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Berti Vogts glaubt nicht an eine Überraschung im Spiel gegen Deutschland.

© dpa

Deutschlands Gegner: In Aserbaidschan betreibt Berti Vogts Basisarbeit

Seit zwei Jahren trainiert Berti Vogts die Nationalmannschaft von Aserbaidschan. Es ist ein Job, in dem schnelle Erfolge möglich sind. Einerseits. Andererseits geht alles höchst langsam voran.

Berti Vogts hatte die Bühne seinen Spielern überlassen. Er stand in der Ecke, lehnte lässig an der Wand – und lächelte. Es war nicht ganz klar, ob er sich über seine Spieler und ihr gesundes Selbstvertrauen freute oder ob er sie einfach nur für naiv hielt. Raschad Sadigow, der Kapitän der aserbaidschanischen Fußball-Nationalmannschaft, hatte vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland im Namen seiner Kollegen verkündet, dass das Team keine Angst habe: „Deutschland soll nicht glauben, dass es ein leichtes Spiel wird.“ Und Torwart Kamran Agayew enthüllte die geheimen Wünsche des Außenseiters: „Wir sind hier, um zu gewinnen.“

Berti Vogts weiß, dass das nicht passieren wird. „Die Überraschung ist nicht möglich“, sagt der frühere Bundestrainer. „Über 90 Minuten werden wir dem Druck nicht standhalten können.“ Die großen Deutschen ein bisschen piesacken, ihnen das Leben schwer machen – das würde er schon als Erfolg empfinden. Joachim Löw, der Nach-Nach-Nach- Nachfolger von Berti Vogts als Bundestrainer, erwartet heute Abend in Köln eine Begegnung, die eher an ein Handball- denn an ein Fußballspiel erinnert. „Man muss solche Mannschaften ernst nehmen“, sagt er.

Seit zwei Jahren trainiert Berti Vogts die Aserbaidschaner. Es ist ein Job, in dem schnelle Erfolge möglich sind. Einerseits. Andererseits geht alles höchst langsam voran. Das hängt davon ab, welche Erwartungen man hegt. Vogts hat das Land in der Weltrangliste von Platz 147 auf Platz 105 geführt – das ist ein gewaltiger Sprung. Aber es ist nur ein Hüpfer, wenn man bedenkt, wie weit die internationale Spitze immer noch entfernt ist. „Wenn der Verband so weitermacht, können wir in vier bis sechs Jahren den Anschluss an das Mittelmaß herstellen“, sagt Vogts. Das ist jetzt seine Perspektive, und er steht dazu.

Kapitän Sadigow erinnert sich noch, dass der Trainer aus Deutschland, „ein Mann, der die Welt gesehen hat“, anfangs einige Schwierigkeiten hatte, sich mit den Gegebenheiten in Aserbaidschan zu arrangieren. „Es ist alles nicht so einfach“, sagt Vogts. Und trotzdem: Man darf ruhig davon ausgehen, dass er längst Gefallen an der Aufgabe gefunden hat. Professionelle Strukturen schaffen, junge Fußballer fördern, das war schon immer sein Thema. Als Bundestrainer hat Vogts zwar 1996 bei der EM in England den bisher letzten Titel mit der deutschen Nationalmannschaft geholt, ein Mann für die erste Reihe aber ist er eigentlich nie gewesen. Die Arbeit an der Basis, die Tätigkeit als Juniorentrainer beim Deutschen Fußball-Bund, hat immer viel besser zu ihm gepasst.

Kurz vor dem gesetzlichen Rentenalter, mit knapp 64, hat Vogts in Aserbaidschan jetzt gewissermaßen zu seiner Bestimmung zurückgefunden. Er ist Nationaltrainer und trotzdem vor allem als Aufbauhelfer gefragt. „Wir haben Potenzial im Nachwuchsbereich“, sagt er. Aber es muss auch entsprechend gefördert werden. Daran mangelt es. Fußball ist in Aserbaidschan immer noch Randsportart; es fehlt an Plätzen – und manchmal auch an der richtigen Einstellung. „Die Spieler trainieren zu wenig“, klagt Vogts. „Aber sie geben sich Mühe.“ Das ist schon mal ein Anfang.

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