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Das Olympiastadion hätte Berlin schon für die Spiele. Fehlt noch die stadtweite Unterstützung.

© dpa/Michael Kappeler

Olympia-Debatte in Berlin: „Die Gegenargumente stammen aus der Mottenkiste“

Berlins Olympiabeauftragter Kaweh Niroomand über schlechte Umfragewerte, politische Störfeuer und die Frage, ob Berlin überhaupt olympiatauglich ist.

Stand:

Herr Niroomand, laut einer aktuellen Civey-Umfrage lehnen zwei Drittel der Berliner Olympische Spiele in ihrer Stadt ab. Was bedeutet das für die Bewerbung?
Es gibt unterschiedliche Umfragen – vor ein paar Monaten hatten wir sogar eine Mehrheit. Aber ja: Die Zahlen zeigen, dass wir besser erklären und sichtbarer werden müssen. Ich bin jede Woche auf Veranstaltungen und erlebe dort eine ganz andere Stimmung als in anonymen Online-Befragungen. Trotzdem ist klar: Unsere Kampagne muss nach außen endlich erkennbar werden. Das ist die Aufgabe der kommenden Monate.

Warum tut sich Berlin so schwer mit Olympia-Begeisterung?
Weil die Masse unsere Botschaften bisher noch gar nicht gesehen hat. München hatte seinen Höhepunkt. Wir werden alles daran setzen, dass wir die Stimmung bis September 2026 im olympischen Sinn drehen.

Nun startet die Initiative NOlympia auch noch ein Volksbegehren. Wie ernst nehmen Sie das?
Solche Initiativen sind nicht außergewöhnlich. Es überrascht mich nur, dass die Gegenargumente immer noch dieselben wie vor 20 oder 30 Jahren sind. Nachhaltigkeit zum Beispiel – heute ein zentrales IOC-Kriterium – taucht bei den Gegnern gar nicht auf. Da wird aus der Mottenkiste argumentiert.

Falls das Volksbegehren Erfolg hat, käme eine Abstimmung erst nach der DOSB-Entscheidung. Hätte Berlin dann überhaupt noch Chancen?
Erst einmal muss es überhaupt erfolgreich sein. Aber es ist bezeichnend, dass damit jetzt schon Druck auf den DOSB aufgebaut wird. Frei nach dem Motto: „Wenn ihr für Berlin stimmt, bekommt ihr den Ärger gleich dazu.“ Da geht es nicht um Visionen für diese Stadt, nur ums pure Verhindern. Ob das Berlin nützt, wage ich zu bezweifeln.

Linke und Grüne haben sich gegen die Spiele positioniert, sprechen sich dafür aber in Teilen für eine Expo-Bewerbung aus. Wie sehr fürchten Sie, dass der Wahlkampf in Berlin im nächsten Jahr zu einer Abstimmung über Olympia werden könnte?
Es vermischt sich vieles: die Debatte um eine Expo als Olympia-Alternative – was beiden Projekten schadet – und das Schaulaufen der Spitzenkandidaten. Plötzlich heißt es Olympia gegen Expo, obwohl es da aus meiner Sicht gar keine Konkurrenz gibt.

Was ist denn Ihre Sicht auf eine mögliche Expo-Bewerbung?
Sie ist ein Vorschlag aus Teilen der Berliner Wirtschaft. Aber jetzt müssen wir uns auf Olympia konzentrieren. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner hat das klargemacht, und dafür bin ich dankbar. Wenn Berlin im Herbst 2026 den Zuschlag vom DOSB bekommt, kann man über mögliche Synergien reden. Aber beide Großprojekte gleichzeitig ausspielen, ist nicht glaubwürdig.

Berlins SPD-Spitzenkandidat Steffen Krach vermisst bei Kai Wegner beim Thema Olympia „den leidenschaftlichen Chefeinsatz“. Hat er recht?
Ich hätte mir gewünscht, dass Herr Krach Olympia nicht zur Spielwiese im Wahlkampf macht. Berlin muss geschlossen auftreten, sonst senden wir bundesweit das falsche Signal. Und der Regierende Bürgermeister und Sportsenatorin Iris Spranger haben ihre Prioritäten eindeutig gesetzt.

