woche im Juni dürfen die Rostocker sogar ihr Olympiakonzept präsentieren – über die WM-Bewerbung müssen sie aber schweigen.
Wenn es ganz schlecht läuft für Rostock und Leipzig, dann könnte die Olympiabewerbung zu diesem Zeitpunkt schon verloren sein. Im Mai entscheidet das Internationale Olympische Komitee, ob Leipzig und Rostock in die Endauswahl kommen. Möglich, dass die deutsche Bewerbung schon an dieser Hürde scheitert. In diesem Fall wäre auch der Name des Rostocker Olympiahafens schon überholt, bevor er richtig in Betrieb genommen worden ist. „Wir würden uns natürlich über eine erfolgreiche Bewerbung riesig freuen“, sagt Klaus-Dieter Blasche, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft, „aber wir haben auch jetzt schon Vorteile gehabt“. Viele Hobbysegler wollen das potenzielle Olympiarevier ausprobieren. Und intern, sagt ein Mitarbeiter der Betreibergesellschaft, heiße der Hafen ohnehin jetzt schon einfach nur „Yachthafen Hohe Düne“.
Steffen Hudemann