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Torschütze in der Mitte. Rani Khedira schoss das Siegtor für Union.

© IMAGO/Justus Stegemann

„Ich bin komplett auf der Seite der Fans“: 1. FC Union Berlin gewinnt bei St. Pauli und unterstützt Proteste

Auf den Rängen wird gegen die offenbar geplante Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen protestiert, auf dem Rasen tut sich wenig. Mit Effizienz und Glück gewinnt der 1. FC Union Berlin 1:0.

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Es glitzerte und funkelte in allen Farben des Regenbogens im Millerntorstadion. Die Fans des FC St. Pauli hatten vor Anpfiff des Spiels gegen den 1. FC Union Berlin unzählige Papierschnipsel in die Luft befördert und der Wind ließ diese im Flutlicht über den Rasen tänzeln. Im Hintergrund blinkten das Riesenrad und weitere Fahrgeschäfte auf dem benachbarten Rummel. In der Anfangsphase kam man als Zuschauer kaum darum herum, sich dieses bunte Farbenspiel anzuschauen – denn auf dem Spielfeld passierte wenig.

Die Anhänger beider Mannschaften protestierten wie vorher die anderen Fanszenen im deutschen Profifußball an diesem Wochenende gegen die offenbar geplanten verschärften Maßnahmen beim Stadionbesuch durch die Innenministerkonferenz Anfang Dezember. „Soll das die Zukunft des Fußballs sein? DFB und DFL: IMK-Maßnahmen ablehnen!“, stand auf einem großen Spruchband der Hamburger Fans, die außerdem rote Karten hochhielten. Bis auf einen kurzen, lauten „Scheiß IMK“-Wechselgesang war es gespenstisch still am Millerntor.

„No IMK“ – die Bundesliga-Fans waren in ihrer Kritik an der Innenministerkonferenz vereint.

© IMAGO/Henning Rohlfs

Bei Unions Spielern trafen die Proteste auf Verständnis. In den vergangenen Tagen war die Mannschaft darauf vorbereitet worden, dass die Fans anfangs schweigen würden. „Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein Freund von Protest bin. Die Fans stehen für etwas ein und das ist auch gut so“, sagte Kapitän Christopher Trimmel. „Ich bin komplett auf der Seite der Fans, die Fankultur muss erhalten bleiben“, sagte Rani Khedira.

Nach zwölf Minuten brachen die Anhänger ihr Schweigen, der Gästeblock sorgte mit zahlreichen Bengalos für ein weiteres Farbenspiel, die Mannschaften blieben bei eisiger Kälte aber im Winterschlaf. Erst in der Schlussphase der ersten Hälfte erarbeitete sich Union die ersten Chancen, traf durch Khedira – und gewann am Sonntag vor 29.546 Zuschauenden glücklich 1:0 (1:0).

Während St. Pauli damit auch das achte Bundesligaspiel in Folge verloren hat – das ist negativer Vereinsrekord –, verbessert sich Union auf Rang acht und hat bereits ebenso viele Punkte Vorsprung auf die Abstiegszone.

Soll das die Zukunft des Fußballs sein? DFB und DFL: IMK-Maßnahmen ablehnen!

Spruchband im Fanblock des FC St. Pauli

Steffen Baumgart hatte seine Mannschaft im Vergleich zum 2:2-Spiel gegen den FC Bayern vor der Länderspielpause auf zwei Positionen verändert. Für Janik Haberer und den angeschlagenen András Schäfer spielten Christopher Trimmel und Andrej Ilic. Damit kehrte Unions Trainer zur Formation mit drei Stürmern zurück.

Bei St. Pauli war Kapitän Jackson Irvine nach langer Verletzungspause zurück. In den ersten Minuten war den Gastgebern das Bemühen anzusehen, den Trend nach enttäuschenden Wochen umzudrehen. Sie ließen den Ball durch die eigenen Reihen zirkulieren und näherten sich dem Berliner Strafraum an.

Allerdings ließ sich Unions Hintermannschaft davon nicht aus der Ruhe bringen. St. Pauli hat die zweitwenigsten Tore aller Bundesligisten geschossen und die Gründe dafür waren nicht schwer zu erkennen. Es fehlte Durchschlagskraft und Kreativität. Bis auf einen Kopfball von Mathias Pereira Lage, der zwei Meter am Tor von Frederik Rönnow vorbeiflog, brachten die Hamburger nichts zustande.

Khedira behält die Übersicht

Besser sahen die Offensivbemühungen von Union allerdings lange auch nicht aus. Erst in der 39. Minute gelang Andrej Ilic der erste Abschluss – es war ein Zufallsprodukt. Kurz darauf traf Tom Rothe, der in der Jugend bei St. Pauli gespielt hatte, den Ball nach einer Flanke von Oliver Burke nicht sauber.

Doch in der 44. Minute zahlte sich diese zaghafte Druckphase der Berliner aus. Ein langer Einwurf von Christopher Trimmel landete bei Khedira, dessen ersten Schuss blockte Ilic, legte ihn seinem Kollegen damit aber perfekt vor. Khedira vollstreckte eiskalt. Es war die Führung in einem dürftigen Spiel, das die Frage aufwarf: Hätte man doch lieber den Glühweinstand auf dem Rummel aufsuchen sollen?

Union im Pfostenglück

Nach der Pause war zumindest St. Pauli bemüht, den Unterhaltungswert des Spiels zu steigern. Der Tabellen-16. erhöhte den Druck und erspielte sich durch Joel Chima Fujita einen ersten Torabschluss.

Union schaffte es zu selten, den Ball über mehrere Stationen zirkulieren zu lassen und Gegner sowie Publikum damit die Luft aus den Segeln zu nehmen. Diese Passivität gefiel Baumgart an der Seitenlinie ganz offensichtlich nicht. Mitte der zweiten Hälfte reagierte er und kehrte zum 3-5-2 zurück. Ilic machte Platz für Alex Král. Zehn Minuten später kamen auch Derrick Köhn, Woo-yeong Jeong und Janik Haberer ins Spiel.

Union gelang es allerdings nicht mehr, den Schalter umzulegen. „Wir haben die gewonnenen Bälle zu schnell verloren. Wenn wir da ein bisschen ruhiger sind, ergeben sich Umschaltsituationen. Das war der Schwachpunkt heute“, sagte Trimmel. Die Berliner reagierten nur noch und hatten Glück, dass Pereira Lages Schuss von der linken Seite an den langen Pfosten klatschte. Der Ausgleich wäre längst verdient gewesen und St. Pauli drückte bis in die letzte Minute der Nachspielzeit. Union brachte die knappe Führung aber über die Zeit.

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