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Dem VfL Wolfsburg droht erneut die Relegation.

© Marius Becker/dpa

Kurioser Freistoß: Gladbachs Christoph Kramer schockt Wolfsburg

Borussia Mönchengladbach ärgert den VfL Wolfsburg - unter anderem mit einem kuriosen Freistoßtor von Christoph Kramer.

Ausgerechnet der langjährige Erfolgstrainer Dieter Hecking hat den erschreckend leidenschaftslosen VfL Wolfsburg noch tiefer in den Abstiegskampf gerissen. Mit Borussia Mönchengladbach führte Hecking den fast schon gleichgültig auftretenden VfL beim 3:0 (3:0) am Freitag teilweise vor. Den auch von Turbulenzen in der Vereinsspitze geplagten Wolfsburgern droht am viertletzten Bundesliga-Spieltag nun das Abrutschen auf Rang 16 - und damit wie im Vorjahr die Relegation.

Hecking hatte mit dem VfL 2015 den DFB-Pokal gewonnen, war Vize-Meister geworden und wurde selbst zum „Trainer des Jahres“ gewählt. Seit Heckings Entlassung vor fast genau anderthalb Jahren ist Bruno Labbadia bereits der vierte VfL-Trainer. Der 52-Jährige hat mit den Niedersachsen aber nur eines von acht Spielen gewonnen.

„Das war ein bodenloser Auftritt. Es muss sich jeder hinterfragen, was wir für einen Mist gespielt haben“, sagte Wolfsburgs Maximilian Arnold und Paul Verhaegh ergänzte: „Die erste Halbzeit geht gar nicht. Es sieht so aus, als ob wir uns unserer Situation nicht bewusst waren. Gladbach war von der ersten Minute an die bessere Mannschaft.“

Der Tabellenachte aus Mönchengladbach wahrte durch den erst vierten Rückrundensieg seine kleine Chance auf die Qualifikation für die Europa League. Die Treffer für die Borussia erzielten Nationalspieler Lars Stindl (8.), sein Sturmpartner Raffael (35.) sowie Weltmeister Christoph Kramer mit einem kuriosen Freistoßtor (44.).

Als der Treffer in der Halbzeitpause auf der Videoleinwand lief, gab es im Borussia-Park großes Gelächter und höhnischen Beifall. Viele der Zuschauer sahen das Tor des Fußball-Weltmeisters zum 3:0-Endstand gegen den VfL Wolfsburg in diesem Moment zum ersten Mal. Und damit erging es ihnen ähnlich wie Mönchengladbachs Trainer Dieter Hecking am Freitagabend. „Ich habe das Tor im Fernsehen zum ersten Mal gesehen“, bekannte dieser nach dem Spiel: „Ich habe gesehen, dass Kramer sich den Ball hinlegt. Da habe ich nicht mehr hingeschaut. Weil ich dachte: Die anderen werden schon dafür sorgen, dass er weggeht.“

"Weg weg weg"

Das tat der Mittelfeldmann aber nicht, sondern sorgte stattdessen für ein kurioses Tor für die Jahresrückblicke. Denn während die Wolfsburger versuchten, eine Mauer zu stellen, schoss Kramer den Ball einfach ins Tor. „Ich habe den Schiri gefragt, ob er anpfeifen will. Da hat er gesagt: Nö, der Ball ist frei“, erzählte Kramer: „Da habe ich zu den Jungs gesagt: Weg, weg, weg.“ Bei Freistößen, sagte Kramer, herrsche oft „das typisch deutsche Beamtentum: Der Ball steht still, alle orientieren sich erstmal. Dabei kann man doch einfach mal schnell spielen.“ Die Wolfsburger beschwerten sich bei Schiedsrichter Tobias Stieler - und bewiesen damit ihr Unwissen in Sachen Regelkunde. „Da müssen wir in Zukunft schlauer sein und einen vor den Ball stellen, der blockt“, räumte Torhüter Koen Casteels ein. Trainer Hecking freute sich natürlich über die „clevere Aktion“, hatte aber auch eine Befürchtung: „Ich hoffe nur, dass Chris jetzt nicht meint, er dürfe alle Freistöße schießen.“ .

Wolfsburgs Defensive desolat

Nach der Wolfsburger Niederlage ist die Besiegelung der Abstiege des Hamburger SV und des 1. FC Köln an diesem Wochenende nicht mehr möglich. Am nächsten Wochenende trifft Wolfsburg auf den HSV, der bei einem Erfolg gegen Freiburg am Samstag dann im direkten Duell sogar wieder Hoffnung schöpfen könnte.

Denn die Niedersachsen agierten vor 47.797 Zuschauern im Borussia-Park wie ein Absteiger. Mit haarsträubenden Fehlern in der Defensive, unerklärlichen Unkonzentriertheiten und einem ideenlosen Offensivspiel ergab sich der VfL früh seinem Schicksal. Torhüter Koen Casteels verhinderte mit einigen Paraden sogar noch Schlimmeres.

Bezeichnend für das Wolfsburger Desaster war das dritte Gladbacher Tor. Bei einem Freistoß an der Strafraumgrenze waren die Gäste noch damit beschäftigt, Spieler für die Mauer zu finden, als Schiedsrichter Tobias Stieler schon längst den Ball freigegeben hatte. Kramer bedankte sich und schoss den Ball ins leere Tor.

Es war der Tiefpunkt einer katastrophalen ersten Hälfte, als die Wolfsburger bei allen drei Toren kräftig mithalfen. Beim Führungstor von Stindl spielte Riechedly Bazoer einen unerklärlichen Rückpass und brachte damit den Nationalspieler ins Spiel, der wuchtig abschloss.

Brooks wird rotgefährdet ausgewechselt

Beim zweiten Gegentor ließ William seinen Gegenspieler Jonas Hofmann nach einem 50-Meter-Pass von Jannik Vestergaard in aller Ruhe den Ball annehmen und abschließen. Casteels konnte zunächst parieren, war dann aber gegen Raffael im Nachschuss machtlos. Der VfL-Keeper verhinderte mit einer starken Fußabwehr gegen Stindl sogar noch einen weiteren Gladbacher Treffer (26.).

Die Abstimmung in der Wolfsburger Hintermannschaft war kaum vorhanden. Das galt auch für den ehemaligen Herthaner John Anthony Brooks, der erstmals seit Dezember nach überstandener Knieverletzung spielte und rot-gefährdet in der 28. Minute ausgewechselt wurde.

In der zweiten Halbzeit ließen es die Gladbacher gemächlicher angehen. Konnten sie auch, denn vom VfL gab es kein Aufbäumen. Hofmann hätte sogar erhöhen können, als er ohne Gegenwehr durch die Wolfsburger Abwehr marschierte und knapp das Tor verpasste (66.).

Glück hatte indes Raffael, dass er nach einer klaren Tätlichkeit an Arnold nicht die Rote Karte sah (60.). „Wir haben gefühlt 50 Millionen Zuschauer, wir haben einen Video-Schiedsrichter. Wo sind die alle? Wenn man das nicht sieht, weiß ich nicht, wo die Tomaten liegen“, echauffierte sich Arnold. (dpa)

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