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Thomas Schaaf hört auf: Neuanfang bei Werder Bremen
Thomas Schaaf verlässt Werder. Die Bremer und ihr Cheftrainer haben sich mit sofortiger Wirkung "einvernehmlich" getrennt. Die Position von Sportdirektor Thomas Eichin dürfte damit gestärkt sein.
Am vergangenen Samstag hat Werder Bremen bekanntlich den Klassenerhalt geschafft. Ganz Bremen drehte durch, ganz Bremen freute sich unbändig. Nur einer, Werder-Trainer Thomas Schaaf, war nicht in Feierlaune. Vielleicht weil für den erfolgsverwöhnten Trainer ein Nichtabstiegsplatz nicht gerade ein Grund zum Jubeln ist, vielleicht aber auch, weil er schon ahnte, was auf ihn zukommen würde. Direkt nach dem Spiel hatte er einige Spieler verdächtig lange an seine Brust gedrückt. Schon da wollten Beobachter erkannt haben, was seit Mittwochmorgen Realität ist: Die Ära des Cheftrainers Thomas Schaaf bei Werder ist nach 14 Jahren beendet.
Am Montag und Dienstag dieser Woche hatten sich die Klubführung und der Trainer zusammengesetzt. Am Mittwochmorgen gegen 10.30 Uhr gab Werder offiziell die – wie es hieß – einvernehmliche Trennung mit sofortiger Wirkung bekannt. Sportdirektor Thomas Eichin, erst seit Februar 2013 im Amt, berichtete auf der eilig einberufenen Pressekonferenz von vernünftigen und harmonischen Gesprächen. „Nach denen wir zu dem Ergebnis gekommen sind, dass eine Trennung das Beste für die Zukunft des Vereins und alle Beteiligten ist.“ Gleichwohl räumte er auf Nachfrage ein, dass Schaaf durchaus hätte weitermachen wollen – wenn man ihn denn gelassen hätte. „Thomas ist ein Kämpfer. Dass er nicht kommt und seinen Rücktritt anbietet, ist doch klar.“ Es sei kein Tribunal gewesen, so Eichin, aber letztlich habe die Geschäftsführung entschieden, neue Wege zu gehen – und zwar einvernehmlich.
Inwieweit Eichin federführend war bei der wichtigsten Personalentscheidung der jüngeren Vereinsgeschichte, blieb unklar. Doch Thomas Eichin scheint sich bereits nach wenigen Monaten in Bremen eine starke Machtposition erarbeitet zu haben. Er hat offenbar den starken Mann im Verein, den Schaaf-Fürsprecher Klaus-Dieter Fischer, und auch den Vorsitzenden der Geschäftsführung, Klaus Filbry, überzeugt, dass ein wirklicher Neuanfang an der Weser nur ohne Thomas Schaaf funktioniert.
Dieser hatte sich direkt nach Bekanntgabe der Trennung aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. „Wir haben absolutes Verständnis dafür, nach all den Wochen, die er in Frage gestellt wurde, dass er sich nicht mehr vor der Kamera äußern wollte. Die letzten Wochen waren ein Kraftakt für ihn, und wir gönnen ihm die Ruhe“, sagte Eichin. Zuvor hatte Schaaf eine Erklärung abgegeben, die – so scheint es – ihm die Medienabteilung zum Abnicken vorgelegt hatte: „Ich hatte hier eine außergewöhnliche Zeit, verbunden mit vielen positiven Erlebnissen und großen Erfolgen. Ich wünsche Werder Bremen eine erfolgreiche Zukunft.“
Die außergewöhnliche Zeit, die 1999 mit der Ernennung des ehemaligen Spielers und Amateurtrainers Schaaf zum Chefcoach begann, bescherte dem Klub das Double 2004 und noch zwei weitere Pokalsiege. Schaaf hat Werder an der Seite von Klaus Allofs zu einer Spitzenmannschaft geformt, sieben Mal zwischen 2004 und 2010 führte er seinen Klub, dem er seit mehr als 40 Jahren angehört, in die Champions League. Doch seit 2010 war Werder nur noch Mittelmaß oder kämpfte gegen den Abstieg.
Am Dienstag hat sich der Trainer von der Mannschaft verabschiedet. Clemens Fritz, der sieben Jahre mit Schaaf zusammenarbeitete, nannte die Verabschiedung einen „Moment, der unter die Haut geht“. Auf seinen Wunsch hin wird Schaaf beim letzten Bundesligaspiel der Saison in Nürnberg nicht mehr auf der Trainerbank sitzen. Die Co-Trainer Wolfgang Rolff und Matthias Hönerbach werden das Team betreuen. Das sei zwar ein wenig unglücklich, befand Eichin, aber auch in diesem Punkt sei man dem Wunsch des Trainers nachgekommen.
Zu den Nachfolgern, angeblich Mehmet Scholl, Holger Stanislawski oder Heiko Vogel, sagte Eichin: „Verstehen Sie bitte, dass ich keine Namen nenne. Wir werden das seriös und ohne Zeitdruck entscheiden.“ Der große Vorteil eines neuen Trainers sei, so Eichin, dass er nicht wie Schaaf an den Erfolgen der vergangenen Jahre gemessen werde. Eine interne Lösung wie einst bei Schaafs Dienstbeginn vor 14 Jahren schloss der Sportdirektor aus. Das Profil des Schaaf-Nachfolgers umriss er nur vage: „Er muss seine eigene Philosophie haben – eine, die zu Werder passt.“