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Routinier. Jörg Wedde ist einer der erfahrensten Spieler im Nationalteam

© promo

Para-Eishockey in Berlin: Jörg Wedde – Nationalspieler auf Umwegen

Erst mit 37 Jahren kam Jörg Wedde zum Para-Eishockey. Er wurde trotzdem ein guter Spieler und kämpft mit dem Nationalteam in Berlin um den Aufstieg.

Zum Sport kam Jörg Wedde in einem Alter, in dem andere ihre aktive Karriere schon beenden. Mit 37 Jahren wurde der Hannoveraner von einem Bekannten angesprochen, ob er sich nicht mal im Sledge-Eishockey ausprobieren wolle. Verwirrt von dem Gedanken, dass man auch ohne Beine Eishockey spielen könne, schaute sich Wedde mit seinem Bekannten ein Spiel der deutschen Nationalmannschaft an.

Dort gewann dieser Sport in Jörg Wedde mindestens einen neuen Fan und einen aktiven Sportler hinzu: Seit 2003 gehört der inzwischen 54-Jährige der Nationalmannschaft im Para-Eishockey an, so heißt die Sportart heute. In dieser Woche spielte Wedde mit dem Team in der Eissporthalle Charlottenburg bei der B-Weltmeisterschaft um den Aufstieg in die A-WM-Gruppe.

Wedde musste früh lernen, mit seinem Schicksal umzugehen. Mit zwölf Jahren verlor er seine beiden Beine nach einem Bahn-Unfall. Aber trotzdem war Sport nicht unbedingt sein größtes Hobby. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Die körperliche Härte, aber die trotzdem vorhandene Fairness beeindruckten ihn beim Para-Eishockey so sehr, dass er kurze Zeit nach seinem Besuch bei dem Länderspiel anfing, zu trainieren.

Er erinnert sich noch immer genau daran, wie er mit seinen Freunden im Stadion des damaligen Eishockey-Erstligisten Hannover Scorpions aus Spaß spielte: „Freitag nach dem DEL-Spiel durften wir um 22 Uhr auf das Eis. Der Eiswart hat gesagt: Es ist eine offene Halle, ich schließe alles ab, wenn ihr Feierabend habt. Zieht die Tür hinter euch zu! Dann sind wir da manchmal noch bis 24 Uhr auf dem Eis geblieben.“

Jörg Wedde wurde besser und besser, die Scorpions bekamen eine Para-Hockey-Abteilung und Wedde wurde Nationalspieler. Doch damals wie heute ging es ihm um die Freude am Sport, die er mit Menschen teilen kann, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und trotz allem positiv durch das Leben kommen.

Klarer 13:0-Sieg gegen Polen

Mit positiver Einstellung geht er auch die Para-Eishockey-WM in Berlin an. Obwohl es schon seine sechste Teilnahme an einer WM ist, hat die diesjährige besondere Bedeutung für ihn – es ist die erste WM in Deutschland überhaupt. „Das Ziel muss sein, unter die ersten Zwei zu kommen. Das bedeutet den Aufstieg in die A-Gruppe“, sagt Wedde, der sich durch den Aufstieg die leichtere Qualifikation für die Paralympischen Winterspiele 2022 erhofft.

Allerdings gab es zum Auftakt trotz guter Stimmung in fast voller Halle vor vor 800 Zuschauern ein 1:4 gegen China. Nachdem das Team um Wedde am Montag dann Polen beim 13:0 keine Chance ließ muss auch am Dienstag gegen Großbritannien (19 Uhr, Eissporthalle Glockenturmstraße) ein Sieg her.

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Die Chinesen investieren – wegen der Paralmypics 2022 in Peking – viel in den Sport. In Deutschland sieht das noch anders aus. Wedde und seine Teamkollegen betreiben den Sport weitestgehend als Hobby. „Wir sind eine Amateurmannschaft und beruflich alle eingebunden“, sagt Wedde, der als Medizintechniker arbeitet. „Viele studieren, ich baue jetzt aktuell gerade ein Haus in der finalen Phase. Das Leben geht für uns an anderer Stelle so weiter.“

Während er der Mannschaft als einer der erfahrensten Spieler selbst als Stütze dient, ist seine Familie seine größte Motivation. Seit 17 Jahren ist Wedde nun beim Para-Eishockey und hat dabei einige große Momente und Erfolge gefeiert.

Zwar sieht er alle von ihnen als wertvoll an, trotzdem sticht einer besonders hervor – der vierte Platz bei den Paralympischen Winterspielen 2006 in Tokio. Wenn es so kommt, wie es sich die deutsche Mannschaft wünscht, ist er auch bei den Paralympischen Winterspielen 2022 in Peking dabei.

Dann wäre er zwar schon 57 Jahre alt. An sein Karriereende denkt Wedde aber noch lange nicht: „Ich lasse es auf mich zu kommen und solange der Körper zu mir sagt: Mach doch. Warum soll ich es dann nicht machen?“

Caroline von Molitor

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