Ich hätte mir gewünscht, dass Herr Krach Olympia nicht zur Spielwiese im Wahlkampf macht.

Kaweh Niroomand über die taktischen Manöver im Hinblick auf Olympia

Zieht der Senat aus CDU und SPD denn wirklich an einem Strang?
Da bin ich sehr optimistisch. Olympia braucht volle politische Unterstützung und keine gedanklichen Ausweichmanöver in Richtung Expo.

In der Opposition, zum Beispiel bei den Grünen, ist die Ablehnung aber deutlich.
So eindeutig ist das nicht. Bundesgrüne, Grüne in Hamburg, München oder NRW haben Olympia unterstützt. Und auch in Berlin standen die Grünen in der vorletzten Landesregierung hinter einer Bewerbung.

Kaweh Niroomand, der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und Sportsenatorin Iris Spranger wollen Olympia nach Berlin holen.

© IMAGO/Funke Foto Services/Florian Boillot

Und die Linke?
Auch dort ist das Bild gemischt. In Rostock unterstützt eine linke Bürgermeisterin die gemeinsame Bewerbung mit Berlin, ebenso in Leipzig. Gregor Gysi hat sich ebenfalls positiv geäußert. Von klarer Ablehnung kann überhaupt keine Rede sein.

Werden Sie beide Parteien noch einmal überzeugen wollen?
Unbedingt. Ich will wissen, warum sie dagegen sind. Und ich bin mir sicher, dass wir überzeugende Argumente pro Olympia haben. Zumal Olympia bei Rot-Rot-Grün früher einmal im Koalitionsvertrag stand.

Wie reagieren die olympischen Partnerländer in Nord- und Ostdeutschland auf die Debatte in Berlin?
Wir stehen im engen Austausch. Das, was in Berlin passiert, ist Demokratie pur. Hier gibt es selten 100 Prozent Zustimmung, aber am Ende kriegen wir große Dinge hin. Berlin ist eine Sportstadt – das sieht man jedes Wochenende.

Deutschland weiß das, das IOC weiß das.

Kaweh Niroomand über die Stärken Berlins bei der Ausrichtung von großen Sportveranstaltungen

Viele Berliner glauben genau das aber nicht.
Dann sollten sie sich anschauen, was wir leisten: Marathon, Großevents, internationale Sportveranstaltungen. Dazu sind wir auch im Breitensport sehr stark. Deutschland weiß das, das IOC weiß das.

München trat geeint auf, Berlin tut es nicht. Schadet dieses Bild nicht massiv?
Diskussionen sind okay, solange sie konstruktiv sind. Wir müssen Kritik in positive Energie verwandeln. Was nicht hilft, sind Angriffe auf den Regierenden Bürgermeister, der sich klar zu Olympia bekennt.

Wenn Sie DOSB-Funktionär wären: Würden Sie nächstes Jahr für Berlin stimmen?
Es geht um das Konzept – und da sind wir mit unserem Konzept „Berlin+“ sehr stark. Wir setzen die Idee der nationalen Bewerbung um und gehen gemeinsam mit Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen ins Rennen. Und natürlich haben wir klare Formate für Bürgerbeteiligung.

Welche sind das?
Wir befragen die Volksvertreter im Parlament. Wir haben ein großes Kuratorium aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, hochkarätig besetzt für eine konstruktiv-kritische Begleitung. Und wir reden direkt mit Bürgerinnen und Bürgern in Beteiligungsverfahren. Das kann am Ende sogar besser sein als ein anonymes Referendum.

Die Gegner sagen, der Senat habe ein Referendum bewusst verhindert.
Für ein Referendum bräuchte es eine Verfassungsänderung mit Zweidrittelmehrheit – und ausgerechnet die Parteien, die ein solches Olympia-Referendum fordern, hätten diese Mehrheit nie zugelassen. Das wird in der Diskussion gern mal ausgeblendet.

Gibt es ein Szenario, in dem Berlin seine Bewerbung zurückzieht?
Es gibt überhaupt keinen Grund für ein solches Szenario. Denn viele Berlinerinnen und Berliner sind wie ich davon überzeugt, dass Deutschlands Chancen am größten sind, wenn wir mit der Hauptstadt und der internationalen Metropole Berlin ins Rennen gehen.

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