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Wer hat hier spröde gesagt? In seiner Zeit beim FC Schalke 04 musste sich Jens Keller viel Kritik anhören. Macht er künftig in Köpenick eine bessere Figur?

© dpa

1. FC Union Berlin: Jens Keller erhält beim 1. FC Union Berlin den Auftrag zum Aufstieg

Der ehemalige Schalker Trainer wird mit einem Vertrag bis 2018 ausgestattet und soll den Berliner Zweitligisten ab Juni in die Bundesliga führen.

Lutz Munak hatte gerade die Kabine verlassen, da begann schon das Getuschel. Kurz zuvor hatte der Geschäftsführer Sport den Spielern des 1. FC Union Berlin mitgeteilt, dass Jens Keller ab der kommenden Saison neuer Trainer des Zweitligisten wird. Die Nachricht kam ansatzlos, überraschend und sorgte gleich einmal für Gesprächsstoff unter den Spielern, die beim anschließenden Waldlauf schon mal ihre Gedanken über den Neuen austauschten.

Keller weiß, was beim 1. FC Union von ihm erwartet wird

Keller also. Der 45 Jahre alte Fußball-Lehrer war von 2012 bis 2014 für den FC Schalke 04 zuständig und soll Union nun in die Bundesliga führen. Dafür wurde mit einem Vertrag bis zum 30. Juni 2018 ausgestattet. „Über unsere Zielsetzung, perspektivisch unter die Top 20 im deutschen Fußball vorzustoßen, besteht Einigkeit. Auch darüber, dass dieses Ziel eine enorme Herausforderung für den gesamten Verein ist“, verkündete Munak per Pressemitteilung. Keller selbst war am Montag nicht zugegen, er wird nicht vor Trainingsbeginn Mitte Juni in Berlin erwartet. Auch er ließ sich nur zitieren: „Ich treffe hier beim 1. FC Union Berlin auf ausgezeichnete Bedingungen. Die Erwartungshaltung des Vereins an meine Arbeit ist klar formuliert worden und genau das war auch mein Wunsch.“

Vorgänger Lewandowski tat sich in Berlin schwer

Das alles wirkte reichlich unspektakulär, beinahe bescheiden im Vergleich zur Vorstellung von Sascha Lewandowski im vergangenen September. Der war im Rahmen einer öffentlichen Bekanntmachung ins Amt eingeführt worden, vor Fernsehkameras und Reportern. Blitzlichtgewitter für Köpenicker Verhältnisse. An Lewandowskis Verpflichtung hatte der Verein die berechtigte Hoffnung geknüpft, künftig zur Spitzenmannschaft der Zweiten Liga zu werden und zeitnah auch den erstmaligen Aufstieg in die Bundesliga zu schaffen. Doch Lewandowski kam in Berlin und in der Zweiten Liga nie an, die Spielklasse stellte ihn vor ungekannte Probleme. Seine Anforderungen und die Fähigkeiten der Spieler standen im Missverhältnis zu einander, was zu Frustration auf beiden Seiten führte. Letztendlich beendete Lewandowskis Gesundheit sein Engagement beim 1. FC Union. Er erkrankte an Burnout, Anfang März gab der Verein die Trennung bekannt.

André Hofschneider wird Union verlassen

Co-Trainer André Hofschneider bringt seitdem die Saison zu Ende. Sehr ordentlich sogar, Union ist mittlerweile auf Platz sieben vorgerückt, aber Hofschneider kam als längerfristige Lösung nie infrage, weil ihm die dazu nötige Lizenz als Fußball-Lehrer fehlt. Die will er ab dem Herbst nachholen, was auch ein Grund dafür ist, dass seine Anstellung beim 1. FC Union vorerst endet. Jens Keller bringt in Person von Henrik Pedersen zudem einen eigenen Co-Trainer mit, Unions aktueller Assistent Sebastian Bönig wird in gleicher Funktion weitermachen und sich die Aufgaben mit Pedersen teilen.
Keller gilt als einer, der Spieler auf der psychologischen Ebene packen kann. Zu seinen großen Stärken zählt die Ansprache in der Kabine. Klar, präzise, motivierend sei die, heißt es. Jungen Spielern wie Benedikt Höwedes und Julian Draxler gelang unter seiner Führung der endgültige Durchbruch. Seine Trainingsmethoden werden als bodenständig beschrieben, ohne komplett altbacken zu wirken.

Nach außen wirkte Keller zu spröde für das aufgeregte Umfeld in Gelsenkirchen

Den FC Schalke führte er zwei Mal in die internationalen Wettbewerbe, in seiner ersten Saison wurde er Vierter, in seiner zweiten Dritter. Trotzdem stand Keller stets in der Kritik, entgegen seiner internen Wahrnehmung wirkte er nach außen hin spröde, wenig eloquent und am Ende auch zu dünnhäutig, um an einem der aufgeregtesten Standorte der Bundesliga bestehen zu können. Beim FC Schalke ist die Erwartungshaltung stets groß, auch wenn die Qualität des Kaders dazu nicht immer berechtigt. Von Keller wurde seinerzeit erwartet, dass die Mannschaft um die deutsche Meisterschaft mitspielt.
Eine Klasse tiefer muss sich Keller beim 1. FC Union Berlin nun mit ähnlichen Ansprüchen arrangieren. Er soll immerhin Vereinshistorie schreiben und der erste Trainer werden, der den ewigen Außenseiter aus dem Berliner Südosten in die Bundesliga führt.

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