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Antje Döll (links) wurde ins All-Star-Team der WM gewählt.

© dpa/Federico Gambarini

„Nicht Gold verloren, Silber gewonnen“: Die Handball-WM soll der Beginn von etwas Großem sein

Nach der Finalniederlage gegen Norwegen überwiegt bei den deutschen Handballerinnen trotzdem der Stolz. Doch ist die Begeisterung nachhaltig?

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Viola Leuchters Motto für die Party danach lautete: „Die dritte Halbzeit gewinnen wir.“ Und das passte perfekt zu diesem Abend in Rotterdam. Denn auch wenn das WM-Finale gegen Norwegen mit 20:23 verloren ging, überwog bei den deutschen Handball-Frauen schnell die Freude über Silber. Erstmals seit 1993 stand Deutschland in einem WM-Finale, erstmals seit 2007 gibt es eine WM-Medaille.

Schon bei der Siegerehrung war von Enttäuschung kaum noch etwas zu sehen. Stattdessen Umarmungen und strahlende Gesichter. „Wir haben nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen“, sagte Leuchter, die als beste Nachwuchsspielerin des Turniers ausgezeichnet wurde. Ein Satz, der die Haltung der Mannschaft gut beschreibt.

Dieses Silber fühlt sich an wie der Anfang von etwas, das bleiben kann. In den letzten Wochen präsentierte sich das deutsche Team geschlossen, stabil und mutig – und hielt selbst im Finale gegen den Olympiasieger und Europameister bis in die Schlussphase dagegen. „Es hat nicht so viel gefehlt, um Norwegen zu schlagen“, sagte Kapitänin Antje Döll hinterher. „Silber ist mehr, als wir erwartet haben. Ich bin damit überglücklich.“

Wir brauchen Frauenhandball und wir müssen die Bundesliga mehr pushen. Ich glaube, man hat gesehen, wie sehr wir Deutschland begeistern können.

Teammanagerin Anja Althaus

Was diese WM besonders macht: Sie hat Perspektiven eröffnet. „Ich glaube, das Potenzial ist sehr groß“, sagte Leuchter. „Wenn wir es schaffen, unsere Abwehr weiterzuentwickeln, und jede individuell ihre Schritte macht, können wir auch bei den nächsten Turnieren eine gute Rolle spielen.“ Vieles davon führt zurück zur Entwicklung unter Bundestrainer Markus Gaugisch.

Der brauchte nach dem Finale einen Moment. „Es ist WM-Silber, das ist toll. Aber wir sind Leistungssportler – nach dem Spiel bist du traurig, dass du verloren hast. Das gehört dazu“, sagte Gaugisch. „Wenn wir das verarbeitet haben, werden wir sehr stolz sein auf das, was wir gemacht haben.“ Für ihn sei entscheidend, eine Mannschaft zu haben, die funktioniert, die sich weiterentwickeln möchte – und die sich selbst steuern kann. Vielleicht, sagte Gaugisch, beginne jetzt „die Generation ‚Geiler Handball‘“.

Diese WM soll mehr sein als ein emotionaler Höhepunkt. „Ich glaube, dass wir mitgeholfen haben, Frauenhandball positiv zu präsentieren und Vorbilder zu schaffen“, sagte der Bundestrainer. Der 51-Jährige hofft, dass dadurch etwas in Bewegung gesetzt wird und „Sponsoren sehen, dass es sich lohnt, in den Frauenhandball zu gehen.“ Dieses Turnier könne ein Anfang sein. „Ich hoffe natürlich, dass das nachhaltig ist.“

Genau das wünscht sich auch Teammanagerin Anja Althaus – vor allem einen stärkeren Fokus auf die Frauen. „Wir brauchen Frauenhandball und wir müssen die Bundesliga mehr pushen. Ich glaube, man hat gesehen, wie sehr wir Deutschland begeistern können.“ Deshalb dürfe der Schwung nicht verpuffen. „Es soll jetzt nicht aufhören und warten bis zum nächsten großen Turnier. Es muss einfach weitergehen.“

Es gibt nicht genug Hallen

Auch Döll richtet den Blick bereits nach vorne: „Ich würde mir wirklich wünschen, dass wir mehr TV-Präsenz bekommen und sich zu Beginn des Jahres ganz viele junge Mädels und Jungs für Handball anmelden und diesen Sport ausprobieren.“

Althaus weiß, dass dabei auch politische Unterstützung nötig ist und ergänzte: „Wir animieren gerade viele Kinder, Handball zu spielen – aber dann müssen die auch Orte haben. Wir brauchen mehr Handballhallen.“

Wie wichtig dieser Erfolg auch für den gesamten deutschen Handball ist, zeigte die Reaktion von Nils Lichtlein. Der Nationalspieler und Spielmacher der Füchse Berlin sprach von einem „Riesenschritt für den deutschen Handball – egal ob für Männer oder Frauen“. Und von der Hoffnung, „dass das jetzt einen Hype auslöst“.

Vielleicht ist genau das die größte Leistung dieser Mannschaft: Sie hat nicht nur Silber gewonnen, sondern etwas angestoßen. Jetzt kommt es darauf an, was daraus gemacht wird.

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