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Sport: Nach der Enttäuschung

Hertha BSC hat schon turbulente Mitgliederversammlungen erlebt, heute wird es wohl eher ruhig zugehen

Berlin - Zwei Jahre ist es her, dass Dieter Hoeneß einen großen Coup gelandet hat. Zumindest dachte Dieter Hoeneß damals, dass er einen großen Coup gelandet hatte. Und zu seiner Entlastung sei gesagt, dass alle anderen das auch dachten. Es war bei der Mitgliederversammlung des Berliner Fußball-Bundesligisten Hertha BSC, die Stimmung hätte besser sein können, weil die Mannschaft ihren Platz im Uefa-Cup zu verspielen drohte, doch dann verkündete Hoeneß den Mitgliedern, dass Fredi Bobic und Artur Wichniarek nach Berlin wechseln würden, der so genannte 26-Tore-Sturm. So viele Treffer hatten die beiden für ihre damaligen Arbeitgeber Hannover und Bielefeld erzielt. Hoeneß löste mit dieser Nachricht einen Sturm des Jubels unter Herthas Mitgliedern aus. Jetzt ist Bobic gerade mit unbekanntem Ziel verabschiedet worden, Wichniarek scheint den Verein ebenfalls wieder zu verlassen. Richtig traurig ist in Berlin deshalb niemand. Elf Tore haben die beiden Stürmer für Hertha erzielt. Zusammen und in zwei Spielzeiten.

Vielleicht wird Dieter Hoeneß Herthas Mitglieder heute Abend bei der regulären Mitgliederversammlung im ICC wieder mit einer spektakulären Verpflichtung für die neue Saison überraschen. Wahrscheinlich ist das allerdings nicht: Der mit knapp 19 Millionen Euro verschuldete Verein hat gar nicht die finanziellen Möglichkeiten für eine spektakuläre Verpflichtung, nachdem die Mannschaft am letzten Spieltag die Qualifikation für die Champions League verpasst hat. Nach all den großen und vor allem teuren Stürmern (Jan Koller, Alexander Frei, Kevin Kuranyi), die in den vergangenen Wochen als Kandidaten für Hertha genannt wurden, läuft es nun immer mehr auf den Tschechen Vratislav Lokvenc hinaus. Der 31 Jahre alte Strafraumstürmer hat in der abgelaufenen Saison zehn Tore für den VfL Bochum erzielt, insgesamt in 148 Bundesligaspielen für Kaiserslautern und den VfL 46-mal getroffen. Weil Lokvenc’ Vertrag in Bochum nur für die Bundesliga gilt, ist er nach dem Abstieg des VfL ablösefrei zu haben. Ein wichtiges Kriterium für Hertha.

Die Teilnahme am Uefa-Cup lässt dem Verein nicht viel Spielraum für teure Transfers, „weil wir nicht die Planungssicherheit haben“, wie Geschäftsführer Ingo Schiller sagt, der bei Hertha für die Finanzen zuständig ist. Bei der bisher letzten Teilnahme ist die Mannschaft vor zwei Jahren schon in der ersten Runde des Wettbewerbs gegen den polnischen Klub Groclin Grodzisk ausgeschieden. Gewinne sind unter diesen Voraussetzungen im Uefa-Cup nicht zu erzielen.

Trotz der finalen Enttäuschung über das Verpassen der Champions League wird die Stimmung bei der Mitgliederversammlung im ICC heute sehr viel gelöster sein als in den vergangenen Jahren. „Wir erwarten eine vollkommen undramatische Sitzung“, sagt Vereinspräsident Bernd Schiphorst. Das liegt nicht nur an einer alles in allem erfolgreich verlaufenen Spielzeit, sondern auch daran, dass das Programm der Mitgliederversammlung wenig Brisantes bereithält. Anders als im Vorjahr, als der komplette Aufsichtsrat neu besetzt wurde, steht diesmal allein eine vergleichsweise unwichtige Nachwahl für das Vereinsgericht an.

Ingo Schiller wird den Etatentwurf für die neue Saison vorstellen und von den Mitgliedern verabschieden lassen. „Da wird es keine Überraschungen geben“, sagt Herthas Geschäftsführer. Im vergangenen Jahr hat der Klub mit 54,7 Millionen Euro geplant, in dieser Größenordnung bewegt sich auch der neue Etatentwurf. Deutlich mehr wäre nur möglich gewesen, wenn Schiller mit den garantierten Millioneneinnahmen aus der Champions League hätte planen können.

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