zum Hauptinhalt
Marko Grujic hat alles: offensive Qualität, defensive Stabilität, Kopfballspiel, fußballerische Elemente.

© imago/DeFodi

Vor dem Spiel gegen Wolfsburg: Marko Grujic ist bei Hertha einfach unersetzlich

Marko Grujic hat körperlich noch Nachholbedarf. Trotzdem braucht Hertha BSC ihn und seine Stärken.

Neulich, Ende des vergangenen Jahres, ist Pal Dardai ein Satz wie ein Denkmal aus dem Mund gefallen. Marko Grujic hatte gerade das Siegtor gegen Eintracht Frankfurt erzielt, sein erstes in der Bundesliga. Anschließend überschlug sich Herthas Trainer förmlich. „Ich bin jetzt 22 Jahre hier und will niemanden beleidigen, aber ich glaube, so einen Mittelfeldspieler hat Hertha BSC noch nie gehabt. Das ist so.“

Nun ließe sich trefflich darüber streiten, ob die Wertung Dardais vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen war, ob nicht andere Spieler, Marcelinho zum Beispiel, vielleicht doch noch ein anderes Kaliber darstellten. Das zumindest konterte Herthas Manager Michael Preetz, der einst mit dem Brasilianer und Dardai zusammengespielt hat. Unbestritten aber ist, dass Grujic der kompletteste Mittelfeldspieler der Berliner seit vielen Jahren ist.

Ende August haben die Berliner den 22 Jahre alten Grujic für eine Spielzeit vom Champions-League-Finalisten FC Liverpool ausgeliehen. Schon jetzt besitzt er nicht nur einen unglaublichen Wert für sein neues Team, die Mannschaft von Hertha BSC, sondern auch ein sehr hohes Ansehen bei seinen Kollegen. „Man spricht immer von kompletten Spielern“, sagte Innenverteidiger Fabian Lustenberger unlängst, der früher selbst im Mittelfeld unterwegs war. „Marko bringt sehr viel mit, was man als zentraler Mittelfeldspieler braucht. Er hat alles: offensive Qualität, defensive Stabilität, Kopfballspiel, fußballerische Elemente. Ich bin froh, dass er bei uns ist.“

Vor allem sind sie bei Hertha froh, dass Marko Grujic nach zwei verletzungsbedingten Ausfallzeiten wieder fit ist und an diesem Samstag das Heimspiel der Berliner im Olympiastadion gegen den VfL Wolfsburg (15.30 Uhr/live bei Sky) lenken kann.

Zweimal ist Marko Grujic bereits ausgefallen

In Teilen der Anhängerschaft der Berliner werden seit geraumer Zeit zwei Tabellen geführt; eine mit Grujic auf dem Spielfeld und eine ohne ihn. Mit Grujic hat Hertha in dieser Spielzeit beispielsweise noch nie verloren (sechs Siege, drei Unentschieden). Ohne ihn sprang dagegen erst ein Sieg raus, bei vier Unentschieden und fünf Niederlagen. Mehr muss man über die Bedeutung des Serben für das Spiel der Berliner nicht sagen.

Neulich, nach dem Rückrundenauftaktsieg beim 1. FC Nürnberg, musste Grujic, der noch nicht voll bei Kräften war, nach nicht einmal 60 Minuten ausgewechselt werden. „Er hat in Nürnberg nicht super gespielt, aber es reicht, was er gemacht hat“, sagte Herthas Trainer Dardai hinterher. „80 Prozent gewonnene Zweikämpfe, 92 Prozent Passquote – er gibt der Mannschaft Ruhe. Das brauchen wir.“ Grujic könne sich noch steigern, „aber wir müssen aufpassen und wollen keine muskuläre Verletzung riskieren.“

Zweimal ist Marko Grujic bereits verletzungsbedingt ausgefallen. Mitte September, im Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach (4:2), hatte Grujic sich bei einem harten Einsteigen von Patrick Herrmann einen Bänder- und Kapselriss im Sprunggelenk zugezogen. Er fiel neun Wochen aus. Anschließend bestritt er drei Spiele, ehe er sich dann Mitte Dezember eine Bänderverletzung zuzog. „Natürlich war die Diagnose im ersten Moment sehr bitter für mich, vor allem, weil ich ja gerade erst wieder auf dem Weg war, komplett fit zu werden“, hatte Grujic nach der Verletzung im Training gesagt, aber er wolle so schnell es geht wieder zurück auf den Platz.

Der erneute Ausfall der Leihgabe aus Liverpool hatte Hertha hart getroffen. Die drei letzten Hinrundenspiele vor Weihnachten verliefen für die Berliner ohne Grujic enttäuschend. Nach der kurzen Winterpause aber ist der 1,91 Meter große Mittelfeldspieler wieder auf dem Weg zu alter Stärke. „Er macht auch für unsere Spielweise den Unterschied: Er ist präsent in der Mitte, kopfballstark, sowohl defensiv wie offensiv. Er hat einen guten Schuss, ist zweikampfstark und begeht im richtigen Moment taktische Fouls“, sagte Pal Dardai. Für Manager Michael Preetz hat Grujic gar „eine natürliche Begabung, er steht instinktiv richtig“.

Einen Spieler dieser Qualität hat Hertha lange gesucht

Warum sich die Liverpooler im Sommer nicht auf einen Deal mit Kaufoption für Grujic eingelassen haben, ist inzwischen jedem klar. Und trotzdem: Einen Spieler dieser Qualität hat Hertha lange gesucht – den lässt man nur höchst ungern wieder ziehen. „Vielleicht gehört er irgendwann zu uns. Das wäre schön“, sagte Dardai.

Die Lobhudeleien Dardais in Richtung des Serben – so berechtigt sie auch sind – dürfen Michael Preetz nun überhaupt nicht gefallen haben. Als Manager muss er strategisch denken und reden. Mit solchen Aussagen wie denen des Trainers wird Grujic nur noch teurer. Andererseits werden sie in Liverpool genau hinsehen. Die beiden Verletzungen werden Jürgen Klopp nicht gefallen haben, schließlich stellt der U-20-Weltmeister von 2015 für den englischen Tabellenführer trotz seines hochkarätigen Kaders ein nicht unerhebliches Kapital dar. Andererseits werden sie sich fragen, ob der schlaksige Serbe für den Ligabetrieb nicht zu anfällig ist?

Bei Hertha werden sie einiges anstellen, um den Serben über den Sommer hinaus halten zu können. Realistischerweise kommt statt eines Kaufs, der die Wirtschaftskraft Herthas übersteigen würde, wohl eher eine weitere Leihe in Betracht. Das würde ja auch schon helfen. Als Spieler verfügt Grujic nämlich über eine vergleichsweise seltene Gabe in diesem Gewerbe. Durch seine starke und stringente Spielweise drängt er seine Mitspieler nicht an den Rand, sondern macht sie besser. Das beste Beispiel hierfür ist Ondrej Duda, der meist hinter den Spitzen als Spielmacher agiert. Dessen Leistungen sind extrem von Grujic abhängig. Sechs seiner neun Saisontore hat der Slowake erzielt, wenn Grujic auf dem Platz stand.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false