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Aufbauhelfer. Davie Selke (links) munterte Salomon Kalou auf, nachdem dieser in Freiburg gerade einen Elfmeter verschossen hatte. Kurz darauf verwandelte der Ivorer aber den zweiten Strafstoß.

© Seeger/dpa

DFB-Pokal: Hertha BSC will sich gegen den 1. FC Köln aus der Krise spielen

Hertha BSC will sich endlich den Traum vom Pokalfinale erfüllen – doch dafür muss sich das Team deutlich steigern.

Selbst drei Tage nach dem Elfmeter-Doppel von Salomon Kalou erzählen sich viele Herthaner noch davon. Wie der ivorische Stürmer beim Stande von 0:1 am Sonntag erst einen Strafstoß versemmelte, aber nur dreieinhalb Minuten erneut antrat, um den zweiten zu verwandeln. Es schwingt ein wenig Bewunderung mit in den Erzählungen – für dessen Mut, Nervenstärke und Coolness. Verständlich, dass sie sich nicht fragen, was eigentlich passiert wäre, wenn Kalou auch den zweiten verschossen und Hertha BSC das Spiel verloren hätte. Ist ja gerade noch mal gut gegangen, so halbwegs.

Man kann die Angelegenheit von Freiburg auch anders deuten. Leicht gehässig ginge es so: Mittlerweile braucht Hertha schon zwei Elfmeter, um ein Tor zu erzielen. So weit ist es schon gekommen. Und am Mittwoch kommt der 1. FC Köln ins Olympiastadion. Anstoß: 18.30 Uhr, ein Flutlichtspiel. Es ist Pokal. Wer weiterkommen will, braucht Tore. Zur Not in der Verlängerung oder im Elfmeterschießen.

Hertha fehlt es an Schwung nach vorn

Hertha hat im Herbst 2017 erhebliche Mühe, Tore zu erzielen. Der Spielaufbau gestaltet sich bieder bis zäh, zu selten bekommt die Mannschaft von Trainer Pal Dardai Vertikalität in ihr Offensivspiel. Von oben im Rang sieht es oft wie ein zielloses Geschiebe aus, neutrale Zuschauer empfinden es gar als Zumutung. Hertha attackiert kaum, kein Spieler sucht das Dribbling und geht ins Risiko. Gefühlt wird jeder zweite Ball hintenrum gespielt. Das hat dazu geführt, dass Hertha zu jenen Mannschaften der Liga zählt, die sich die wenigsten Torchancen erspielen. Nur der HSV ist in dieser Übung noch schlechter. Und der kommt am Samstag ins Olympiastadion.

„Tor-Situationen haben wir schon, ein größeres Problem wäre es, wenn die nicht hätten“, sagt Michael Preetz. Der 50 Jahre alte Manager von Hertha BSC hat einst selbst recht erfolgreich im Sturm gespielt. Ihm ist nicht entgangen, dass die Offensive nun massiv zulegen muss. Vor allem hat Hertha in vielen Spielen die möglichen Chancen ausgelassen, in Führung zu gehen. Für eine Mannschaft wie Hertha aber wäre das wichtig. Die Berliner sind nun mal keine Mannschaft, der es leicht fällt, nach Rückständen Spiele zu drehen.

Der einzige Weg zu mehr Torgefährlichkeit sei, weiterzumachen und dranzubleiben, sagt Preetz. Je länger man nicht trifft, desto verkrampfter werde der Einzelne und das Spiel der Gruppe. „Wenn das, was mal locker war, schwindet, dann musst du dir es umso härter zurückerarbeiten“, sagt Preetz. Gerade die Stürmer müssten jeden Zweikampf führen, als wäre es der letzte. „Irgendwann werden die Jungs ein Meter vor dem Tor stehen und dann sind die Bälle wieder da und ist wird ganz leicht sein, wieder ein Tor zu schießen“, sagt Preetz.

Auch Köln hat Probleme beim Abschluss

Herthas Gegner hat noch größere Nöte. Der FC hat überhaupt erst drei Tore erzielt und über Nacht auch seinen Sportdirektor Jörg Schmadtke verloren. Dort ist die Lage richtig angespannt. „Sie werden sich freuen, dass jetzt Pokal ist. Das ist wahrscheinlich das einzige Spiel, in dem sie ohne Druck spielen können“, sagt Preetz. Aber ob die Kölner ihre Probleme wirklich ausblenden können?

Pal Dardai will zum Gegner am liebsten gar nichts sagen, er erwartet einen „echten Pokalfight“. Dass seine Mannschaft zu selten spielerische Lösungen findet, hat auch etwas mit der raschen Abfolge von Spielen zu tun. Ein altes Hertha-Problem, das sich durch seine Amtszeit als Cheftrainer zieht. Wenn ihm und seinem Trainerteam nicht genügend Zeit bleibt, sich ordentlich auf den nächsten Gegner vorzubereiten, wird es immer schwierig.

Hertha teilt derzeit die Liga und steht mit zehn Punkten aus neun Spielen auf Platz elf. In der Vorsaison hatte Hertha zu selben Zeitpunkt 17 Punkte, ein Jahr davor immerhin 14 Punkte. Auch wenn die Berliner Platz zehn als Saisonziel ausgegeben haben, so hinken sie etwas ihren Erwartungen hinterher. Das wiederum wirkt sich aus. In den vergangenen beiden Jahren legte Hertha unter Dardai jeweils starke Hinrunden hin. Die Mannschaft hamsterte Punkte, was die Spieler mental sicherer und robuster werden ließ. Es gingen nie zwei Spiele am Stück verloren. Erst in den Rückrunden, in denen Hertha abbaute. Doch zehrte das Team von den Hinrunden und geriet nie in Abstiegsgefahr. In dieser Saison ist das anders. Hertha ist nicht schlecht, aber auch nicht gut. Noch sucht die Mannschaft den Umgang mit ihrem – sagen wir – durchwachsenem Leistungsangebot.

Ihr fehlt mal ein krasser Sieg, ein Hinwegfegen des Gegners. Ob in der Liga oder im Pokal. Und was im Allgemeinen so ist, gilt für Herthas Stürmer im Besonderen. Angreifer Vedad Ibisevic wartet seit Mitte August auf einen Torerfolg, damals traf er beim Drittligisten Hansa Rostock – im Pokal. Auf ein Elfmeterschießen aber sollten es die Berliner nicht ankommen lassen. Egal, was man sich gerade so erzählt.

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