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Sport: In einer neuen Welt

Für den 19 Jahre alten Maximilian Levy sind die Berliner Sixdays lehrreich

Berlin - Eigentlich haben die Diebe ein gutes Werk getan. Dreimal wurde Maximilian Levy als Kind das Fahrrad geklaut – ein viertes wollten die Eltern ihm nicht kaufen. Also trat der Zehnjährige in die Radsportabteilung des Berliner TSC ein, um weiter Rad fahren zu dürfen. Neun Jahre später rast Maximilian Levy mit Silberhelm und grünem Trikot beim Berliner Sechstagerennen über die Bahn des Velodroms. Beim Einfahren für den Champions-Sprint reißt er die Hände hoch, klatscht, streckt die Fäuste in die Luft. Die Zuschauer lassen sich mitreißen. Ein Entertainer auf zwei Rädern, so wie einst Jens Fiedler, der mittlerweile zurückgetretene Sprintstar. Noch kann er sich nicht mit Fiedler messen, weder was die Erfolge noch was das Charisma angeht. Doch ein Anfang ist gemacht: Maximilian Levy war im Juniorenbereich fünfmal Weltmeister und viermal Europameister. In Berlin liegt der Sprinter nach dem vierten Tag auf Rang zwei hinter Stefan Nimke.

Vor einem Jahr rückte der 19-Jährige zu den Erwachsenen auf und fuhr bei der Weltmeisterschaft in Bordeaux gleich auf Rang sechs und beim Weltcup im Dezember in Moskau auf den vierten Platz. Maximal 300 Zuschauer verloren sich in Russland auf den Tribünen, die Stimmung war trostlos. Umso mehr genießt Levy die Einsätze beim Sechstagerennen, auch wenn die Sprinter nur dreimal pro Abend für ein paar Minuten auf der Bahn sind. „Das ist etwas Besonderes. So oft haben wir ja nicht die Möglichkeit, vor so vielen Zuschauern zu fahren“, sagt er. Und lehrreich sind die Auftritte obendrein. „Bei jedem Sprint kann ich von den Älteren lernen, etwa wann und wie ich attackiere.“ Vorbei sind die Zeiten, in denen er bei Junioren-Wettkämpfen in den ersten Runden quasi „rückwärts treten“ konnte, weil er so überlegen war.

Als Zwölfjähriger wechselte Levy nach Cottbus und lebte dort im Internat, weil es in Berlin am sportbetonten Coubertin-Gymnasium Probleme mit den Trainingszeiten gab. Er träumte von der Tour de France, musste aber irgendwann erkennen, dass er auf der Straße nur stark war, „solange es flach ist. Aber irgendwann geht es Berge hoch“. Damit war die Entscheidung zugunsten der Bahn gefallen.

Inzwischen bildet Levy mit dem deutschen BMX-Meister Florian Ludewig eine Radfahrerwohngemeinschaft und versucht, seine vielen Reisen mit der Ausbildung zum Industriekaufmann zu koordinieren. Und mit einer Fernbeziehung mit einer Leistungssportlerin: Levys Freundin ist die Fußballnationalspielerin Anja Mittag von Turbine Potsdam. „Ich kam aus dem Trainingslager in Südafrika zurück, wir haben uns drei Stunden gesehen, dann ist sie mit dem Nationalteam nach China geflogen“, sagt Levy. Allerdings habe es auch Vorteile, dass seine Freundin Sportlerin sei. Er muss sich nicht rechtfertigen, wenn er wieder ins Trainingslager fährt, am Abend nicht ausgehen kann oder nach Niederlagen einfach seine Ruhe will.

Auf Reisen wird Levy bald wieder sein: Im Februar steht der Weltcup in Manchester an, Ende März die WM in Mallorca, wo er erneut mindestens Sechster werden will. Und Mitte Juli findet in Cottbus, seit nunmehr sieben Jahren sein Wohnort, die Europameisterschaft statt. Der Druck auf Levy wird hoch sein – aber zumindest wird er nicht vor halb leeren Tribünen starten müssen.

Helen Ruwald

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