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Sabine überall: Lisicki hat sich den Erfolg in Wimbledon hart erarbeitet.

© firo Sportphoto

Wimbledon Championships: Sabine Lisicki: Leiden macht stark

Sabine Lisicki steht bei den Wimbledon Championships kurz vor dem Finaleinzug und hat damit viele überrascht. Sie selbst hat jedoch immer an sich geglaubt - auch in den vergangenen zwei Jahren, in denen sie von Verletzungen weit zurückgeworfen wurde.

Mehr als zehn Jahre ist es inzwischen her, dass Sabine Lisicki im Dresdner TC Blau- Weiß bei den Deutschen Meisterschaften der Unter-Zwölfjährigen antrat. Viele ambitionierte Eltern waren damals mit ihrem Nachwuchs gekommen, erhofften sich für ihn eine große Karriere. Ihr Vater Richard begleitete sie, der promovierte Sportwissenschaftler trainierte sie, seit sie sieben Jahre alt war. Sabine Lisicki spielte im Halbfinale, lag dort aber schon mit 3:5 im entscheidenden Satz zurück. Das passierte ihr oft, jedoch verlor sie solche Partien nur selten. Auch dieses Mal nicht. Lisicki drehte das Match und wurde gar Deutsche Meisterin. „Ich war von klein auf eine Kämpferin“, sagt Lisicki heute, „dafür war ich schon immer bekannt.“

Egal, was im Hause Lisicki im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen gemeinsam gespielt wurde, sie wollte immer nur gewinnen. Daran hat sich seither nichts geändert. Dass sie nun mit ihren 23 Jahren nicht nur zum zweiten Mal in Wimbledon in einem Grand-Slam-Halbfinale steht, sondern gar als Favoritin auf den Titel gehandelt wird, hat Lisicki selbst gar nicht überrascht. Dass sie schon immer ganz nach oben wollte, hat sie nie verhehlt. Im Gegenteil. Als sie sich vor sechs Jahren bei den Australian Open als Qualifikantin auf Anhieb in die dritte Runde spielte, und Lisicki erstmals in den Fokus geriet, merkte sie sofort kess an: „Ich will die Nummer eins werden.“

Damals war sie die Nummer 194 der Welt, und ihr Vorpreschen klang zunächst ein bisschen überheblich. Doch wer in der Akademie von Nick Bollettieri geschult wird – und dort in Florida trainierte Lisicki zunächst wochenweise mit ihrem Vater und zog mittlerweile ganz nach Bradenton – der redet nun mal so. Denn die Philosophie des amerikanischen Trainer-Gurus ist so simpel wie erfolgreich: Man darf sich selbst nie limitieren. Nur wer an das größte Ziel fest glaubt, wird es auch erreichen. Und nur wer sich für den Besten hält, wird es eines Tages auch werden.

Sabine Lisicki hat das tief verinnerlicht. „Ich habe schon vor dem Beginn des Turniers gedacht, dass hier alles möglich ist“, sagt sie nun, nachdem sie die Weltranglistenerste Serena Williams bezwungen hat und nun die gefährliche Weltranglistenvierte Agnieszka Radwanska im Halbfinale wartet. Lisicki glaubt bedingungslos an sich und kämpft genauso um jeden Ball. Dem Erfolg ordnet sie alles unter. Ein Leben abseits des Tennisplatzes hat sie selten gehabt, vermisst es aber auch nicht. Denn mit ihrer fokussierten Einstellung schien sie 2009 bereits auf bestem Wege, ihre Ziele im Eiltempo zu verwirklichen.

Sabine Lisicki: Schon 2009 schien sie nichts aufhalten zu können - bis die sich schwer verletzte

In Charleston hatte sie ihren ersten Titel gewonnen, stand schon auf Platz 22 der Rangliste und stürmte sogar bis ins Viertelfinale von Wimbledon, obwohl sie bis dahin noch nie ein Match auf Rasen gewonnen hatte. Nichts schien Lisicki aufhalten zu können, doch dann verletzte sie sich schwer. Bei den US Open im selben Jahr knickte sie um, musste mit dem Rollstuhl vom Platz geschoben werden. Ihr Eifer trieb sie jedoch zu früh wieder auf den Platz, im folgenden Frühjahr knickte sie erneut um. Eine Operation und sieben Wochen auf Krücken waren die Folge. „Das war der absolute Tiefpunkt“, sagt Lisicki, „ich musste wieder laufen lernen und war auf Hilfe angewiesen wie ein Kind.“

Fünf Monate fehlte sie auf der Tour, und dass sie in der Rangliste immer weiter abstürzte, verkraftete Lisicki nur schwer. „Ich musste bei Null wieder anfangen“, sagt sie. Dennoch war ihr Wille ungebrochen. Sie quälte sich als Nummer 218 über die zweitklassige Challenger- Tour, bei der es weder Komfort noch Ballkinder gibt, und belohnte sich mit dem Halbfinaleinzug in Wimbledon. Damals, vor zwei Jahren, stand Lisicki die Tenniswelt offen und jeder glaubte, der erste Grand-Slam-Sieg sei bloß eine Frage der Zeit.

Doch sie schaffte es nicht. Immer wieder funkte ihr Körper dazwischen. Noch vor wenigen Wochen suchte Lisicki ihre Form und ihr altes Selbst. Auf dem Rasen von Wimbledon fand sie beides nun wieder, und obwohl sie schon immer daran geglaubt hatte, kommt ihr Durchmarsch zum jetzigen Zeitpunkt doch etwas überraschend. Es läge an der schweren Zeit, damals vor drei Jahren, erklärte Lisicki. Die habe sie jetzt so viel stärker gemacht. Sie wisse alles mehr zu schätzen, und ihr sei einfach bewusst geworden, wie schnell alles vorbei sein kann. „Ich genieße seither jeden Moment“, sagt sie, „und das lasse ich mir auch von niemandem nehmen.“

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