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Sport: Hertha-Torwart Fiedler reagiert überrascht auf seine Zurückstufung durch Trainer Röber - Der ideale Lückenbüßer

Christian Fiedler sah nicht verärgert aus. Nur fassungslos.

Christian Fiedler sah nicht verärgert aus. Nur fassungslos. Die Augen waren größer als normal, der Mund war leicht geöffnet. Er sah aus wie einer, dem man gerade verkündet hatte, er dürfe ab sofort lebenslang kein Bier mehr trinken. "Was soll ich dazu sagen, ich will jetzt nur noch schlafen, ich habe die Nase voll." Er stand mitten in der Halle eines Luxushotels in Barcelona, umgeben von Menschen, aber eigentlich war er ganz allein. Er sah seine Umgebung, ohne sie richtig zur Kenntnis zu nehmen. Drei Stunden zuvor hatte ihn sein Trainer aufs Zimmer gerufen. Da wusste der Torhüter von Hertha BSC bereits "was los ist". Was würde Jürgen Röber auch anderes sagen, als dass er, Fiedler, nicht spielen werde gegen den FC Barcelona.

"Ich kann es nicht nachvollziehen", antwortete Fiedler seinem Coach. Aber das klang wahrscheinlich schon resignierend. "Ich kann es ja nicht ändern." Wenn Röber ihn bis zum Saisonende hätte spielen lassen, überlegte der Torhüter laut, "und wir dann bei Null begonnen hätten." Das hätte er noch nachvollziehen können.

Ein exzellenter Lückenbüßer, mehr ist er nicht. "Christian hat seine Sache hervorragend gemacht", sagt Röber, "aber ich brauche eine klare Nummer eins." Die hat er. Gabor Kiraly, der Ungar, der sich im Januar im Trainingslager verletzte. Seit ein paar Tagen ist er wieder fit. Manager Dieter Hoeneß lobte den Entschluss. Das fiel auf. Röber und Hoeneß stimmen nicht häufig überein. Aber am Montag sagte Hoeneß: "Ich begrüße ausdrücklich Röbers Entschluss. Es gibt doch nur Unruhe, wenn man keine feste Nummer eins hat."

Dass Hoeneß den Trainer lobte, gab zu einigen Spekulationen Anlass. Hat Hoeneß auf Kiralys Einsatz gedrängt und musste Röber deswegen Fiedler fallen lassen? Das alles ist wohl ziemlich abwegig. Röber lässt sich normalerweise keine Aufstellung diktieren. Die Wahrheit ist wahrscheinlich, dass Fiedler nie eine Chance hatte, Kiraly ernsthaft abzulösen. Röber hat Kiraly hat er schon öfter mal als "Weltklassetorhüter" bezeichnet, Fiedler noch nie. Da war es leicht auszurechnen, dass Kiraly bald wieder spielen würde. Er war schon vor dem Duisburgspiel fit. Aber da stand Fiedler im Tor. Ein Widerspruch? Wohl eher ein kleiner Dämpfer für Kiraly. Der Ungar ist ebenso exzellent wie lässig. Röber reizt das. Gut möglich, dass er Kiraly aus disziplinarischen Gründen einfach sitzen ließ.

Röber kann sich das erlauben. Denn Fiedler füllt die undankbarste Rolle eines Fußballprofis exzellent aus. Er ist der ideale Lückenbüßer. Zweieinhalb Jahre schmorte der 24-Jährige auf der Bank. Gegen Hansa Rostock, im ersten Spiel nach der Winterpause, durfte er ins Tor. Seither hat er keinen Fehler gemacht. Aber jetzt muss er raus. Undankbar? Natürlich. Brutal? Selbstverständlich. Aber das ist das Profigeschäft. Bei Hertha haben sie ihm vor dieser Saison einen Zweijahresvertrag angeboten. Früher erhielt er Einjahresofferten. "Das zeigt, dass sie mit mir zufrieden sind", sagt Fiedler. Klar sind sie das. Weil er ausgezeichnet hält, vor allem aber, weil er still bleibt. Fiedler stänkert nicht, er sorgt nicht für Unruhe, er funktioniert einfach. "Es bringt ja nichts, wenn ich Theater mache", sagt er. "Ich dränge mich im Training mit Leistungen auf. Mehr kann ich nicht machen."

Natürlich wusste Fiedler, wie wackelig seine Position war. Er musste mit Kiralys Rückkehr rechnen. Aber er ließ diesen Gedanken nicht an sich heran. Ein Schutzmechanismus. Das sagt er zumindest. "Ich denke nur an das nächste Spiel. Nicht an mehr. Es mag für viele unglaubwürdig klingen, aber es ist so." So denken andere auch. Aber die wissen, dass ihr Platz sicher ist, wenn sie keinen Fehler machen. Fiedler konnte es nur hoffen, weil ein sehr guter Konkurrent immer im Hintergrund stand. Der Druck auf Fiedler war groß, und schon ein Fehler hätte frühzeitig die Niederlage im Duell mit Kiraly herbeigeführt. Fiedler hat sich keinen Fehler erlaubt, aber die Niederlage hat er doch nur hinausgezögert. Verhindern konnte er sie nicht.

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