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Neuer Snooker-Champion Zhao Xintong: Verdienter Weltmeister, aber auch ein würdiger?
Der 28 Jahre alte Chinese macht seine Nation stolz und gilt als Hoffnungsträger einer ganzen Sportart. Doch zum Luke Littler des Snooker taugt Zhao Xintong nicht, denn er ist ein Weltmeister mit Makel.
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Ein Sturm wurde vorhergesagt, was kam, war ein Zyklon. Zhao Xintong ist bei der Snooker-Weltmeisterschaft über alle Gegner hinweggefegt und hat die Legenden Ronnie O’Sullivan im Halbfinale und Mark Williams im Finale noch älter aussehen lassen, als sie es tatsächlich schon sind.
China hat damit seinen Snooker-Weltmeister, seit Jahren schon wurde genau das prophezeit, was am Montag im Crucible Theatre passierte.
Und Zhaos Weg zur Krönung ist fast zu schön, um wahr zu sein. Er ist der erste Amateur, der die WM gewonnen hat und erst der dritte Spieler überhaupt, der als Qualifikant den Titel holen konnte. Neun Matches hat er auf dem Weg zum Sieg für sich entschieden, in der gesamten Saison zuvor überhaupt nur zwei seiner 48 Spiele verloren.
Zhao begeistert mit seiner Art, Snooker zu spielen. Er bewegt sich geschmeidig um den Tisch, hat eine wunderbare Technik und traut sich jeden Stoß zu. Der Vergleich mit dem großen Jimmy White drängt sich auf, wobei der nie Weltmeister war und auch beim Spitznamen hinter Zhao zurückstecken muss: Der Zyklon aus Xi’an hat den Wirbelwind aus London zumindest in Sheffield übertroffen.
Bei aller Lobpreisung sollte allerdings nicht vergessen werden: Zhao ist ein überführter Betrüger und das macht ihn trotz seiner wunderbaren Geschichte zu einem Weltmeister mit Makel. Denn Amateur und Qualifikant ist er nur, weil er 20 Monate wegen illegaler Ergebnisabsprachen gesperrt war. Zuvor war er bereits erfolgreicher Profi, unter anderem gewann er 2022 das German Masters in Berlin.
Selbst soll er keine Matches verschoben, sondern nur von seinen Kollegen aus China gewusst und auf Ergebnisse gewettet haben. Man kann das wie Snooker-Patriarch Barry Hearn als „minderschweres Vergehen“ werten und urteilen: „Wer im Leben einen Fehler macht, sollte nach vorne und nicht zurückblicken.“
Im Snooker passiert gerade schon genau das. Man merkt förmlich, wie den Machern das Wasser im Mund zusammenläuft angesichts der nun noch größeren Entwicklungschancen des eigentlich so britischen Spiels in Asien.
Mehr als 100 Millionen Menschen haben in Zhaos Heimat den Triumph live im Fernsehen verfolgt. Der geschlagene Mark Williams verglich den neuen Champion gar schon mit Darts-Wunderkind Luke Littler und meinte: „Jemanden wie ihn hat Snooker gebraucht.“
Das allerdings muss sich noch zeigen. Zhao Xintong muss erst einmal die Zweifel ausräumen, die seine bisherige Karriere aufgeworfen hat. Tatsache ist: Er ist ein verdienter Weltmeister, ob er allerdings auch ein würdiger ist, lässt sich derzeit nicht mit Gewissheit beantworten.
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