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Schön gejubelt ist im Falle von Brasilien auch schön gewonnen.

© IMAGO/Moritz Müller

Kritik am Jubel der Südamerikaner: Lasst die Brasilianer tanzen!

Brasiliens Spieler feiern ihre Tore ausgiebig. Das empfindet so mancher als respektlos. Doch der Jubel schmückt die WM in Katar.

Martin Einsiedler
Ein Kommentar von Martin Einsiedler

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Es gibt viel fußballerisches Schwarzbrot bei dieser WM. Man denke etwa an den grottigen Kick zwischen Costa Rica gegen Japan. Fußball zum Vergessen, langweilig, komplett unansehnlich. Der Farbtupfer dieses Turniers ist bislang eindeutig die Mannschaft aus Brasilien. Die Kombinationen lassen den Fans das Herz aufgehen. Die Tore sind zauberhaft. Der Jubel der Mannschaft fällt, wie zuletzt beim 4:1 gegen Südkorea, pompös und ausufernd aus.

Nun hat der ehemalige Spitzenfußballer Roy Keane in seiner Funktion als TV-Experte ausgesprochen, was vermutlich nicht nur er gedacht hat: dass diese ostentative Freude gegen eine völlig unterlegene Mannschaft ein bisschen zu viel des Guten war.  „Ich mag das nicht. Es wird gesagt, das ist ihre Kultur. Aber ich denke, das ist wirklich respektlos gegenüber dem Gegner“, sagte Keane. „Sie schießen vier Tore, und sie machen es jedes Mal.“

Es ist eine sportphilosophische Frage, die Keane aufwirft und die bis heute nicht geklärt ist: Wie sehr darf ein Sieger seine Freude zeigen, ohne den anderen zu verletzen? Der geniale Snooker-Spieler Ronnie O’Sullivan schrieb vor Jahren in seiner Biografie, dass er Gegner nicht ausstehen könne, die die Faust nach einem Sieg reckten. Deshalb würde er selbst von jeglichen Jubelgesten absehen. Inzwischen aber jubelt er nach Siegen mitunter ausufernder als die meisten anderen Spieler.

Die Sache ist: Warum auch nicht?! Im Sport geht es ums Gewinnen, und die Freude darüber sollte – solange sie nicht den Gegner aufs Korn nimmt – sichtbar sein. Im Falle der brasilianischen Mannschaft umso mehr, zumal die Südamerikaner ihre Jubeltänze sorgsam einstudieren. „Wir werden weiter Tore schießen und danach tanzen“, kündigte Mittelfeldspieler Lucas Paquetá an. Richtig so. Ohne Brasiliens Tore und Tänze wäre die WM in Katar noch trister, als sie es ohnehin schon ist.   

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