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NBA-Profis verdienen 80 Mal so viel: WNBA-Basketballerinnen kämpfen um Geld und Gerechtigkeit
Die Basketballerinnen in der US-Profiliga WNBA verhandeln über einen neuen Tarifvertrag, selbst ein Streik scheint möglich. Unterstützung erhalten sie von einer Nobelpreisträgerin.
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Beim All Star Game im Basketball geht es meist nicht sonderlich ernsthaft zu, und auf dem Feld galt das am vergangenen Wochenende auch für die WNBA. Das Showduell der besten Spielerinnen der US-Profiliga endete 151:131, mit viel Spektakel und ohne Defense. Abseits des Parketts ging es in Indianapolis allerdings ganz anders zur Sache.
Die Spielerinnengewerkschaft verhandelt mit der Liga aktuell über einen neuen Tarifvertrag und dass beide Seiten weit auseinanderliegen, war am Rande des All Star Games auf den ersten Blick zu erkennen. „Pay us what you owe us“ – zahlt uns, was ihr uns schuldet – war auf den Aufwärmshirts der Basketballerinnen zu lesen.
„Das Meeting war gut, um einmal in demselben Raum mit den Ligaverantwortlichen und den Teambesitzern zu sitzen, aber ich denke, es war eine vergeudete Chance“, sagte Nneka Ogwumike, die Präsidentin der Spielerinnengewerkschaft WNBPA, nach einem Treffen mit Ligachefin Cathy Engelbert am Rande des All Star Games. Deutschlands beste Basketballerin, die Berlinerin Satou Sabally, hatte einen ersten Vorschlag der WNBA vor einigen Wochen als „Schlag ins Gesicht“ bezeichnet.

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Die Stimmung ist gereizt in einer der am stärksten wachsenden Sportligen der Welt. Der aktuelle Tarifvertrag endet im Oktober, nachdem die WNBPA im vergangenen Herbst eine Ausstiegsoption gezogen hatte. „Die Zeit drängt und niemand will einen Lockout“, sagte Napheesa Collier von den Minnesota Lynx. Dass sie vor einem Lockout, einem Streik, der den Spielbetrieb lahmlegt, nicht zurückschrecken würden, haben die Spielerinnen aber deutlich gemacht.
In den Sozialen Medien rief der Protest geteilte Reaktionen hervor. Neben viel Unterstützung verwiesen zahlreiche, fast ausschließlich männliche Fans, auf die Verluste in Höhe von 40 Millionen Dollar, die die Liga im Jahr 2024 Medienberichten zufolge zu verzeichnen hatte. Der Tenor dieser Kommentare war: Die sollen froh sein, dass sie überhaupt bezahlt werden.
Das erste Angebot der Liga war ein Schlag ins Gesicht.
Satou Sabally, Deutschlands beste Basketballerin
Diese Rechnung greift aber zu kurz – sagt Claudia Goldin. Die US-amerikanische Wirtschaftsprofessorin erhielt 2023 den Nobelpreis für ihre Forschung zu geschlechterspezifischen Unterschieden auf dem Arbeitsmarkt und hat sich ein Jahr lang mit der Situation in der WNBA befasst.
„Basketball der Frauen ist in den letzten Jahren zu einem der beliebtesten Sportarten des Landes geworden“, schreibt Goldin in einem Gastbeitrag in der „New York Times“ und verweist auf Superstar Caitlin Clark sowie die Einschaltquoten, die beim Finale der Collegemeisterschaft höher waren als bei den Männern. „Dennoch verdienen die Spielerinnen in der WNBA deutlich weniger Geld als viele männliche Sportler in weniger populären Ligen - und nur einen Bruchteil dessen, war ein durchschnittlicher NBA-Spieler verdient. Es gibt nichts, was diese außerordentliche Gender Pay Gap rechtfertigen kann.“
Die Unterschiede zwischen den Basketball-Profiligen der Männer und Frauen sind enorm. In der NBA lag das Mindestgehalt 2024 bei 1,2 Millionen Dollar, im Schnitt verdiente ein Profi 10,3 Millionen Dollar. In der WNBA betrug das Durchschnittsgehalt hingegen nur 127.000 Dollar, eine Topspielerin wie Sabally verdient 215.000 Dollar. Ihre Nationalmannschaftskollegin Leonie Fiebich, die in der vergangenen Saison mit New York Liberty die Meisterschaft gewann, erhält 68.000 Dollar.
Betrachtet man die Durchschnittsgehälter, ergibt sich ein verheerendes Bild. Die Frauen verdienen 1,23 Prozent dessen, was ihre männlichen Kollegen bekommen. Oder anders: NBA-Basketballer verdienen rund 80 Mal so viel wie WNBA-Basketballerinnen.
Wir fordern keine gleiche Bezahlung wie die Männer ein. Wir fordern, dass derselbe Prozentsatz der Einnahmen wie bei den Männern an uns ausgeschüttet wird.
Kelsey Plum
„Wir fordern keine gleiche Bezahlung wie die Männer ein“, sagte Kelsey Plum von den Los Angeles Sparks schon 2022. „Wir fordern, dass derselbe Prozentsatz der Einnahmen wie bei den Männern an uns ausgeschüttet wird.“ Doch selbst davon ist die WNBA laut Goldin weit entfernt.
Die Strukturen der Liga machen Vergleiche schwer, denn die NBA ist mit mehr als 50 Prozent an der WNBA beteiligt und scheint nicht sonderlich an Transparenz interessiert zu sein. Es gibt dennoch klare Anzeichen dafür, dass die Liga finanziell deutlich besser dasteht, als dies mit Verweisen auf die Verluste oft dargestellt wird.
Die Zuschauerzahlen steigen in den Arenen und im Fernsehen, Spielerinnen wie Clark, Angel Reese und Paige Bueckers sind gerade unter jungen Frauen riesige Stars. Das zieht Investitionen an. Die Fernsehrechte für die kommenden elf Jahre wurden für 2,2 Milliarden Dollar verkauft. Nach Golden State, das gerade seine Debütsaison spielt, kommen mit Toronto, Portland, Detroit, Cleveland und Philadelphia weitere neue Teams in die Liga. Die Aufnahmegebühren sollen teilweise 250 Millionen Dollar betragen.
Die Spielerinnen wollen an diesem rasanten Wachstum, das sie mit ihren sportlichen Leistungen ausgelöst haben, beteiligt werden – und Goldin hat berechnet, wie eine faire Beteiligung aussehen könnte. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Anzahl an Spielen, TV-Quoten und Zuschauerzahlen erreichten WNBA-Spielerinnen etwa 30 Prozent der Reichweite ihrer männlichen Kollegen. In diesem Bereich müsste sich auch das Gehalt bewegen, schreibt die Nobelpreisträgerin.
Solch eine Steigerung scheint angesichts der schwierigen Verhandlungen unrealistisch. Die Spielerinnen haben aber durchaus Druckmittel auf ihrer Seite. Im Falle eines Streiks könnten viele von ihnen in Europa oder zwei neuen US-Ligen spielen, wo teilweise deutlich mehr gezahlt wird als in der WNBA. Goldin vergleicht die aktuelle Situation mit jener im Tennis 1973, als Billie Jean King erfolgreich für gleiche Preisgelder bei Frauen und Männern bei den US Open kämpfte. „Basketball erlebt derzeit historische Veränderungen, die das Potenzial haben, den Status quo auf den Kopf zu stellen.“
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