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Ronnie O’Sullivan blieb nach seinem Halbfinale nur die Gratulation für Zhao Xintong, gegen den er beim 7:17 chancenlos war.

© imago/Xinhua/IMAGO/Zhai Zheng

Neue Machtverhältnisse schon bei der WM: China übernimmt die Vorherrschaft im Snooker

Noch kommen die besten Snookerprofis aus Großbritannien. Doch nun könnte es mit Zhao Xintong den ersten chinesischen Weltmeister geben. Und weitere Talente stehen parat.

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Eine derartige Demütigung hat Ronnie O’Sullivan am Snookertisch schon lange nicht mehr erlebt. In der zweiten Session seines WM-Halbfinals gegen den Chinesen Zhao Xintong verlor der siebenmalige Weltmeister am Freitagvormittag im Crucible Theatre von Sheffield alle acht gespielten Frames.

Am Abend konnte der 49 Jahre Engländer etwas besser mithalten, aber letztlich nicht mehr verhindern, dass er schon nach drei der ursprünglichen angesetzten vier Sessions mit 7:17 verlor. Natürlich war O’Sullivan mit seinem neuen Queue weit von seiner Bestform entfernt. Zur Wahrheit gehört aber genauso, dass sein Gegner eine herausragende Leistung zeigte.

„Zhao hat den Sieg verdient. Ich denke, er hat das ganze Turnier über brillant gespielt. Das muss man anerkennen. Er hat besser gespielt als ich“, sagte O’Sullivan der BBC nach seiner Niederlage. Und auch, wenn er darüber enttäuscht war, dass er seinem 21 Jahre jüngeren Bezwinger keinen wirklichen Kampf geliefert hatte, so waren sich doch alle Experten einig: Zhaos Leistung war der eines WM-Finalisten würdig.

Als zweiter Chinese nach Ding Junhui 2016 steht der Mann aus Xi’an nun in einem Endspiel der Snooker-Weltmeisterschaft. Mit einem Sieg würde er der erste Spieler aus Asien werden, der sich den Titel in der britisch-dominierten Billard-Variante sichert. Und angesichts der Entwicklung von Snooker in China ist das längst überfällig.

Ich muss mich bei Ronnie bedanken, denn er hat mir schon oft geholfen. Er ist mein Idol.

Zhao Xintong nach seinem Halbfinalsieg gegen Ronnie O’Sullivan

„Ich kann es noch gar nicht glauben. Ich muss mich bei Ronnie bedanken, denn er hat mir schon oft geholfen. Er ist mein Idol“, erklärte Zhao im BBC-Interview fast schon demütig. Wobei Zhao ein bisschen Demut auch immer noch gut zu Gesicht steht. Denn hinter dem Ausnahmetalent liegen harte Jahre.

2021 ging sein Stern so richtig auf, als er mit der UK-Championship das zweitwichtigste Snooker-Turnier erstmals gewann und später in der Saison auch beim German Masters in Berlin triumphierte. Damals, zu Beginn des Jahres 2022, hatte es im Tempodrom sogar ein rein chinesisches Finale gegeben, Zhao gelang dabei gegen Yan Bingtao ein deutliches 9:0. Am Ende der Saison stand er auf Platz sechs der Weltrangliste.

Zehn Chinesen konnten sich für die WM qualifizieren

Doch dann kam der jähe Absturz. Zhao gehörte zu den chinesischen Profis, die wegen illegaler Ergebnisabsprachen gesperrt wurden. Zwar hatte er nicht selbst betrogen, aber davon gewusst. Das gestand er auch und entging so einer deutlich längeren Sperre als zum Beispiel Bingtao. Nach seiner Rückkehr auf die Tour im September 2024 musste er wieder als Amateur beginnen, diesen Status hat er auch bei der aktuellen WM noch.

Nach überragenden Leistungen in dieser Saison und einer souveränen WM-Qualifikation galt Zhao vor der Endrunde in Sheffield bereits als Geheimfavorit. Das konnte er nun eindrucksvoll untermauern.

In China ist die Snooker-Begeisterung seit den ersten Erfolgen von Ding Junhui stetig gewachsen. 100 Millionen Menschen schauen bei großen Matches zu, das dürfte auch am Sonntag und Montag im Finale mit Zhao Xintong so sein. Und so rücken immer mehr talentierte Spieler nach. Für die WM-Endrunde konnten sich zehn Chinesen qualifizieren, sechs erreichten das Achtelfinale – die Engländer waren in WM-Runde zwei nur zu fünft vertreten.

Und während die besten britischen Spieler zwischen 30 und 50 Jahre alt sind, kommt China mit etlichen Spielern in den Zwanzigern. Kein Wunder, dass Fachleute schon munkeln, dass die Vorherrschaft von Engländern, Schotten oder Walisern im Snooker langsam zu Ende geht und künftig China den Ton angibt. Zhao Xintong könnte diese Entwicklung mit dem WM-Titel jetzt sogar noch beschleunigen.

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