
© imago/Inpho Photography/IMAGO/©INPHO/Ed Mulholland
Netflix verliert den Kampf: Das Bild wackelte, als Tyson wankte
Beim müden Spektakel können sich die beiden Hauptdarsteller über eine fette Börse freuen. Ansonsten war das Event von Texas keine Werbung für den Boxsport oder den übertragenden Streamingsender.

Stand:
Der Verlierer eines langen Box- und Showabends war – Netflix. Der Streamingdienst schaffte es, zumindest in Deutschland, einfach nicht, den Showkampf zwischen Mike Tyson und seinem Herausforderer Jake Paul störungsfrei zu zeigen.
Als im Ring die Handschuhe flogen, flogen die meisten Zuschauenden raus. Bestenfalls wackelte das Bild so, wie Tyson durch das Geviert wankte. Ansonsten gab es nur Gewinner, Gewinner mit Fußnoten.
Mike Tyson war zwar nur noch eine Karikatur seiner selbst auf den Brettern, die lange seine Welt waren. Aber wer will es dem einstigen Superstar des Schwergewichtboxens verdenken. Er ist 58 Jahre alt und hat seit dem Ende seiner aktiven Karriere vor 19 Jahren nicht unbedingt gesund, sondern eher „sportlich“ gelebt. An sich war es sogar ganz in Ordnung, dass ihn der 31 Jahre jüngere Paul nicht zu Boden bekam, aber darum ging es dem etwas besseren Kirmesboxer womöglich auch gar nicht.
Paul hatte die Rolle des GU (Größtmöglicher Unsympath) von vorne bis hinten blendend gut gespielt. So stark, dass, womöglich aus verklärter Nostalgie, die Sympathien unter den 72.000 im Footballstadion von Texas und in der Welt drumherum bei Tyson waren. Es war halt das Duell alter Erinnerungsträger gegen jungen Frechdachs, irgendwie. Dabei war Tyson während seiner aktiven Zeit nicht gerade das Idol der Massen.
Der Kirmesboxer und der boxende Frührentner bekamen ihr Schauspiel mit zweistelligen Millionenbeträgen entlohnt. Weder Paul noch Tyson hätten wohl am freien Markt mit welcher Tätigkeit auch immer in ihrem Leben jemals so viel Kohle einsammeln können wie beim Schauspiel vom Freitagabend (Ortszeit). Womöglich gab es sogar die Direktive, über die volle Distanz zu gehen. Wegen der Übertragung und der Sponsoren. Aber das ist bloße Spekulation. Und Netflix ging ja ohnehin viel zu früh Boden.
Es ist müßig darüber zu spekulieren, ob das Boxen nun durch diese traurige Schau etwas gewonnen hat. Das war was ganz anderes als Profiboxen, eher Promiboxen mit Sternchen. Größen wie Mike Tyson gibt es heute in der Szene nicht mehr. Da gibt es keinen Boxer, für den viele Menschen, auch in Deutschland, frühmorgens aufstehen und sich dann über eine fehlerhafte Übertragung ärgern müssen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: