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Stürmer Oliver Bierhoff drehte jubelnd ab. Er erzielte am 30.06.1996 im Londoner Wembleystadion gegen Tschechien den 1:1-Ausgleich.

© dpa

20 Jahre EM-Finale in Wembley: Oliver Bierhoff, der Mann mit dem goldenen Tor

Im EM-Finale 1996 hat Oliver Bierhoff nicht mehr geglaubt, eingewechselt zu werden. Aber dann kam alles geringfügig anders.

Fünf Stufen sind es bis auf das Podium im Medienzentrum der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Évian. Oliver Bierhoff ist diese Stufen am Donnerstag hoch gegangen, eine nach der anderen. Es gibt dafür etwa 150 bis 200 Zeugen und auch ausreichend Filmmaterial. Geflogen ist Bierhoff, der Nationalmannschaftsmanager, definitiv nicht. Torwarttrainer Andreas Köpke hatte ja befürchtet, dass Bierhoff an diesem 30. Juni vermutlich durchs Teamhotel schweben werde. Der 30. Juni – ein Schicksalstag des deutschen Fußballs. Und vor allem einer für Oliver Bierhoff. Vor genau 20 Jahren wurde aus dem unbekannten Stürmer des italienischen Erstligisten Udinese Calcio, der angeblich nur der Frau des Bundestrainers Berti Vogts seine EM-Teilnahme zu verdanken hatte, ein nationaler Held.

"Das Turnier ist für dich gelaufen"

EM-Finale in Wembley, Deutschland gegen Tschechien. Bierhoff sitzt zunächst nur auf der Bank. „Das Turnier ist für dich gelaufen“, denkt der damals 28-Jährige bei sich. Die Deutschen sind klarer Favorit, sie haben die Tschechen schon in der Vorrunde geschlagen, werden auch das Finale dominieren, in Führung gehen – und anschließend wird kein Bedarf mehr bestehen an einem zusätzlichen Stürmer. „Freu dich, dass du Europameister wirst“, sagt sich Bierhoff. „Aber du wirst bei diesem Turnier keinen Fußabdruck mehr hinterlassen.“ Es kommt geringfügig anders.

Die Tschechen gehen nach einer knappen Stunde durch einen Elfmeter in Führung. Zehn Minuten später wird Bierhoff eingewechselt – und erzielt prompt den Ausgleich. Zu Beginn der Verlängerung kommt dann der Moment, den man vermutlich für alle Zeiten mit ihm verbinden wird. Jürgen Klinsmann flankt von rechts in den Strafraum, Bierhoff, eng gedeckt, dreht sich um seine Achse, schießt mit links, weder fest noch platziert, aber über die Hände des tschechischen Torwarts trudelt der Ball ins Tor. In diesem Moment ist das EM-Finale dank der Golden-Goal-Regel beendet, Deutschland zum dritten Mal Europameister – und der Fußabdruck, den Bierhoff hinterlassen hat, so tief, dass er bis heute zu sehen ist. Für den Stürmer war es „der Start in eine neue Karriere“, sagt er selbst. Ohne dieses Tor „würde ich vermutlich nicht hier sitzen“.

Bierhoff hat vergeblich auf Huldigungen gewartet

In den vergangenen Tagen konnte man fast den Eindruck gewinnen, als hätten sie bei der Nationalmannschaft ein bisschen Angst vor diesem Tag, vor all den Weißt-du-noch- Geschichten vom bisher letzten EM-Titel der Deutschen. Oliver Bierhoff hat 20 Jahre danach im Mannschaftshotel vergeblich auf Huldigungen gewartet, sogar den Kaffee beim Frühstück musste er sich selbst holen. Dafür hat er seinem damaligen Mannschaftskollegen Andreas Köpke ein Präsent und ein Dankesschreiben vor die Zimmertür gelegt. Denn ohne die Zauberhände des Torhüters, so Bierhoff, hätte es kein Finale für die Deutschen und damit auch kein Golden Goal von ihm gegeben. Das beste Spiel machte Köpke in der Vorrunde, als er beim 0:0 gegen Italien unter anderem einen Elfmeter hielt. Die Deutschen kamen weiter, Italien schied aus.

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