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Sport: Große Fußstapfen

Dirk Nowitzki zieht sich 2008 aus dem deutschen Basketballteam zurück – und wer kommt dann?

Es gibt unterschiedliche Auffassungen über den morgendlichen Ausflug der deutschen Basketball-Nationalmannschaft zum Miyajima-Schrein. Nationalspieler Guido Grünheid sitzt im Gruppenraum des Prince-Hotels in Hiroshima und berichtet vom Kurztrip zu dieser bedeutenden japanischen Touristenattraktion. „Alle Spieler waren interessiert, sonst sehen wir von Japan ja nur etwas, wenn wir vom Hotel mit dem Bus zur Halle fahren.“ Kurz darauf schlurft sein Teamkollege Dirk Nowitzki in Badelatschen in den Raum, setzt sich auf einen Stuhl und gibt einen fast gegenteiligen Bericht. „Der Tempel war ganz nett“, sagt der deutsche Basketball-Star und popelt mit den Fingern an seinem großen Zeh, „aber man sollte so etwas nicht zu lange machen, wir sind ja kein Tourismusverein.“

Es spricht immerhin für Dirk Nowitzkis Professionalität, dass er sich bei der Weltmeisterschaft in Japan auch an spielfreien Tagen nach der Trainingshalle sehnt. „Wir haben noch zwei wichtige Spiele und wollen uns Platz zwei in unserer Gruppe sichern“, sagt der 28-Jährige vor den Spielen heute gegen Panama (9 Uhr, live im DSF) und am Donnerstag gegen Angola (6 Uhr, live im DSF). Demnächst wird der Deutsche Basketball-Bund jedoch auf die außergewöhnliche Berufsauffassung seines Superstars verzichten müssen. „Ich werde ab 2008 Pause machen“, bestätigte Nowitzki. Neben ihm werden mindestens auch Patrick Femerling und Ademola Okulaja im Nationalteam aufhören. „Die Generation Nowitzki geht zu Ende“, sagt Guido Grünheid, „und die Fußstapfen sind sehr groß, in die wir reintreten.“

Damit die Post-Nowitzki-Generation das schwere Erbe nicht gänzlich unvorbereitet antritt, hat Bundestrainer Dirk Bauermann in diesem Jahr einen sanften Umbruch begonnen. Mit Guido Grünheid (23), Johannes Herber (23), Jan Jagla (24) und Steffen Hamann (24) nahm er vier jüngere Spieler mit nach Japan, die nach 2008 den Kern der Nationalmannschaft bilden werden. Bauermann sieht seine Entscheidung auch als Entwicklungshilfe. „Wenn sie einmal gegen die Besten der Welt gespielt haben und danach nicht noch mehr trainieren und an ihren Schwächen arbeiten, haben sie eine große Gelegenheit verpasst“, sagt er.

Obwohl der Kern der deutschen Nationalmannschaft seit Jugendzeiten zusammenspielt, sind die neuen Spieler bereits gut integriert. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen kommen Grünheid, Jagla und Herber nicht um die typischen Aufgaben für Teamneulinge herum: Sie müssen Koffer ins Hotel schleppen und Handtücher tragen. Auf dem Spielfeld aber haben sie sich bereits als wichtige Hilfe erwiesen. „Man kann mit den drei Neuen zufrieden sein“, sagt Bauermann.

Hamann, der schon länger dabei ist, hat sich bei der Weltmeisterschaft als erster Aufbauspieler etabliert und erzielte in durchschnittlich 20 Spielminuten sechs Punkte und reichte 2,3 Assists. Gegen die überragenden spanischen Aufbauspieler Jose-Manuel Calderon und Juan-Carlos Navarro wirkte er allerdings in der Verteidigung überfordert – wie das gesamte deutsche Team. Bei der bisher einzigen Niederlage (71:92) gegen Spanien überzeugte allerdings Herber, der zehn Punkte erzielte und sein bisher bestes Spiel in der Nationalmannschaft machte. Freuen konnte er sich darüber nicht. „Jetzt ist erst einmal das Abschneiden der Mannschaft wichtig“, sagte der Zugang von Alba Berlin, „nach der WM kann man eine persönliche Bilanz ziehen.“

Guido Grünheid, der auf der Position von Dirk Nowitzki spielt, erhielt vom Bundestrainer bisher durchschnittlich fast zehn Minuten Spielzeit. „Ich bin zufrieden“, sagt er. Nur Jagla tut sich noch schwer, er hatte in der Vorbereitung geglänzt, in Japan aber hadert er mit sich und seiner Leistung. „Er muss lernen, sich nicht so schnell aufzuregen“, sagt Bauermann, „aber er ist schon professioneller geworden, vor zwei Jahren hat er im Training noch den Ball durch die Halle gefeuert.“

Bei der Frage nach dem Nachwuchs zieht Nowitzki die rechte Augenbraue hoch. „Wir brauchen frisches Blut“, sagt er, „aber da sieht es nicht rosig aus bei uns.“ Vor kurzem hat sich Grünheid beim DBB-Präsidenten Ingo Weiss erkundigt, mit wem er denn nach 2008 im Nationalteam spielen werde. „Im 86er-Jahrgang sollen ein paar gute Spieler sein“, berichtet der Power Forward vom Deutschen Meister Rhein Energie Köln. „Aber es ist normal, dass es nach einem Umbruch nicht so weitergeht wie vorher.“ Zumal die einzig entscheidende Person für die guten Ergebnisse der aktuellen Nationalmannschaft neben ihm auf einem Stuhl in der Mitte des Raumes sitzt und Badelatschen trägt. „Man muss auch ehrlich sein“, sagt Grünheid, „niemand weiß, ob es in Deutschland so einen Spieler wie Dirk Nowitzki noch einmal geben wird.“

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