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Sport: Keine Champions

Beim 0:0 gegen Hannover vergibt Hertha BSC die große Chance auf die Champions League

Berlin - Die Gesichter verrieten alles. Niemand strahlte. Halb saßen, halb lagen die Fußballspieler von Hertha BSC auf dem Rasen des Olympiastadions. Das Spiel war gespielt, der Traum ausgeträumt. Das 0:0 im Saisonfinale gegen Hannover 96 reichte am Ende nur für Platz vier, und die schon seit einer Woche feststehende Teilnahme am Uefa- Cup. Weil die Konkurrenz mitgespielt hatte, hätte dem Berliner Bundesligaklub ein Sieg für die weitaus attraktivere Champions League gereicht. Statt des warmen Geldregens rieselten nach dem Abpfiff blau-goldene Konfettischnipsel vom Hallendach nieder. „Im Moment ist die Enttäuschung groß“, sagte Falko Götz ins Stadionmikrofon, „das hätte heute die Krönung einer großen Saison werden können. Heute sind wir traurig, aber nicht wegen der gesamten Saison.“

Die Mehrheit der 74 500 Zuschauer blieb nach Spielschluss noch lange im Stadion. Die Fans hatten sich eine Choreografie einfallen lassen. Mit lautem Singsang feierten sie ihre Mannschaft für die Rückkehr auf die europäische Bühne. Manager Dieter Hoeneß versprach den Fans Freibier, nur die Spieler mochten sich nicht freuen. Sie machten Gesichter wie Lottogewinner, die statt eines Sechsers doch nur einen Vierer hatten. So schnell wie sie die Trikots mit der Aufschrift Uefa-Cup übergestreift hatten, so schnell wollten sie sie wieder loswerden. Die Textilien landeten im Fanblock.

Bitter stimmte die Spieler, dass sie zum wiederholten Male die Vorlagen, der Konkurrenz nicht genutzt hatten. 0:0 in Mönchengladbach vor einer Woche, und jetzt wieder kein Tor gegen eine vermeintlich schwächere Mannschaft aus Hannover. Dabei hatte alles stimmungsvoll begonnen. Die Bekanntgabe der Mannschaftsaufstellung der Berliner wurde von elf Böllerschüssen begleitet, während unten auf dem Rasen drei Spieler offiziell verabschiedet wurden. Michael Hartmann (schon in Rostock), Marko Rehmer und Fredi Bobic werden in der nächsten Saison nicht mehr die neuen blauen Trikots überstreifen, die das Team gestern erstmals trug.

Das hellere Blau aber half Hertha nicht, besser ins Spiel zu kommen. Die Hannoveraner hatten zwei massive Viererketten vor ihr Tor gezogen. Den Berlinern waren Wille und Leidenschaft anzusehen, doch ihre Aktionen blieben hektisch bis verkrampft. Herthas Spielanlage wirkte reifer als die des Gastes, doch trotz der Spielvorteile gelang es ihnen kaum, Torchancen herauszuspielen. Die einzige in der ersten Halbzeit vergab Stürmer Nando Rafael (30.).

Marcelinho, der gestern vom Fernsehsender Premiere als bester Spieler der Saison ausgezeichnet wurde, war fleißig. Der Brasilianer erkämpfte sich im Mittelfeld Bälle, aber erreichte nicht die Form, die ihn noch vor Wochen ausgezeichnet hatte. Ohne den Spielmacher (18 Tore, 13 Vorlagen) geht nicht viel, vor allem nicht, wenn seine Nebenleute Yildiray Bastürk und Gilberto wie gestern ebenfalls nicht das zeigen, was sie können. In der zweiten Halbzeit vergab Bastürk Herthas beste Torchance. Der Türke schob den Ball aus nächster Nähe vorbei.

Mittlerweile hatte Falko Götz das Risiko erhöht und in Giuseppe Reina sowie Artur Wichniarek zwei weitere Stürmer für zwei Verteidiger eingewechselt. Die Ausgangslage, die schon vor dem Spiel gut war, wurde immer besser. Die Bayern führten klar in Stuttgart. Jeder im Stadion wusste das. Es war genau jene Konstellation, die Hertha benötigte, um doch noch in die Champions League zu gelangen – immer einen eigenen Sieg vorausgesetzt. „Wir waren im Abschluss zu verkrampft“, sagte Torwart Christian Fiedler. Das hatte dazu geführt, dass mit fortlaufender Zeit auf den Rängen mehr gezittert denn gefeiert wurde. Die Niedersachsen spielten ihren Stiefel herunter und hatten am Ende „sogar die besseren Chancen“, wie Trainer Ewald Lienen sagte. Hertha mobilisierte noch einmal alles. Doch zu oft versuchten es die Berliner durch die Mitte. „Die Mannschaft hat alles gegeben, aber über die Wahl der Mittel kann man sich streiten“, sagte Götz.

Dieter Hoeneß, der am Ende den enttäuschten Marcelinho in den Arm nahm und ihm beinahe zärtlich über den Kopf strich, sprach von einem erneuten Angriff auf die Champions League in der nächsten Saison. Aber erst einmal müsse er alles verdauen. Jeder Mensch habe Gefühle. Die könne niemand ausschalten. „Heute hätte auch ich Trost gebraucht.“

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