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Hat sich entlockt. Silvio Heinevetter hält bei den Füchsen gerade wieder herausragend.

© Imago/Contrast

Füchse Berlin: Heine geht noch

Silvio Heinevetters starke Form könnte die Füchse auch in Europa weiterbringen. Am Sonntag gehen die Berliner mit einem Drei-Tore-Polster ins Play-off-Rückspiel gegen Chambery Savoie.

Silvio Heinevetter sitzt in einer Ecke der Lilli-Henoch-Halle, und um ihn herum tobt das Geschehen. In wenigen Minuten beginnt das Training der Füchse Berlin, aber für den Moment ist erstmal der Handball-Nachwuchs dran. Großes Turnier, Vergleich der Bundesländer. Bälle prallen, Schuhe quietschen, dazu lautes Gebrüll. Selbst im Geräuschpegel dieses Maschinenraums wird Heinevetter allerdings hellhörig bei einem Kompliment, seltsamerweise interveniert er zum eigenen Nachteil. „Ein paar Kilo verloren?“, fragt er ungläubig nach. Das kann und soll so nicht stehen bleiben, wie zum Gegenbeweis zupft der Torhüter an seinem Trainings-Shirt herum. „Die Klamotten sind in dieser Saison einfach ein bisschen weiter geschnitten, Vorteil für uns Spieler.“

Heinevetter macht das oft so bei diesem Treffen. Wenn es um die zentrale und – auf seine Person bezogen – spannendste Frage der letzten Monate geht, wenn es also darum geht, was seit Beginn des Jahres eigentlich mit ihm passiert ist, dann blockt der 31-Jährige ab. Dabei sind zumindest die äußeren Veränderungen so offensichtlich: Heinevetter trägt das Haar und seinen einst mächtigen Bart jetzt deutlich kürzer als vor mehreren Monaten, und an seiner Figur hat er ebenfalls gearbeitet (oder eben nicht). Auch unter sportlichen Aspekten kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass im Torwart-Pulli mit der Rückennummer 12 endlich wieder das Original steckt und nicht die bisweilen lust- und glücklose Kopie aus der Zeit um den Jahreswechsel.

Es war die wohl ereignisreichste Phase in der Karriere des Thüringers, seine Formtief kulminierte in der Nicht-Berücksichtigung für die Handball-EM in Polen, und angesichts der überragenden Leistungen von Andreas Wolff bei der EM sahen einige schon das Ende einer Ära nahen: der Ära Heinevetters als Nationalkeeper. Umso erstaunlicher ist sein Comeback. „Seit Januar war Heine immer gut, er hat brutal trainiert und gezeigt, dass er ein richtiger Kämpfer sein kann“, sagt Heinevetters Vereinstrainer Erlingur Richardsson, „der Druck auf ihn war damals riesig, aber er hat die richtige Antwort gegeben.“

Im Moment ist Silvio Heinevetter im Dauerhoch

Trotzdem will Heinevetter nicht im Detail darüber sprechen, was ihn gewurmt, angetrieben und zurückgebracht hat. „Kalter Kaffee“, sagt er und lächelt weitere Nachfragen einfach weg. Oder lenkt vom Thema ab. Oder sagt solche Sätze wie diesen: „Im Sport gibt es immer Höhen und Tiefen, man kann nicht ständig gewinnen oder super drauf sein, und damit muss man als Profi umgehen können.“

Im Moment ist Heinevetter im Dauerhoch. Dass die Füchse Berlin, aktuell Bundesliga-Dritter, an diesem Sonntag mit einem Drei-Tore-Polster ins Play-off-Rückspiel gegen Chambery Savoie (15 Uhr, Max-Schmeling-Halle) gehen und gute Chancen auf den Einzug in die Gruppenphase des EHF-Cups besitzen, ist auch und vor allem Heinevetters Verdienst. Beim 25:22-Hinspielsieg in den französischen Alpen war er vor einer Woche der beste Mann in einer kämpferisch guten, aber spielerisch eher mittelmäßigen Berliner Mannschaft. „Jetzt müssen wir das zuhause auch klar machen“, sagt Heinevetter. Noch eine Saison ohne Europapokal wie zuletzt lässt sich in Berlin nur schwer vermitteln, gerade als frisch gekürter Vereinsweltmeister, aber das wissen sie bei den Füchsen selbst am besten.

Es mag ein witziger Zufall sein, dass die Berliner auf dem Weg in die Gruppenphase erneut gegen Chambery antreten müssen, jenen Gegner also, an dem sie vor einem Jahr an selber Stelle noch gescheitert waren. Zu den Erlebnissen des Silvio Heinevetter in den vergangenen zwölf Monaten passt die Ansetzung allerdings, sie ist bildet quasi den Anfang einer Klammer. Seinerzeit haben sie das frühe Europapokal-Aus im Verein nämlich auch den Torhütern angelastet, also Heinevetter und seinem Kollegen Petr Stochl.

Heinevetter ist eines der bekanntesten Gesichter der Füchse und des deutschen Handballs insgesamt

Bob Hanning stellte sich in der Debatte zwar stets öffentlich vor seine Torhüter, außerhalb des Protokolls äußerte der Füchse-Manager aber sehr wohl Unzufriedenheit, gerade in Bezug auf Heinevetter. Das war erstaunlich, weil Heinevetter und Stochl bei den Füchsen lange als unantastbar galten. Heinevetter ist eines der bekanntesten Gesichter der Füchse und des deutschen Handballs insgesamt, und Kapitän Petr Stochl, der im April seinen 40. Geburtstag gefeiert hat, stand bereits zu Zweitliga-Zeiten im Berliner Tor. Die Torhüter waren über Jahre die Konstante bei den Füchsen, das zeigt sich auch auf den Mannschaftsfotos, die das Trainingszentrum schmücken. Der tschechische und der deutsche Nationalkeeper sitzen auf fast jedem nebeneinander.

In der Zeit, als es nicht so gut lief, haben sich die beiden vor allem gegenseitig geholfen und zu motivieren versucht, berichtet Heinevetter. „Ich bin froh, dass ich so einen erfahrenen Kollegen wie Petr an meiner Seite habe“, sagt er. Und Stochl wirft in der Diskussion das Argument ein, dass das Torhüterspiel seit jeher starken Schwankungen unterliegen kann. „Ich finde, dass Heine nicht so schlecht war, wie ihn damals viele gemacht haben“, sagt Stochl. Und Heinevetter sagt: „Wenn Petr das so wahrgenommen hat, dann wird es schon auch so stimmen.“

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