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Nico Rosberg (l.), Lewis Hamilton (M.), Max Verstappen (r.).

© dpa

Formel 1 in Brasilien: Max Verstappen und Nico Rosberg: So wird man Weltmeister

Im Regen von Interlagos stieg Verstappen zum Formel-1-Helden auf. Rosberg sah gegen ihn wie ein Fahrschüler aus, dabei war seine konservative Fahrweise richtig. Ein Kommentar

Von Christian Hönicke

Wenn der Regen auf die Formel-1-Strecken fällt, werden Helden geboren. Das Fahrgefühl der Piloten ist dann noch wichtiger als unter normalen Bedingungen, deswegen ist die Ruhmeshalle der Regenmeister in Szenekreisen von ähnlicher Bedeutung wie die der Weltmeister. In der Vergangenheit wurden Ayrton Senna oder Michael Schumacher magische Fähigkeiten auf überfluteten Straßen nachgesagt. Das Große Preisschwimmen von Brasilien 2016 brachte einen neuen Helden hervor: Es war die Bühne für den endgültigen Aufstieg des jungen Niederländers Max Verstappen in den Motorsportolymp.

Verstappen jagte am Sonntag derart entfesselt durch die Gischt, dass er sogar von seinen größten Kritikern Lobesbotschaften erhielt. In den letzten 16 Runden vor dem Ziel überholte er elf Konkurrenten; den viermaligen Weltmeister Sebastian Vettel und den Champion in spe Nico Rosberg ließ er bei seinen virtuosen Manövern wie Fahrschüler aussehen. Wenn sich sein Team Red Bull nicht bei der Reifenwahl verpokert hätte, hätte der 19-Jährige sogar gewinnen können. Andererseits demonstrierte Verstappen in Brasilien selbst ohne Siegerpokal, dass er nicht nur über das Ego, sondern auch über die Fahrzeugbeherrschung eines Weltmeisters verfügt.

Nico Rosbergs Leistung dagegen bestärkte oberflächlich gesehen seine Zweifler. Unter den prekären Bedingungen wirkte er wie schon in Monaco chancenlos gegen seinen Mercedes-Teamkollegen, den Regenspezialisten Lewis Hamilton. Und doch könnte die Station Interlagos ein Meilenstein auf dem Weg zu seinem ersten WM-Titel sein. Rosbergs Triumph war es, das Chaosrennen ohne größeren Schaden überstanden zu haben. Am Sonntag war die Wahrscheinlichkeit für ihn höher, die WM zu verlieren als sie zu gewinnen. Nicht ohne Grund hatte Hamilton schwierige Bedingungen geradezu herbeigesehnt: Bei einem Abflug seines Teamkollegen hätte der Brite die WM-Spitze übernommen und beim letzten Saisonrennen in Abu Dhabi mit einem Sieg freie Fahrt zum vierten Titel gehabt. Wie schnell das auch einem erfahrenen Piloten passieren kann, sah man daran, dass drei frühere Weltmeister (Vettel, Räikkönen, Alonso) auf der glitschigen Strecke die Kontrolle verloren.

Doch Nico Rosberg blieb auf Kurs. Der Deutsche fuhr wie weiland Alain Prost, er kalkulierte kühl das Gefahrenpotenzial und ging genau die Wagnisse ein, die er unbedingt eingehen musste. Er hielt sich aus allen Scharmützeln heraus, selbst Verstappen ließ er zwischenzeitlich ohne riskante Gegenwehr passieren. Heldenstatus erlangt man so nicht, aber Prost hat auf diese Weise vier Titel gewonnen. Rosberg muss in Abu Dhabi nur Dritter werden, um seinen ersten zu erringen. Wenn ihn Technik oder Nerven nicht im Stich lassen, wird er auch das schaffen.

In zwei Wochen kann also die große Stunde von Nico Rosberg schlagen. Die Zukunft aber, das darf man seit Sonntag sagen, wird wohl Max Verstappen gehören.

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