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Sport: Keine Tickets ohne Klappstühle

BERLIN . Die erste Frage beantwortet Matthias Huber noch bereitwillig und vollständig.

BERLIN . Die erste Frage beantwortet Matthias Huber noch bereitwillig und vollständig. Gehen Sie davon aus, daß am 11. August das Olympiastadion ausverkauft sein wird? Hertha BSC in der Champions-League-Qualifikation gegen Slovan Bratislava? Oder, noch spektakulärer: gegen Anorthois Famagusta? Huber nickt. "Ich gehe davon aus", sagt Herthas Geschäftsstellenleiter, "daß das Stadion voll ist." Mit 50 000 Zuschauern also, der Quote, die der europäische Fußball-Verband Uefa zugelassen hat? Schweigen. "Dazu", sagt Huber endlich, "sage ich nichts." Huber ist Schwabe, er hat es gern verläßlich. Lotteriespiel ist nicht sein Ding, und unpräzise Auskünfte möchte er nicht geben.Was soll er sagen? 50 000? Oder 40 000? Oder 20 000? Wer weiß denn, wieviele Klappstühle bis zum 11. August eingebaut sind. 36 000 sollen es sein. "Bis jetzt", sagt Huber, "sind genau 1500 montiert." 1500! "Eigentlich sollten es 10 000 sein." 2500 Sitze sollten pro Tag eingebaut werden, 400 sind es in Wirklichkeit, und wenn es in dem Tempo weitergeht, stehen die Stühle ordentlich befestigt Ende Dezember. Rechtzeitig zur Winterpause.Aber Huber hat noch ein anderes, viel größeres Problem: Er kann im freien Verkauf bis jetzt keine einzige Karte verkaufen. Nur die Dauerkartenbesitzer haben bereits ihr Ticket, die anderen müssen warten. Vorerst ohne zu wissen, wie lange. Bis jetzt ist nämlich gar nicht klar, in welchen Blocks die 36 000 Klappstühle montiert werden. Die Senatsverwaltung für Sport kann keine Antwort geben und verweist auf die Bauverwaltung. Die kann aber auch keine Antwort geben. "Wir sind noch nicht in der Zeitschiene", sagte Bauleiter Manfred Immler am Mittwoch. Die Hersteller kämen mit der Lieferung nicht nach.Auch die technischen Probleme in dem maroden Bauwerk sind wohl unterschätzt worden. Die Bauverwaltung räumte am Mittwoch gegenüber der Deutschen Presse-Agentur ein, "daß die baulichen Details" unterschätzt wurden. "Wir gehen aber nach wie vor davon aus, daß die erforderliche Zahl Sitze bis 10. August montierbar ist", sagte Pressesprecherin Dagmar Buchholz.Aber Huber steht da auf einem Berg von Karten, die er nicht los wird. Er kann ja schlecht numerierte Plätze verkaufen, auf denen es möglicherweise keine Klappsitze gibt, so daß die Leute am Ende auf nacktem Beton stehen müssen. 14 000 Karten für Bank-Sitzplätze darf er zwar anbieten, doch Hertha hat jetzt schon 19 000 Dauerkarten verkauft, Champions League inklusive. Für 5000 Fans muß er also erstmal Ausweichplätze finden. Der Platz von ein paar tausend Klappsitzen steht zwar fest, aber Matthias Huber will "die Karten ja nicht tröpfchenweise herausgeben".Derweil pilgern die Hertha-Fans zur Geschäftsstelle, um Karten zu kaufen, kehren mit leeren Händen nach Hause zurück, und Huber kann dem Ganzen nur in ohnmächtiger Wut zusehen. "Irgendwann sagen die, ich schaue mir das Ganze im Fernsehen an."Ausgerechnet jetzt, stöhnt Huber. "Permanent" hat er Anfragen nach Karten, und die meisten Plätze könnte er mit Hertha-Fans füllen. Denn der Gegner - egal, ob nun Bratislava oder Famagusta - wird wohl kaum welche mitbringen. "Bei Bratislava handelt es sich bestimmt um weit unter 1000 potentiellen Schlachtenbummlern", vermutet Huber. Es ist ein Mittwochabend-Spiel, und die teure Reise nach Berlin werden nicht viele Slovan-Fans antreten. Und mit Famagusta dürften ohnehin nicht mehr als ein Dutzend Zyprioten anreisen. Wieviele Karten der Gästemannschaft zur Verfügung gestellt werden, ist Verhandlungssache zwischen den Klubs.Huber wäre froh, wenn er nur dieses Problem hätte. Ihm "brennt die Sache mit den Karten unter den Nägeln". Er muß bald wissen, woran er ist. Und wann spätestens? Wann ist die Deadline, die er bei der Sportsenatsverwaltung zieht? "Die brutalste Deadline", sagt Huber gedehnt, "ist der 11. August." Da findet das Spiel statt.

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