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Sport: Locker war früher

Thomas Doll will Borussia Dortmund Disziplin im Abstiegskampf beibringen

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Als Thomas Doll mit dem schwarz-gelben Ball, den man ihm in die Hand gedrückt hatte, ins Dortmunder Blitzlichtgewitter trat, tat er sich schwer, locker zu bleiben. „Herr Doll, können Sie den Ball mal bitte hochwerfen?“, rief ihm eine Fotografin zu. Doch zu dieser spielerischen Geste ließ sich der neue Trainer von Borussia Dortmund am Dienstag nicht animieren. Die Lage ist dafür nämlich viel zu ernst.

Besorgniserregend ist Dortmunds Position im Abstiegskampf. Nur knapp zwei Monate nach seiner Verpflichtung hatte am Montag Jürgen Röber entnervt aufgegeben, nachdem es unter seiner Ägide in acht Spielen sechs Niederlagen gegeben hatte. Nur einen Tag später wurde Doll vorgestellt. Er ist nach Bert van Marwijk und Röber bereits der dritte Mann, der in dieser Saison auf der Trainerbank des krisengeschüttelten Klubs Platz nimmt. Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke betonte: „Unsere Gedanken haben sich immer nur um zwei Personen gedreht: Thomas Doll und Felix Magath.“ Nachdem Magath abgesagt hatte, war der Weg frei für den Mann, der erst im Februar beim Hamburger SV entlassen worden war.

Trotz der Irrungen und Wirrungen nahm Thomas Doll die Dortmunder Millionenofferte dankbar an. Sein Vertrag ist bis 30. Juni 2008 dotiert und gilt auch für die Zweite Liga, „auch wenn das bei unseren Überlegungen eine untergeordnete Rolle gespielt hat“, wie Watzke versicherte. Mit Dolls Verpflichtung verschwindet der Name Thomas von Heesen endgültig aus der Dortmunder Hemisphäre. Immer wieder hatte es geheißen, der BVB sei sich mit Bielefelds früherem Trainer bereits über ein Engagement ab dem Sommer einig. Auch der gerade abgetretene Coach Jürgen Röber bestätigt diese Version (siehe Interview rechts).

Nach dem Scheitern von Röbers Rettungsmission soll sich nun Doll an der Aufgabe versuchen, das taumelnde Ensemble zu stabilisieren und vor dem Abstieg zu bewahren. In Hamburg hatte der 40-Jährige bei seinem ersten Job als Profi-Trainer die Mannschaft auf dem letzten Tabellenplatz übernommen und bis in die Champions League geführt. In dieser Saison lief es allerdings anders: Die Mannschaft war wieder unten angekommen, Doll musste gehen. Dem beliebten Coach wurde vor allem vorgeworfen, seine Profis in Zeiten des Niedergangs zu nachsichtig behandelt zu haben.

Interessant wird nun die Frage sein, ob es Doll gelingt, Profis, denen mehrheitlich die charakterliche Eignung für den Abstiegskampf abgesprochen wird, das nötige Berufsethos zu vermitteln. Viele im Dortmunder Umfeld hatten einen harten Trainer gefordert, der das Personal endlich rannimmt. Dass Doll, dem der Ruf des Gutmenschen vorauseilt, sich in einer prekären Lage mit Akzeptanzproblemen konfrontiert sieht, weiß er durchaus. „Ich bin kein Kumpeltyp, der abends mit seinen Spielern zusammensitzt“, sagte der neue Mann vorsichtshalber bei seiner Vorstellung. „Allerdings werde ich meinen Stil und meine Art, mit einer Mannschaft umzugehen, beibehalten.“

In Hamburg hat man Trainer Thomas Doll des Öfteren mit der Mannschaft feiern gesehen. Doll hat sich vorgenommen, dass ihm das in Dortmund nicht mehr passiert: „Das habe ich überdacht.“ In Dortmund wären sie heilfroh, wenn die Mannschaft überhaupt mal wieder Grund zum Tanzen hätte. Doll, der sich in seiner erfolgreichen Hamburger Phase als Protagonist der Mittelfeldraute und des gepflegten Offensivfußballs profilierte, will an neuer Wirkungsstätte andere Prioritäten setzen. Es gelte, an der Defensive zu arbeiten, um „eine gewisse Sicherheit reinzubringen“. Um dieses Credo zu betonen, bemühte Dortmunds neuer Trainer eine Analogie zu Huub Stevens, der ihn beim HSV beerbt hat: „Erstmal müssen wir daran denken, dass hinten die Null steht.“

Die Menschen in der Region gewähren Thomas Doll einen bemerkenswerten Vertrauensvorschuss. Das größte Stadion der Republik wird am Samstag beim Spiel gegen Nürnberg mit mehr als 80 000 Besuchern ausverkauft sein. Für Dolls Premiere auf der Dortmunder Bank sind nur noch Restkarten erhältlich.

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