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Michael Ballack: Menschlich – und unklug
Kapitän der Nationalelf oder nicht? Stefan Hermanns über Michael Ballack und eine Geschichte, die nicht ruhen will.
Joachim Löw hat in der Causa Michael Ballack von Anfang an eine klare Linie verfolgt. Zumindest ist das seine Sicht. Während ihm seine Kritiker eine Taktik des Aussitzens vorwerfen, geht die Argumentation des Bundestrainers so: Wieso soll ich Dinge entscheiden, die noch gar nicht zur Entscheidung anstehen? Wieso soll ich mich festlegen, ob Ballack Kapitän der Nationalmannschaft bleibt, wenn ich gar nicht weiß, ob er nach seiner Verletzung noch einmal in nationalmannschaftstaugliche Form kommt? Die Entscheidung steht frühestens im Frühjahr an, und es ist gut möglich, dass Löw dann nicht nur den sportlichen Aspekt berücksichtigen muss, sondern auch einen zwischenmenschlichen. Das hat sich Michael Ballack selbst zuzuschreiben.
In der leidigen Angelegenheit, die langsam der kollektiven Vergessenheit anheim fiel, hat sich Ballack jetzt doch noch einmal zu Wort gemeldet. Ihn lässt die Sache offensichtlich nicht ruhen. Aus seinen Äußerungen spricht tiefe Enttäuschung über Philipp Lahm, der den alten Leitwolf während der WM öffentlich weggebissen hat: „So etwas macht man nicht.“
Das ist menschlich verständlich, wirft aber mehr denn je die Frage auf, ob Ballack eine Zukunft in der Nationalelf haben kann. Wie soll das gehen: Lahm und Ballack sprechen zwar kein Wort mehr miteinander, sollen sich aber fröhlich die Bälle zupassen? Und müssen die Nationalspieler künftig vorab entscheiden, zu welchem Lager sie gehören? Michael Ballack muss in den nächsten Monaten schon überragend gut Fußball spielen, damit Joachim Löw über solche Gefahren für das Gesamtgefüge einfach hinwegsehen kann.