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Oliver Bierhoff kommt am Flughafen in München an.

© Foto: dpa/Lennart Preiss

Update

„Übernehme die Verantwortung“: Bierhoff verlässt den DFB nach deutschem WM-Aus

Oliver Bierhoff ist nicht mehr DFB-Direktor. Wenige Tage nach dem WM-Desaster in Katar folgt die Einigung über eine Vertragsauflösung. Die Nachfolge ist offen.

Stand:

Vier Tage nach dem Vorrundenaus der Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Katar hat Oliver Bierhoff die Konsequenzen gezogen. Der 54-Jährige verlässt nach 18 Jahren den Deutschen Fußball-Bund, beide Parteien verständigten sich am Montag auf eine Auflösung des bis 2024 laufenden Vertrages. 

„Ich mache damit den Weg frei für neue Weichenstellungen“, sagte Bierhoff in einer Erklärung am Montagabend: „Einige Entscheidungen, von denen wir überzeugt waren, haben sich nicht als die richtigen erwiesen. Das bedauert niemand mehr als ich. Dafür übernehme ich die Verantwortung.“

Der Top-Funktionär revidierte damit seine unmittelbar nach dem WM-Aus am Donnerstag geäußerte Haltung, dass er die Heim-EM 2024 als nächstes großes Ziel ansteuern wolle. „Ich wünsche dem DFB, seinen vielen engagierten Mitarbeitern, allen unter seinem Dach versammelten Verbänden und Clubs, Einrichtungen und Initiativen sowie unseren Nationalmannschaften viel Erfolg bei ihren wichtigen Aufgaben“, sagte der frühere Profi nun.

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Oliver Bierhoff geht noch vor dem angesetzten Krisengespräch

Bierhoff räumt den Posten als für die Nationalmannschaften und die Akademie verantwortlicher DFB-Direktor noch vor dem für Mitte der Woche avisierten Krisengespräch mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf und DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke. Über die Nachfolgeregelung werden die DFB-Gremien beraten. Welche Konsequenzen der Rücktritt für die Zukunft von Hansi Flick als Bundestrainer hat, war zunächst unklar. 

Frauen-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat nicht mit der Trennung von Oliver Bierhoff vom Deutschen Fußball-Bund gerechnet. „Ich bin da auch etwas sprachlos jetzt“, sagte die 54-Jährige nach Bekanntwerden der Entscheidung am Montagabend in ihrer Rolle als WM-Expertin. „Ich bin auch total überrascht, weil ich eigentlich gedacht habe, dass man jetzt in eine sachliche Analyse geht und sich ein bisschen Zeit gibt. Nicht zu viel Zeit, aber sich Zeit gibt.“

Die früheren Weltmeister Christoph Kramer und Per Mertesacker haben den Abschied von Oliver Bierhoff als DFB-Direktor mit Bedauern aufgenommen. „Es tut mir leid, aber das sind wahrscheinlich die Mechanismen nach drei Turnieren, mit denen wir nicht so zufrieden waren“, sagte Mertesacker als WM-Experte im ZDF. „Aber er hat viel mehr gemacht als viele wahrscheinlich denken.“

Bierhoff hat mich mit zum Weltmeister gemacht.

Christoph Kramer

Auch Kramer bezeichnete die Trennung, die der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am späten Montagabend verkündet hatte, als „schade“. Er hoffe, „dass er es selber entscheiden durfte, was für ihn das Richtige ist“.

Er habe Bierhoff „persönlich unheimlich viel zu verdanken“, verriet der Profi von Borussia Mönchengladbach. „Ich finde, er ist ein ganz toller Mensch, der mich mit zum Nationalspieler gemacht hat, mich mit zum Weltmeister gemacht hat“.

Auch Mertesacker stellte heraus, wie wichtig Bierhoff zu seiner aktiven Zeit als Nationalspieler gewesen sei. „Er war einer, der immer versucht hat, alle Spieler zu integrieren, zu helfen, dabei zu sein“, berichtete der frühere Abwehrspieler. „Er hat viel vorangetrieben, auch mit der neuen Akademie. Ich finde es sehr traurig.“

Kontinuierlicher Akzeptanzverlust bei den Fans

Bierhoff kam 2004 zum DFB, in einer Funktion, die es so beim Verband noch nie gab. Als Teammanager war er an der Seite von Bundestrainer Jürgen Klinsmann maßgeblich am Sommermärchen bei der Heim-WM zwei Jahre später beteiligt. Mit großem Erfolg schaffte er um die DFB-Elf eine Aufbruchstimmung, die letztlich im WM-Triumph 2014 in Brasilien mit Joachim Löw als Bundestrainer gipfelte. 

Für Bierhoff folgte parallel zum sportlichen Niedergang spätestens nach dem EM-Aus 2016 ein kontinuierlicher Akzeptanzverlust bei den Fans. Seine Marketingkonzepte wurden ihm negativ ausgelegt. Der von ihm eingeführte Begriff „Die Mannschaft“ als Markenbotschaft für die Nationalmannschaft verfing überhaupt nicht. Die Fertigstellung der DFB-Akademie in Frankfurt als neue Verbandszentrale war ein Kontrapunkt zur kritischen Stimmung und eine Herzensangelegenheit für den Europameister von 1996. 

Auch bei den Turnierplanungen lief es für den früheren Mittelstürmer nicht mehr rund. Sein hymnisch gefeiertes Hüttendorf Campo Bahia in Brasilien war der letzte Glücksgriff als Teamquartier. Für das Hotel in Watutinki nahe Moskau gab es 2018 viel Kritik - besonders nach dem WM-Aus.

Das Zulal Wellnes Resort in Al-Ruwais im Norden Katars wurde auch zum Symbol einer zu sehr behüteten und abgeschotteten Nationalmannschaft. Nach dem erneuten Vorrundenscheitern war Bierhoff noch mehr als Flick in den Fokus der enttäuschten Fußball-Fans geraten. (dpa)

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