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Lindsey Vonn fehlte fast zwei Jahre wegen Verletzungen im Weltcup. Nun fährt sie wieder mit – und hat gleich wieder viel zu jubeln.

© AFP

Triumphales Comeback: Lindsey Vonn quiekt wieder

Die US-amerikanische Skirennfahrerin Lindsey Vonn feiert nach langer Verletzung eine triumphale Rückkehr in den Ski-Alpin-Weltcup. Am Sonntag holte die 30-Jährige auch noch einen zweiten Platz im Super-G.

Von Johannes Nedo

Genau so hatte es Lindsey Vonn sich erträumt. Als sie am Samstag nach ihrem Abfahrtslauf ins Ziel rauschte und auf der Anzeigentafel die Eins neben ihrem Namen sah, quiekte sie vor Glück. Dann ließ sie sich japsend in den Schnee fallen und hörte gar nicht mehr auf, alle anzulachen. Die US-Amerikanerin wusste, mit dem Abfahrtssieg in Lake Louise (Kanada) ist ihr eine triumphale Rückkehr gelungen – nachdem sie fast zwei Jahre lang nur mit schweren Verletzungen zu kämpfen hatte.

Weil Vonn zudem einen ausgeprägten Hang zum Drama hat, sagte sie im Zielraum mit Tränen in den Augen: „Ich denke schon, dass es der glücklichste Tag meines Lebens ist.“ Das war vielleicht etwas zu dick aufgetragen für eine Athletin, die bereits Olympiasiegerin, Weltmeisterin und viermalige Gesamtweltcup-Siegerin ist. Doch dass ihr der 60. Weltcup-Erfolg ihrer Karriere mehr bedeutet als viele der 59 zuvor, ist durchaus verständlich. Vonn hatte sehr viel in das vergangene Weltcupwochenende gelegt. Auf ihrer Lieblingsstrecke – weil sie dort mittlerweile schon 15 Mal gewonnen hat, trägt der Ort den Spitznamen „Lake Lindsey“ – wollte sie endlich wieder einsteigen in den Weltcup. Im ersten Abfahrtsrennen am Freitag wurde sie Achte, am Sonnabend gewann sie und beim Super-G am Sonntag belegte sie hinter Lara Gut aus der Schweiz und vor der Slowenin Tina Maze einen hervorragenden zweiten Platz..

Im Februar 2013 riss sich Lindsey Vonn das Kreuzband

„Ich genieße diese Zeit jetzt, vom Selbstvertrauen her wird es jeden Tag viel besser“, betonte die 30-Jährige. Endlich ist sie wieder im vollen Besitz ihrer Kräfte, endlich kann sie die Pisten wieder so hinunterschießen, wie sie es gewohnt ist. Mit Karacho, voller Mumm. Das zeigte Vonn sofort in Kanada. Aggressiv fuhr sie und erreichte am Samstag Geschwindigkeiten von mehr als 127 Kilometern pro Stunde. Die zurückliegenden Verletzungen scheinen sie nicht zu blockieren.

Im Februar 2013 war Vonn bei der WM in Schladming schwer gestürzt. Sie riss sich das Kreuzband, das Innenband und brach sich den Schienbeinkopf. Wenige Monate danach wollte sie ihre Rückkehr erzwingen. Doch im Dezember 2013 stürzte sie erneut schwer im Training in Lake Louise. Wieder riss das Kreuzband. Sie verpasste Olympia in Sotschi. Weitere Goldmedaillen hatte sie dort fest eingeplant.

„Nach der ersten Operation dachte ich, ich könnte mich nicht noch einmal verletzten. Ich fühlte mich stärker als jemals zuvor“, sagte Vonn in einem Interview mit der Zeitung „USA Today“. „Mittlerweile bin ich etwas vorsichtiger. Ich gehe nicht mehr jedes Risiko ein.“ Während der langen Zeit der Reha änderte sich nicht nur ihre Einstellung auf den Skiern, sie verlor vor allem das selbstverständliche Gefühl, die Nummer eins zu sein: „Ich weiß nun mittlerweile, dass ich nicht unbezwingbar bin.“ Doch in gewisser Weise hat ihr das sogar geholfen. „Jetzt fühle ich mich so, als hätte ich weniger Druck als früher“, betonte Vonn. „Ich mache mir nun weniger Gedanken darüber, was jeder von mir erwartet.“

Eigentlich wollte sie nach Sotschi ihre Karriere beenden

Das große öffentliche Interesse an ihr hat sie allerdings auch selbst heraufbeschworen. Sie inszenierte sich als die Frontfrau des Wintersports, sprach offen über ihre Depressionen. Sie taucht bei unzähligen Galas und Sponsorenterminen auf, und seit sie die Lebensgefährtin des amerikanischen Golfstars Tiger Woods ist, steht sie eh ständig im Rampenlicht. Vonn sagt, sie könne all diese Nebenschauplätze nun besser ausblenden. Für sie zählt sowieso nur eins: Sie will ihren sportlichen Thron zurück. Und der Konkurrenz ist bewusst, dass sie schneller als erwartet wieder die große Dominatorin werden könnte.

„Vonn hat schon immer ein ganz außergewöhnliches Niveau gehabt“, sagte der Alpinchef des Deutschen Ski-Verbands, Wolfgang Maier. „Es sind ganz wenige, die ihr das Wasser reichen können. Wenn sie in Vollform ist, kommt da keiner ran.“ Lindsey Vonn hat noch lange nicht genug. Eigentlich wollte sie nach Sotschi ihre Karriere beenden, doch die Verletzung änderte das. Sie will noch viel erreichen: Zunächst hat sie sich vorgenommen, den Rekord der Österreicherin Annemarie Moser-Pröll zu knacken, die insgesamt 62 Weltcup-Rennen gewonnen hat. Dazu fehlen Vonn nur noch drei Siege. Dann will sie bei ihrer Heim-WM im Januar in Vail weitere Goldmedaillen abräumen. Und bei den nächsten Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang (Südkorea) gibt es auch nur ein Ziel: als Siegerin quiekend vor Glück im Schnee liegen.

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