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Noch kein Nachfolger: Union Berlin trennt sich von Trainer Bo Svensson
Die sportliche Misere beim Fußball-Bundesligisten hat Konsequenzen. Eine Entscheidung über die Neubesetzung auf der Trainer-Position werde in den kommenden Tagen fallen, heißt es.
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Als Horst Heldt wenige Tage vor Weihnachten die Möglichkeit hatte, seinem Trainer Vertrauen auszusprechen, ließ er diese ungenutzt verstreichen. In den Katakomben des Weserstadions meinte der Geschäftsführer des Fußball-Bundesligisten 1. FC Union lediglich, dass man die deutliche 1:4-Niederlage gegen den SV Werder Bremen erstmal sacken lassen müsse. „Was soll ich so kurz nach dem Spiel sagen?“ Von einem Zugeständnis an Bo Svensson fehlte jede Spur.
Die von Union angekündigte Analyse der Hinrunde führte am Freitagmittag nun zum Ergebnis, dass der 45 Jahre alte Däne nicht mehr länger Cheftrainer in Köpenick ist. Nach wettbewerbsübergreifend neun sieglosen Spielen ist für ihn Schluss.
Wer die Köpenicker aus dem Negativstrudel herausführen soll, ist noch unklar. Eine Entscheidung, wer das Team interimsmäßig übernimmt, soll laut Clubangaben in den nächsten Tagen fallen. Auch drei weitere Teambetreuer müssen gehen. „Nach eingehender Analyse des bisherigen Saisonverlaufs sind wir überzeugt, dass für eine Trendumkehr eine deutliche Veränderung notwendig ist. Wir haben uns daher entschieden, die Zusammenarbeit mit Bo Svensson, Babak Keyhanfar, Kristoffer Wichmann und Tijan Njie nicht fortzusetzen“, wird Horst Heldt in der Mitteilung zitiert.
Union Berlin überzeugt nur zu Saisonbeginn
Svenssons Freistellung erfolgt unmittelbar vor richtungsweisenden Duellen. Denn der Spielplan sieht für Union ein straffes Programm im neuen Jahr vor. Nach der Winterpause geht es gegen die Konkurrenten aus Augsburg und Heidenheim, das mit sieben Punkte weniger auf dem Relegationsplatz liegt.
Trotz der jüngsten sportlichen Krise kommt die Entlassung zu diesem Zeitpunkt etwas überraschend. Denn die Köpenicker hatten im Sommer lange um Svensson gebuhlt, bis er schließlich vor Saisonbeginn als absoluter Wunschkandidat verpflichtet werden konnte. Der Skandinavier übernahm damals eine verunsicherte Mannschaft, der nach dem Last-Minute-Klassenerhalt das Selbstvertrauen und die kollektive Geschlossenheit fehlte.
Die Verantwortlichen bekamen mit ihm den Fußball, den Svensson als Trainer schon immer spielen ließ: hinten solide, mit wenig Risiko, ohne dabei große Chancen in der Offensive zu kreieren. Diese Spielidee ging am Anfang der Saison auf. Nach acht Spieltagen lag Union auf Platz vier und konnte die zweitbeste Defensive der Liga vorweisen. Die Berliner Verantwortlichen schienen mit ihrer Entscheidung für Bo Svensson ein goldrichtiges Händchen bewiesen zu haben.
Nach achtungsvollen Unentschieden gegen Leipzig oder Frankfurt und Siegen gegen Dortmund träumten manche Fans sogar schon wieder von Europa. Die Alte Försterei wurde wieder eine Union-Festung, die erst Ende November von Bayer Leverkusen eingenommen werden konnte. Doch in der Folge kehrte die alte Offensivschwäche zurück oder vielmehr die schlechte Chancenverwertung, denn viele Großchancen hatte sich Union auch in den Spielen zuvor nicht herausgespielt, sie zeigten sich dort nur treffsicherer.
Seit dem letzten Sieg am 20. Oktober gegen Aufsteiger Kiel lief nicht mehr viel zusammen. Auf das Pokal-Debakel bei Drittligist Arminia Bielefeld folgten Niederlagen gegen Wolfsburg oder Leverkusen. In Stuttgart verspielte die Mannschaft ein 2:0 (2:3) und gegen Schlusslicht Bochum reichte es trotz rund 80 Minuten in Überzahl nur zu einem 1:1.
Und als es vorne nicht mehr lief, fing auch das Prunkstück Unions, die Defensive, an zu bröckeln. Allein in den letzten fünf Spielen kassierte die Mannschaft von Svensson elf seiner insgesamt 19 Gegentreffer. Es wurde immer mehr ersichtlich, was fehlt. Doch Svensson bekommt nicht mehr die Zeit, um Korrekturen vorzunehmen, was ihm durchaus zuzutrauen ist. Zu frisch sind wohl die schlechten Erinnerungen bei Horst Heldt und seinen Kollegen an die Saison im Vorjahr. (mit dpa)
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