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Sport: Hertha BSC: Viel Geld und alle Freiheiten

Telefonate zwischen Dieter und Uli Hoeneß gestalten sich derzeit ungefähr so: "Hallo Uli, wie ist das Wetter bei euch in München?" - "Nicht so gut, Dieter, es regnet.

Telefonate zwischen Dieter und Uli Hoeneß gestalten sich derzeit ungefähr so: "Hallo Uli, wie ist das Wetter bei euch in München?" - "Nicht so gut, Dieter, es regnet. Und bei dir?" - "Bei uns in Berlin auch, Uli. Sonst noch was?." - "Nö".

Über Sebastian Deisler kein Wort. Angeblich. "Wir lassen im Augenblick dieses Thema ruhen", sagt Dieter Hoeneß, der Manager von Hertha BSC, zumal "wir uns beide in der Öffentlichkeit geäußert haben, was wir von diesen aktuellen Geschichten halten - gar nichts." Ansonsten sei es um das innerfamiliäre Klima bestens bestellt. Wirklich? Von beiden Managern wissen wir, dass sie in der Sache keine Verwandten kennen, schon gar nicht, wenn es um das größte Talent des deutschen Fußballs geht. Nachtragend ist ein Hoeneß aber nicht. "Sonst müsste der Uli ja seit zwei Jahren nicht mehr mit mir reden", sagt Dieter Hoeneß. Damals hatte er seinem ein Jahr älteren Bruder und Manager des FC Bayern Sebastian Deisler vor der Nase weggeschnappt.

Zum Thema Fotostrecke I: Hertha Backstage Fotostrecke II: Die Bilder der Saison 01/02 Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Dass sein Bruder aber nie locker lassen würde und versuchen wird, den 21-Jährigen bei der erstbesten sich bietenden Gelegenheit zu verpflichten, sei ihm eigentlich schon immer klar gewesen. Natürlich wäre es "ein Verlust, wenn er ginge", sagt Herthas Manager, "aber bei einem Spieler seiner Begabung mussten wir früh einkalkulieren, dass er von vielen umworben wird, nicht nur von den Bayern." Schlaflose Nächte habe er daher noch nicht - "eigentlich nie" - gehabt. "Wir können nicht davon ausgehen, dass er zwangläufig bei uns bleibt. Natürlich haben wir Vorsorge für beide Fälle getroffen." Für diese Überlegungen brauche man nicht erst eine "Handgeldgeschichte".

Angeblich ist ein schweres Handgeld geflossen in Richtung Deisler. Der große FC Bayern will ihn partout haben. Und wer will daran zweifeln, dass er kriegt, was er bekommt? Noch aber steht der junge Mann bei Hertha bis 2004 unter Vertrag. Für eine in seinem Vertrag festgeschriebene Ablösesumme könnte er im kommenden Sommer den Verein verlassen. Was also machen im Hause Hoeneß, wenn es um so viel wie Deisler geht? Mit einem wie ihm in der jeweiligen Mannschaft ginge vieles leichter, zumindest aber besser.

Näher erläutern will Dieter Hoeneß seinen Alternativplan nicht. "Es wird nicht einfach, wenn er geht, aber wir könnten reagieren, weil wir ein halbes Jahr Vorlauf hätten." Das setzt allerdings voraus, dass noch nichts entschieden ist und Deisler tatsächlich erst gegen Weihnachten einen Entschluss darüber fasst, wohin sein Weg führt. Bis dahin hat sich der Spieler Bedenkzeit erbeten. Herthas Manager hält nicht für ausgeschlossen, dass "er sich vielleicht schon gedanklich entschieden hat". Aber eine solche Entscheidung verlange eine "reifliche Überlegung". Unterschrieben werden könne ein neuer Vertrag frühestens am 15. Januar, wenn der Transfermarkt wieder geöffnet wird. Was aber nicht ausschließt, dass "vorher Abreden geschlossen werden".

Vor einem halben Jahr hörte sich derselbe Hoeneß etwas optimistischer an. Mitte April war es. Gerade war die Klausel in Deislers Vertrag öffentlich geworden, wonach er für 18 Millionen Mark wechseln kann. Hoeneß sagte damals: "Wir haben sehr gute Chancen, den Sebastian über das Jahr 2002 hinaus an uns zu binden." Hoeneß weiß, was Hertha an Deisler hat, und hofft, dass Deisler weiß, "was er an uns hat". Um den Nationalspieler soll eine Mannschaft gebaut werden, die mittelfristig ganz oben mitspielen kann. Wenn Herthas Manager in dieser Angelegenheit einen Vorsprung gegenüber seinem Bruder hat, dann einen mentalen. Er kennt Deisler gut, und umgekehrt. In Berlin machte der Spieler große Fortschritte, wurde Nationalspieler, und dort wie bei Hertha zum zentralen Gestalter. Mehr als acht Millionen Mark Jahreseinkommen hat ihm Hertha geboten und alle Freiheiten auf dem Fußballplatz. Wenn er nur seinen bestehenden Vertrag verlängert. "Glauben Sie mir", sagt Hoeneß, "dem Sebastian geht es nicht ums Geld. Das kaufe ich ihm auch ab." Das sieht auch Deislers Berater Jörg Neubauer so. Egal, wie sich Deisler entscheidet, "er ist so und so ein gemachter Mann", betont Hoeneß.

Von großer Bedeutung wird sein, was Deisler wirklich wichtig ist. Will er eine Entwicklung eines Vereins wie Hertha entscheidend mitgestalten, "oder aber will er zu einem Klub, der schon da ist, wo wir mit ihm hin wollen", sagt Hoeneß. Was den Spieler anbelangt, glaubt er zu wissen, dass er Anfragen aus dem Ausland bei Seite geschoben hat. "Ich könnte mir vorstellen, dass er bis zur WM 2006 auf jeden Fall in Deutschland bleiben möchte", sagt Hoeneß.

Möglich, dass sich Herthas Manager bewusst zurückhaltend und unaufgeregt äußert in der allgemeinen Aufgeregtheit um Deisler. Vielleicht treibt das ja den Spieler seiner Begierde zurück in seine Arme. Doch das bespricht man nicht am Telefon.

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