Sport: Permanente Revolution
Löw erneuert sein Team ständig – ein Überblick
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Duisburg - Als Jürgen Klinsmann im Sommer 2004 Bundestrainer wurde, war er von dem Wunsch nach Veränderung beseelt. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft sollte nach der Enttäuschung bei der EM in Portugal ein neues Gesicht bekommen. In seiner zweijährigen Amtszeit berief Klinsmann zwölf Neulinge. Auch sein Nachfolger Joachim Löw verfolgt das Prinzip der permanenten Revolution. In den ersten acht Spielen setzte er sieben Debütanten ein, für die Begegnung gegen Dänemark am Mittwoch berief er sechs Spieler, die ohne Länderspielerfahrung sind. Aber bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass im Nationalteam noch mehr Rudi Völler steckt, als man vermuten könnte: Gegen Tschechien standen am Samstag neun Spieler in der Startelf, die schon unter Völler gespielt haben. Ein Überblick über alle Nationalspieler, die nach der EM 2004 debütiert haben.
STAMMSPIELER
Per Mertesacker (28 Länderspiele unter Klinsmann, zwei unter Löw). Der Verteidiger war das Gesicht zu Klinsmanns Kurs der Erneuerung. Als einziger der zwölf Debütanten hat es Mertesacker zum unangefochtenen Stammspieler gebracht. Dass Löw ihn erst zweimal eingesetzt hat, lag ausschließlich daran, dass der Bremer am Anfang der Saison verletzt ausgefallen ist.
IM KADER
Marcell Jansen (8/5). Der Mönchengladbacher ist hinter Philipp Lahm die Zweitbesetzung für die Position links in der Viererkette. Wenn der Münchner wie gegen Tschechien auf die rechte Seite wechselt, steigt Jansen sogar zur Nummer eins auf. Von hinten drängt allerdings der Schalker Christian Pander nach, der sich schon zu Klinsmanns Zeiten im Dunstkreis der Nationalmannschaft bewegte.
Thomas Hitzlsperger (17/5). Dass der Stuttgarter in den WM-Kader berufen wurde, war schon eine kleine Überraschung. Hitzlsperger kam nur im Spiel um Platz drei zum Einsatz, erfüllte aber die ihm zugedachte Rolle als Ergänzungsspieler: Er ertrug sein Schicksal klaglos. In dieser Saison hat der Mittelfeldspieler einen Sprung nach vorne gemacht, beim VfB ist er inzwischen Stammspieler (was er im WM-Jahr nicht war). Dass ihm das auch in der Nationalmannschaft gelingt, ist nicht zu erwarten.
Mike Hanke (7/4). Der Wolfsburger wird leicht unterschätzt. Er gilt als limitiert in seinen Fähigkeiten, als zu langsam, technisch unbedarft, aber: Hanke trifft regelmäßig ins Tor. Es gibt Schlimmeres, was man einem Stürmer nachsagen kann.
Manuel Friedrich (0/6). Unter Klinsmann wurde Friedrich, trotz starker medialer Lobby, nur einmal in den Kader berufen, gespielt hat er nicht. Dass er inzwischen regelmäßig dabei ist, liegt auch am Mangel gestandener Innenverteidiger. Da sich daran wohl auf absehbare Zeit nichts ändern wird, darf Friedrich auf weitere Einsätze in der Nationalmannschaft hoffen. Auf einen Stammplatz eher nicht.
Clemens Fritz (0/4). Der Bremer ist auf dem besten Weg, sich in der Nationalmannschaft zu etablieren. Rechts in der Viererkette könnte er eine echte Alternative zu Arne Friedrich werden.
Piotr Trochowski (0/2). Der Mittelfeldspieler ist so etwas wie der Leidtragende des Hamburger Aufschwungs: Seitdem Huub Stevens HSV-Trainer ist, stand Trochowski nur einmal in der Startelf. Kurzfristig muss sich das noch nicht nachteilig auf seine Chancen in der Nationalmannschaft auswirken. Langfristig schon.
Jan Schlaudraff (0/2). Die Verdienste des Aacheners in der Nationalmannschaft sind noch überschaubar. Auf zwei Kurzeinsätze kommt Schlaudraff, aber das könnte sich ändern, wenn er bei den Bayern Stammspieler wird. Ob er das schafft, ist im Moment eine Glaubensfrage.
Mario Gomez (0/1). Der Stuttgarter hatte den perfekten Einstand in der Nationalmannschaft: erstes Spiel, erstes Tor. Ohne seine Verletzung wäre er in Prag sogar ein Kandidat für die Startelf gewesen.
GELEGENHEITSNATIONALSPIELER
David Odonkor (5/5). Der schnelle Stürmer hat mehr geschafft, als ihm viele zugetraut haben: Auch nach der WM, für die er lediglich mit eine Spezialauftrag versehen war, wurde Odonkor weiterhin für die Nationalmannschaft nominiert. Im Moment ist er verletzt.
Christian Schulz (3/0). Vor mehr als zwei Jahren hat der Bremer zuletzt in der Nationalmannschaft gespielt. Für die Begegnung gegen Dänemark wurde er erstmals wieder nominiert. Seine Perspektive ist dadurch jedoch nicht erheblich besser geworden. Auf den Positionen, auf denen Schulz spielen kann, ist die Konkurrenz groß. Zu groß wahrscheinlich.
Alexander Madlung (0/1). Als Madlung noch bei Hertha spielte, hielt er sich bereits für nationalmannschaftswürdig, nominiert wurde er allerdings erst nach seinem Wechsel zum VfL Wolfsburg. Der Verteidiger ist groß, wuchtig, kopfballstark und erfüllt damit ein Profil, das in Löws Kader fehlt – aber auch nicht zwingend benötigt wird.
EX-NATIONALSPIELER
Frank Fahrenhorst (2/0). Fahrenhorst war der erste Neuling, den Jürgen Klinsmann aufgeboten hat. So schnell wie er kam, ist er aber auch wieder verschwunden.
Robert Huth (17/0). Gegen alle Widerstände hielt Klinsmann an dem kantigen Verteidiger fest. Seit der WM ist er, auch bedingt durch Verletzungen, etwas in Vergessenheit geraten. Nach einem Ermüdungsbruch im Fuß hat er beim FC Middlesbrough gerade wieder mit dem Mannschaftstraining begonnen.
Lukas Sinkiewicz (3/0). Kurz vor der WM riss ihm das Kreuzband, mit dem 1. FC Köln ist er in der zweiten Liga gefangen – keine guten Vorraussetzungen für die Fortsetzung seiner Karriere in der Nationalmannschaft. Das könnte sich ändern, wenn Sinkiewicz im Sommer den Verein wechselt.
Patrick Owomoyela (11/0). Er war die große Entdeckung der Asienreise im Dezember 2004, inzwischen kämpft der Bremer um einen Stammplatz – bei Werder.
Marco Engelhardt (3/0). Der Mittelfeldspieler kann nach seinem Kreuzbandriss wieder Fußball spielen. Für die Nationalmannschaft war er allerdings schon vor seiner Verletzung kein Thema mehr.
Andreas Görlitz (2/0). Wer bei den Bayern spielt, ist per se ein Kandidat für die Nationalmannschaft. Wenn Görlitz nach seiner Verletzung zu alter Form zurückfindet, kann er das Ex- vielleicht schon bald wieder streichen.
Malik Fathi (0/2). Der Linksverteidiger debütierte im ersten Spiel unter Löw. Inzwischen ist er auf seiner Position nur noch vierte Wahl.
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